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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau
Autoren: Kim Smage
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gefunden – ja, zusammen mit Kommissarin Halvorsen, und deshalb … Anne-kin staunt immer wieder über Kollege Vangs manisches »Besitzverhältnis« zu manchen Fällen. Auch jetzt ist das ganz deutlich. Sundt sollte Kollege Vang dadurch kurieren, dass er ihn der Suchmannschaft auf der Jagd nach einer verirrten Patientin zuteilt, denkt sie ein wenig boshaft.
    »Wir hielten es nicht für nötig, Wachen aufzustellen«, sagt Sundt gerade, »und …« Mehr kann er nicht sagen, denn jetzt keuchen alle auf, ungläubige Augen starren ihn an, plötzlich begreifen sie, von welcher Frau hier die Rede ist.
    »Der Spatz«, stöhnt Anne-kin. »Das ist doch nicht möglich! Sie sie kann nirgendwohin gegangen sein, nie im Leben, ich war doch gestern dort und sie sah nicht gerade fluchtfähig aus …«
    »Du hast dabei nicht zufällig das hier verloren?«
    Sundts Stimmbänder sind mit Eis belegt. Er hält eine Zeitung vom Vortag hoch, die den Fall der »Containerfrau« auf vier Seiten breittritt. Mit einer Bildmontage, die zuerst Trondheim auf einer Karte von Norwegen zeigt, dann einen Pfeil zum Nyhavn in Trondheim und einen weiteren Pfeil zum Container.
    »Oder hast du vielleicht eine Zeitung für sie gekauft? Um ihr ein wenig ›sachliche‹ Information zu verschaffen?« Groß-Sundts Stimme ist eine Nummer vor Sibirien. Kommissarin Anne-kin Halvorsen wird wütend. Was erlaubt dieser Trottel von Vorgesetztem sich hier eigentlich? Nie, NIE würde es er wagen, die Jungs so anzublaffen. Das sieht sie ihnen an, sie sind wie vom Donner gerührt.
    »Ich habe niemandem irgendwelche Zeitungen gegeben«, erwidert sie mit einer Stimme, die es mit der von Sundt aufnehmen kann. »Und außerdem«, fügt sie hinzu, ehe er den Mund aufmachen kann, »kann ich mich nicht erinnern, dass die Patientin unter Post- und Besuchsverbot gestellt worden ist.« Sie hört selber, wie verdammt kindisch sich das anhört, aber kindisch ist sie hier wahrlich nicht allein. Sie hofft nur, dass ihr Zeitungsstapel vom Vortag die drei Zeitungen enthält, die er enthalten soll. Was ist mit der Visitenkarte, die ich ihr hingelegt habe, denkt sie, wirst du die auch an die große Glocke hängen, Sundt? Das tut er nicht, sicher ist seine Stimme festgefroren.
    »Wenn sie so weit weg war, wie Halvorsen sagt …« Das ist Vang. »Ja, ich war ja dabei, als wir sie gefunden haben, und ich glaube nicht, dass sie sehr weit kommen kann, sicher sitzt sie in einem Wäscheschrank oder liegt unter schmutziger Wäsche, jemand hätte da sein müssen, als die Kleine aufgewacht ist, natürlich hatte sie schreckliche Angst und wollte sich verstecken, ihr hättet mal sehen sollen, wie … haben die sie eigentlich sorgfältig gesucht?«
    »Kommissar Vang meldet sich freiwillig zur Überprüfung der Wäscheschränke und Wäschehaufen des RiT.« Sundt hat seine Stimme wieder gefunden. Vang schaut ihn nur scheel an. Hält lieber den Mund.
    »Irgendwer muss sie abgeholt haben«, sagt Anne-kin Halvorsen. »Denn wir haben doch niemanden zum Aufpassen abkommandiert, abgesehen vom Krankenhauspersonal?« Und in diesem Moment setzt bei Sundt der jähe Temperaturumschwung ein, von eiskalt zu rot glühend.
    Und in diesem Moment begreift A-k Halvorsen. Begreift, warum ihr Chef Sundt, ihr ausgeglichener, tüchtiger, immer diplomatische Pro- und Contra-Chef, diese Temperaturschwankungen durchmacht. Er, der als einer der besten Verhörsleiter der Wache bekannt ist, der die Menschen durch sein ruhiges und entgegenkommendes, verständnisvolles Wesen immer zum Sprechen bringt, sie begreift plötzlich, warum.
    Warum er so verdammt verquer und vergrätzt und anders ist. Die Medien, denkt Anne-kin, die Presse …
    Sundt hat die Presse am Telefon, hat gierige, fragelüsterne Wühljournalisten an der Strippe, Journalisten, die fragen und bohren und Bezug nehmen. So muss das sein. Denn wenn es etwas gibt, das Sundt den Großen sauer und unberechenbar macht, dann sind das Medienleute. Er hat eine geradezu zänkische Beziehung zu Journalisten. Sie bringen alles durcheinander, behindern die Ermittlungen, zerstören Beweise. Sundt der Große dreht völlig durch, wenn er die vierte Macht im Staate als das Böse selber beschreibt. Und außerdem war er, ehe er Chefermittler wurde, als er noch jung war, jünger, daran gewöhnt, nur positive Presse zu haben, der Orientierungsläufer Sundt auf dem Siegertreppchen, erster Platz bei den Vereinsmeisterschaften, erster Platz bei den Kreismeisterschaften, dritter Platz bei den
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