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Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Titel: Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)
Autoren: Gernot Gricksch
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Susann und Uwe platzierten sich rechts und links von ihnen.
    »Liebe Freunde«, sagte der Pastor mit einem ironischen Lächeln, »denn ›liebe Gemeinde‹ träfe es wohl heute nicht. Wir sind hier zusammengekommen, um zwei Menschen, die sich lieben und diese Liebe besiegeln wollen, mit Gottes Segen zu bedenken. Wir sind zusammengekommen, um …«
    »Aaargh«, zischte Susann plötzlich, die diesen Schmerzenslaut nicht mehr unterdrücken konnte. Es war kein lauter Aufschrei, doch die kuppelhafte Architektur der Kirche verstärkte das Geräusch um ein Vielfaches. Aaargh! Was für ein verfluchter Krampf!
    Der Pastor hielt inne, und alle Hochzeitsgäste wandten ihren Blick der Trauzeugin zu, die sich nun leicht zusammenkrümmte. Der Pastor sah sie fragend an. Piet hatte sich bereits von seinem Platz erhoben und war ein paar Schritte in Richtung Altar geeilt, als Susann sich wieder aufrichtete und beschwichtigend die Hand hob.
    »Nur ein kleiner Krampf. Schon vorbei«, sagte Susann und lächelte dem Hochzeitspaar entschuldigend zu.
    »Wirklich alles okay?«, fragte Sven .
    »Peachy«, sagte Susann und signalisierte dem Pastor, dass er fortfahren könne.
    Während der wieder zu sprechen anhob, drehte sich Susann um und sah Piet, der immer noch unschlüssig im Gang stand. Sie nickte ihm beruhigend zu, und zögernd ging ihr Freund zu seinem Platz zurück.
    »Die Liebe kennt keine Grenzen und keine Konvention. Die Liebe entsteht im Herzen, nicht im Geist«, fuhr der Pastor fort. »Und so …«
    Susann hörte nicht mehr zu. Verbissen versuchte sie das Beben in ihrem Leib zu unterdrücken. So hatten sich die Krämpfe noch nie angefühlt! Sie waren ein wenig weiter oben diesmal. Fast schon in der Magengegend. Überfallartiger waren sie. Erbarmungsloser. Und sie ließen sich nicht wegatmen, nicht durch Konzentration mildern. Sie waren hundsgemein, diese Krämpfe!
    »… und so ist es in Gottes Sinne, dass das Versprechen von Liebe und Treue, von geteiltem Leid und Freud, von gemeinsam getragener Sorge bei allen Menschen gesegnet werden soll, nicht nur bei Mann und Frau. Doch bevor wir diesen Segen erbitten, wollen wir singen. Unser Paar wünschte sich das Lied«, und jetzt grinste der Pastor unverhohlen, » Wind beneath my Wings von der unvergleichlichen Bette Midler.«
    Das Publikum lachte herzhaft, war dies doch eine regelrechte Schwulenhymne, fast schon eine Parodie auf den vermeintlich typischen homosexuellen Musikgeschmack. Doch die Gäste verstummten schnell, als Knut auf der Empore die ersten Töne des Liedes auf dem Klavier anschlug. Als Chantal zu singen begann, hielt es Susann nicht mehr aus! Sie rannte eilig durch die kleine Tür rechts neben dem Altar, landete in einem dunklen Flur, suchte eine Toilette, fand auf die Schnelle keine und erbrach sich deshalb in einen Papierkorb, der Gott sei Dank in einer Ecke stand.
    Die Hochzeitsgäste stockten kurz, als sie die Trauzeugin so panisch davonrennen sahen. Doch als Chantal weitersang und sowohl Piet als auch der Pastor und Sven der Frau hinterhereilten, stimmten sie den Gesang wieder an.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte der Pastor, der als Erster bei Susann ankam, die vor einem Papierkorb kniete und sich Reste von Erbrochenem vom Mundwinkel wischte.
    Susann erhob sich, und zur großen Überraschung des Gottesmannes lachte sie. »Mir geht’s blendend, Herr Pastor!«, strahlte sie.
    Jetzt standen auch Sven und Piet neben ihr. Susann grinste Piet an: »Ich schätze, auf dem Weg zur Feier sollten wir zwischendurch bei einer Apotheke anhalten und einen Schwangerschaftstest kaufen. «
    »Halleluja«, lachte Sven.
    »Ein Wunder!«, strahlte Piet, half seiner Freundin aus der Hocke hoch und küsste sie, den säuerlichen Geruch, den sie ausströmte, einfach ignorierend.
    Der Pastor schüttelte lächelnd den Kopf. So spannend wie heute könnte Gemeindearbeit für seinen Geschmack gern häufiger sein!
    * * *
    Während alle Gäste zum Schmidt’s -Theater gingen, wo die Hochzeitsfeier stattfinden sollte und das nur fünf Minuten Fußweg von der Kirche entfernt lag, hakte sich Susann bei mir ein, und wir machten uns auf die Suche nach einer Apotheke. In einer Seitenstraße wurden wir schon bald fündig. Wir kauften zuerst ein paar extra starke Fisherman’s Friends , um Susanns Atem in einen für alle Umstehenden tragbaren Zustand zurückzuversetzen, dann gingen wir zu dem Regal, in dem sich die Schwangerschaftstests befanden. Wir wählten von den fünf im Angebot befindlichen
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