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Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Erinnerung. Untersetzt, schwarzhäutig und am ganzen Körper mit dunklen, glänzenden Stacheln bewehrt. Sechs Arme entfalteten sich seitlich ihres breiten, leicht durchscheinenden Leibes. Langsam nahm sie mit zweien ihrer sechs Hände die zerbrechliche Krone ihrer Königswürde vom Haupt und warf sie in den feinen, weiβen Sand, der strudelnde Muster bildete.
    Die Frau in der Rüstung stieg vom unwirklich flackernden Pferd und legte ebenfalls ihre Rüstung ab. Abgesehen von ihrem schönen und unbarmherzigen Gesicht und ihren langen, wie Schlangen peitschenden Haaren wies ihr Körper keinerlei weibliche Merkmale auf, keine Brüste, keine breiten Hüften. Der Leib war schmal, beinahe zerbrechlich mager und von kränklich senfgelber Farbe.
    »Also«, flüsterte sie matt, »lass es uns endlich zu Ende bringen!«
    Irathindur fiepte wieder und streckte aus dem Himmel herab die Hände aus.
    Die Wolken zerrissen wie ein Vorhang. Der Sand stieg hoch in weiβen Fontänen.
    Das Gold und das Schwarz stürmten aufeinander zu, um sich zu umfangen oder sich ein für allemal auszumerzen. Dämonen können nicht sterben – es sei denn, ein Dämon tötet einen anderen.
    Der im Himmel feststeckende Irathindur stieβ einen wehklagenden Schrei aus.
    Es kam zur Berührung.
    Und der alles entscheidende Kampf endete mit einer Berührung, die Raum und Zeit ineinanderfaltete, bis alles wieder in Einklang kam.

Stand
    Minten Liago kämpfte sich aufwärts. Überall war Holz. Die Planken und Trümmer des zerborstenen Viermasters sanken ihm entgegen oder tanzten um ihn herum. Er stieß sich ab und verschob dadurch die Anordnung. Erst bekam er Gischt zu fassen, dann Luft, dann wieder nur Wasser, dann ein Stück Holz und schließlich Luft, die er sogar atmen durfte. Kurze Zeit trieb er, sich an einer Planke festklammernd, in der Brandung und lief Gefahr, von Wellen und gegen ihn geschleuderten Trümmern zermalmt zu werden.
    Er ließ los, was er an Halt besaß, und tauchte Richtung Strand. Um ihn herum trudelten die Überreste des Viermasters durch das grüne Reich der Stille.
    Jetzt erst kam die Druckwelle. Die Brandung änderte plötzlich die Richtung und warf sich Minten entgegen. Licht kreischte auf. Menschen, unter ihnen der Heereskoordinator Eiber Matutin, verwehten wie Rauch. Andere wurden versengt und gruben sich ein. Minten tauchte, so tief er nur konnte, und entging dadurch dem Orkan, der über die Oberfläche des Wassers tobte. Sogardort unten im blasenwerfenden Schlick war zu spüren, wie das Meer gepresst wurde und dann wieder gedehnt. Minten spürte, wie ihm die Luft aus den Lungen gedrückt wurde. Für einen kurzen Moment wusste er nicht mehr, in welcher Richtung die Oberfläche zu finden war. Dann sah er die Sonne: ein mattes, dunkelgrünes Lächeln. Mit beiden Händen griff er nach ihr, immer wieder, aufwärts kraulend. Dann konnte er atmen. Der Orkan war vorüber, hatte nur einen einzigen Augenblick lang gedauert.
    Die Brandung war durcheinandergeraten. Einige Wellen rollten ihm entgegen, obwohl Minten sich Richtung Strand bewegte, aber er kämpfte sich durch diese Irrläufer wie durch seine Ringgegner im »Inneren Zirkel «. Jeder von ihnen hatte eine eigene Größe, eine eigene Wucht, Richtung und Gestalt, aber sie alle waren letztlich nur Hindernisse auf dem Weg, der weiterführte. Als Minten jetzt darüber nachdachte, um sich zum Vorwärtsschwimmen zu motivieren, fiel ihm auf, dass er den Namen des amtierenden Meisters vom »Inneren Zirkel« – dieser mythischen, großen, unbesiegbaren Figur, der er niemals begegnet war – vollkommen vergessen hatte. Dafür waren die Namen Jinua Ruun, Heserpade und Hiserio nun für immer seinem Gedächtnis eingeschrieben.
    Er erreichte den Strand und kämpfte sich gleich wieder hoch auf die Beine, obwohl diese sich weich anfühlten wie zerkochtes Gemüse. Der Strand war übersät mit Unrat, Tang, zerspellten Muscheln, Treibgut und Matrosenleichen. Einige Soldaten krochen noch herum und flennten wie Kinder. Die Reste der ruhmreichen Armee der goldenen Göttin.
    Einer der Toten hatte ein erstauntes Gesicht und immer noch sein Schwert in der Hand. Minten, der seines verloren hatte, nahm es ihm ab und wog es prüfend.
    Strandaufwärts, im Mittelpunkt eines flachen Kraters aus glasiertem Sand, schimmerte die goldene Göttin, rüstungslos, ein entblößter Geist nur noch, in den viel zu vielen Armen eines anderen dämonischen Ungetüms. Weit und breit schien Minten der Einzige zu sein, der noch aus
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