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Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Titel: Die Diagnose: Thriller (German Edition)
Autoren: John Gapper
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befürchte, ich weiß nicht viel über den Patienten. Ich habe ihn am Freitag aus der Notaufnahme aufgenommen. Gefahr für sich selbst. Da habe ich ihn zum ersten Mal gesehen, und ich bin überrascht, dass er nach mir gefragt hat. Ist er weiter untersucht worden?«
    Jim runzelte die Stirn, offener würde er seine Verärgerung nicht zeigen.
    »Nicht dass wir es nicht versucht hätten«, sagte er. »Ich bin am Freitagabend darüber informiert worden, dass er aufgenommen wurde, und bin am Samstagmorgen hergekommen, um unverzüglich mit der Behandlung zu beginnen. Es klang, als gehe es ihm nicht gut.«
    Jim war also an einem Samstag hier , dachte ich. Nicht vielen Patienten wurde eine solche Behandlung zuteil. Harry war unglücklich gewesen, doch das waren die meisten, die am Freitagabend in die Notaufnahme gebracht wurden − genau dann, wenn die Psychiater sich ins Wochenende verabschiedeten. Da sie unter Beobachtung des Pflegepersonals standen, bestand kein Grund zur Eile, und sie mussten Beruhigungsmittel nehmen, die sie erst einmal runterholten, und bis Montag auf den Stationen ausharren. Doch Jim hatte sich die Zeit genommen, sich Harry am Morgen nach seiner Aufnahme anzusehen. Entweder hatte Sarah Duncan ihn überredet, unserem neuen stationären Patienten die VIP-Behandlung zukommen zu lassen, oder Jim hatte das Potenzial, das in Harry lag, selbst erkannt.
    »Er war nicht kooperativ?«
    »Als ich kam, war seine Frau bei ihm, und sie wollten allein sein. Ich bin gestern wiedergekommen, doch Mrs Shapiro sagte, er würde warten, bis Sie heute Zeit für ihn hätten. Sie hat sich entschuldigt, meinte aber, es sei typisch für Harry. Er setzt sein Vertrauen wohl immer auf einen kleinen Kreis von Menschen, und er hat, wie es scheint, eine gewisse Zuneigung zu Ihnen gefasst.«
    »Interessant«, antwortete ich und versuchte, Harrys Zurückweisung gegenüber Jim als Einblick in seine Persönlichkeit zu deuten, die wir uns zusammen vornehmen konnten. Doch Jim wirkte immer noch vergrätzt. Harry war sicher so daran gewöhnt, andere nach seiner Pfeife tanzen zu lassen, dass er vermutlich gar nicht begriffen hatte, was es bedeutete, dass Jim am Wochenende gekommen war, um nach ihm zu sehen.
    »Also«, sagte Jim und schaute auf seine Uhr. »Ich muss heute am frühen Nachmittag in Westchester sein. Ich überlasse ihn Ihrer Obhut.«
    Für die Begüterten, die sich in einer idyllischeren Umgebung erholen wollten, hatten wir eine Außenstelle in den Randbezirken von New York. Ich hatte am Freitag kurz überlegt, Harry dorthin zu schicken, doch es war spät gewesen.
    Jim schloss die Station auf und führte mich zu Harrys Zimmer, das in etwa das Beste war, was wir im Episcopal hatten − die medizinische Entsprechung einer Penthouse-Suite. Das Bett war breiter als die Bettstellen auf Zwölf Süd, und an einem Fenster mit Blick über den East River standen ein paar Sessel in institutionellem Braun. Harry ging in ihrer Nähe auf und ab und ballte immer wieder eine Hand zur Faust. Er trug ein frisch gebügeltes Hemd mit Monogramm und machte einen vitaleren Eindruck, doch seine Miene war nicht freundlicher als am Freitag.
    »Dr. Cowper ist hier, Mr Shapiro. Ich lasse Sie allein, damit Sie sich unterhalten können«, sagte Jim und verließ das Zimmer. Ich hörte, wie die Tür zur Station hinter ihm ins Schloss fiel.
    »Hallo, Mr Shapiro. Wie fühlen Sie sich?«, fragte ich.
    Harry blickte mich finster an, seine Augen loderten.
    »Ich will gehen«, sagte er leise.
    »Verstehe. Gut, reden wir darüber«, sagte ich, ging zu ihm hinüber und setzte mich auf einen Sessel.
    Er blieb noch kurz mit mürrischem Blick stehen, bevor er sich mir gegenüber niederließ. Es war ein wunderschöner Morgen, und die Sonne warf ein Rechteck aus Licht auf den Boden. Es gab weitaus schlimmere Orte, um zu stranden − ein Flughafen, ein Polizeirevier −, doch seine Reaktion war typisch für Menschen, die beim Aufwachen feststellten, dass sie auf einer geschlossenen Station waren, nachdem sie sich hatten überreden lassen, die Papiere zu unterzeichnen. Sie waren eingesperrt, aus Sicherheitsgründen waren sämtliche spitzen oder scharfen Gegenstände entfernt worden und sie mussten für alles um Erlaubnis bitten, was sie, falls sie es nicht schon waren, schier verrückt machte. Ich warf einen Blick in Harrys Krankenakte. Sie gab nicht viel her, außer einer Verordnung für Klonopin, ein länger wirkendes Beruhigungsmittel als das Ativan, das ich ihm in der
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