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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau
Autoren: Kim Smage
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auf der Treppe zu meinem Haus angeschossen worden ist, durchaus nicht aus Norwegen fortgeschickt werden soll.« Anne-kin Halvorsen glotzt. Dreht sich mit rotgeränderten Augen und einem Handtuch in der Faust um und glotzt.
    »Meinen Sie … heißt das, Sie haben so großen Einfluss, dass Irina nicht als Paket zurückgeschickt wird?« Sie packt die Schulter ihrer Nachbarin, drückt zu. »Stimmt das wirklich? Sie machen keine Witze?«
    »Essen Sie jetzt Ihre Waffel«, lautet die Antwort. »Und dann beruhigen Sie sich ein bisschen, wir wollen doch die Nummer mit dem Peruaner aus dem Erdgeschoss nicht wiederholen, oder?« Anne-kin schüttelt den Kopf.
    »Die kleine Russin, die ich ins Haus gelassen habe, wird nie, nie zurückgeschickt werden. Sie wird hier gepflegt werden, und vielleicht kann sie so ganz peu à peu ins Leben zurückfinden. Glauben Sie mir!«

57
    Am folgenden Tag oder in der folgenden Woche, vielleicht im folgenden Monat, macht Kommissarin Anne-kin Halvorsen sich in ihrem Büro in der Trondheimer Wache an Papieren zu schaffen. Blättert in dem riesigen Unterlagenstapel namens »Containerfrau«. Sie ist eigentlich fertig mit diesem Fall, bearbeitet schon den nächsten. Alles ist an die nächste Instanz weitergeleitet worden, an die Juristen, ans Gericht. Der Staatsanwalt hat gute Karten. Der Kapitän hat zugegeben, dass ihm knapp außerhalb der norwegischen Gewässer drei Stück Frauen übergeben worden sind. Dass sie an Bord des russischen Bootes gegangen sind, das verdorbenes Trinkwasser gemeldet hatte, was aber nur ein abgesprochenes Tarnmanöver war. Und der ehemals so schweigsame Kapitän hat noch mehr erzählt, so ganz aus freien Stücken hat er von Überfischung der Quoten erzählt, von Fang, den er nach Murmansk gebracht hat, wo man das alles nicht so eng sieht. Bis die Leute dort ihn dann im Griff hatten. Er hat versucht, sich als bedrohtes und erpresstes Opfer darzustellen. Und der Benjamin an Bord hat erzählt, wie die Frauen in den Container geworfen wurden, weil im Hafen ein Mord geschehen war und die Polizei mit Blaulicht anrückte, weshalb die »Ware« verschwinden musste. Sivert K. Ljaam, der Besitzer der Wohnung, aus der die Schüsse auf Irina abgegeben worden sind, ist stumm und verschwiegen. Sagt nichts. Victor Bussni dagegen sagt jede Menge. Er ist wütend, beruft sich auf »achtzehn Jahre in Norwegen als braver Bürger und Leiter einer Firma«, der sich nur die Wohnung ansehen wollte. Hormon-Hans dagegen ist ge platzt, er gibt zu, dass die Wohnung gegenüber der Königlichen Residenz ein Bordell war, nein, kein Bordell, das klingt so billig, es war ein exklusives Massage-Institut, eingerichtet, weil die Stadt, die Jubiläumsstadt Trondheim, von Besuchern der Seminare und Messen, deren steife Hals- und Rückenmuskeln massiert werden müssen, geradezu überläuft. Ansonsten hat er vor allem als Türsteher Dienst geschoben.
    Frau Ella Ljaam alias Inger Andresen bleibt stumm wie das Grab. Im Grund sind die beiden Ljaams ein recht schweigsames Ehepaar. Weder zu den Besitzverhältnissen der Wohnung, dem Transport von zwei Pferden und drei zugedröhnten Frauen durch Østerdalen, dem Fund eines nicht zugelassenen Mauser-Gewehrs Kaliber 6,5, aus dem aus der Wohnung der Nybo AS in Øvre Møllenberg auf Irina geschossen worden ist, mag sie sich äußern. Zu einer Wohnung, zu der nur sie und ihr Mann Schlüssel hatten. Die angeblich gestohlen oder verloren worden sind. Sie zeigt sich nicht einmal geschmeichelt, als ihr die Bestätigung ihrer glänzenden Schießkünste vorgelegt wird. In ihrem reich gefüllten Kleiderschrank finden sie keine Schuhe, die zu den Abdrücken in der Wohnung passen. Keine Turnschuhe. Nur sachliche Pumps, Größe 43. Die Dame lebt auf großem Fuß. Aber hinter einer Box, hinter Spreu und Pferden, finden Sundt & Co die Turnschuhe. Frau Ella Ljaam presst ihre Lippen noch fester aufeinander.
    Staatsanwalt und Verteidiger sind mit etwas beschäftigt, das für Trondheim den größten Prozess aller Zeiten bedeutet.
    Zwei Särge werden nach Murmansk geschickt. Bruderherz Andrej ist wie vom Erdboden verschwunden, die Polizei da oben behauptet, ihn energisch zu suchen. Aber Murmansk ist einer der geschäftigsten Häfen der Welt, Fischerei, Fracht und Militär in trauter Einheit. Der norwegische Polizist dort oben mag nicht ausschließen, dass die Ermittlungen schon eingestellt worden sind. Die Polizei in Russland wird schlecht bezahlt, weshalb viele auf allerlei Weisen ihren Lohn
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