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Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen
Autoren: Tobias O. Meißner
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speichelleckerischen Koordinatoren, die sich gegenseitig in ihrer Unterwürfigkeit zu überbieten trachteten. Zwei Gestalten ragten besonders hervor aus dieser nichtswürdigen Meute: Eiber Matutin, der sichselbst Mut zuschrie, um zu übertünchen, dass er sich schon wieder in die Hose gemacht hatte, und der eitle Geck und Baronatsverräter Faur Benesand, der doch tatsächlich allen Ernstes glaubte, dieBaroness würde nicht bemerken, dass er ihre benutzten Schnupftücher aufhob und wie einen Schatz dicht am Herzen aufbewahrte. Dann sah Irathindur den missgünstigen Zwerg Helingerd den Kaatens und den trägen König Tenmac III.,der sich nur ein einziges Mal während seiner kurzen und unverdienten Regentschaft zu einer anstrengenden Handlung aufraffte: nämlich, umden unersetzlichen Gramwald abzufackeln. Er sah den grässlichen Orison mit seinem Kochnudelgesicht und seiner effektheischenden Donnergrollstimme, wie er scheinheilige Weisheiten verkündete, die seine Rotte aus Pfötchenlangern – Hand langer wäre in diesem Zusammenhang ein unzutreffender Begriff gewesen – zwar in Entzücken versetzten, in Wirklichkeit jedoch ausschlieβlich dazu dienten, Orisons eigene Macht und Position auf dem Höhlenthron der Untätigkeit zu festigen. Und er sah schlieβlich sich selbst vor sich, Irathindur, den munteren, findigen, goldenen Dämon, der sich mit der Eintönigkeit und Perspektivlosigkeit des Strudeldaseins nie hatte begnügen können und deshalb die erste sich bietende Gelegenheit ergriff, Herr seines eigenen Schicksals zuwerden. Diese Tatkraft, diese Ungebrochenheit, diesen Mumm brauchte Irathindur nun abermals, um das allerletzte Gefecht bestehen zu können.
    Der Kampf endete in der neunten Runde, als zwei gleichzeitig einschlagende Fäuste von Gäus Irathindurs Zahnreihen durchbrachen. Die fremde Frau aus Irathindurs Ecke ging dazwischen, schirmte den eine Blutfontäne herausschnaubenden Irathindur mit dem Körper vor Gäus ab. Gäus riss vier seiner sechs blutenden Fäuste hoch, stieβ ein winselndes Geräusch aus, das wohl ein Siegesgebrüll hatte werden sollen, und kippte dann, in einer Schwammwasserpfütze ausrutschend, unter dem Seil weg krachend in die Zuschauerbänke. Irathindur stürzte durch die Arme der fremden Frau hindurch ebenfalls zu Boden – er war zu schmal, um aufgehalten werden zu können. Siewollte sich umihn kümmern, seinen Kopf bergen und seine Zunge, damit er nicht erstickte oder in seinem eigenen Blut ertrank, aber er war zu schlüpfrig, um noch richtig erfasst werden zu können. Die Frau und der Schauplatz lösten sich auf. Der unbeschreibliche Tumult ringsum verwehte wie Fetzen brennenden Pergamentes. Irathindur wollte wieder aufstehen, wiederauferstehen, wie Gäus das vorhin gelungen war, Bodenbretter mit sich reiβend und so etwas wie »Ungeschlagen!« brüllen, aber da waren keine Bodenbrettermehr. Alles verlor sich, in Tiefe oder in unglaublicher Höhe. War dies der Himmel? Der Himmel An Sich?
    Irathindur drehte und wand sich.
    Stille setzte sich durch.
    Dann das niemals versiegende Rauschen einer Meeresbrandung.
    Niemals versiegend. Den Sieg niemals versagend.
    Irathindur erblickte den Strand der Insel Kelm, als schwebte er weit darüber, im Himmel An Sich. Warumschwebte er und Gäus nicht? Waren sie denn nicht beide gestürzt? War Gäus etwa erdverbundener als Irathindur, weil Gäus’Wirtskörper Tenmac mehr Bindungen empfunden hatte als die eigensinnige Baroness Meridienn den Dauren? Aber bedeutete das nicht, dass Irathindur nun der Stärkere von ihnen war, weil er ungebunden war und unabhängig, unbelastet durch Freundschaft, Zuneigung und Verpflichtung? Und weil der Himmel An Sich doch Lebenskraft enthielt, Lebenskraft im Überfluss, und ihn nun damit speisen würde, während Gäus fern der Tafel verhungern musste?
    Figuren bewegten sich im weiβen Sand wie Buchstaben auf Papier für einen, der durch Tränen blinzelt. Fliehende Schiffbrüchige, die sich gegenseitig in immer wieder falsche Richtungen in Sicherheit brachten. Eine Rittersfrau auf einem Pferd. Und ein König, der einen regnenden Viermaster auf seiner Fingerspitze tanzen lassen konnte. Irathindur stieβ ein Geräusch aus, das wie ein eifriges Fiepen klang. Er wollte eingreifen und lenken, konnte sich jedoch nicht einmal mehr bemerkbar machen.
    »Ja, tragen wir es aus, Irathindur«, sagte die Erinnerung an einen dreibeinigen König volltönend und streifte sich die königliche Robe ab. Sie war nackt darunter, diese
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