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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau
Autoren: Kim Smage
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Feldern und Wiesen über. Vor allem mit Feldern, mit Getreidefeldern. Die meisten sind abgeerntet, kahl. Es war ein schöner Nachsommer und ein trockener Herbst. Das Stroh liegt herum und wartet darauf, in den Boden gepflügt oder zu Ballen gebündelt zu werden. Die uralte Tradition, die Stoppelfelder abzuflämmen, ist zum Erliegen gekommen. Die Gesetze haben dem Flämmen im Frühling und im Herbst ein nachdrückliches Ende bereitet. Anne-kin Halvorsen hat keine Beziehung zum Tun und Lassen der Bauern, ihre einzige Assoziation zu Feuer unter freiem Himmel besteht aus Grasbränden in ihrer Kindheit. Wo jemand ein Streichholz anriss und das vertrocknete Gras zwischen Mietskasernen, Holzhäusern und Gärten unter den Erwachsenen eine wilde Panik auslösen ließ. Und zu Beschimpfungen und Ohrfeigen für den Streichholzdieb führte. Auch Anne-kin hat eine Vergangenheit als Graspyromanin. An der Brüderchen Kristian sich ein Vorbild genommen hat. Feuer ist im Halvorsenschen Haushalt ein brisantes Thema.
    »Jetzt nach links«, sagt Vang und zeigt auf eine Einfriedung, in der einige schlanke Stuten mit einjährigen Fohlen zu sehen sind. Anne-kin biegt nach rechts ab, sie hat einen Weg entdeckt, der hinter die Stallgebäude führt. Er wird wenig benutzt, zwischen den Wagenspuren wächst Gras. Sie hält den Wagen an und sie steigen aus. Über dem Gestüt hängt der Geruch von Gäulen, ein leicht herber, reifer Pferdegeruch. Die Pferde, die sie sehen, sind jedoch keine Gäule, sie sind schmal und schlank und haben glänzendes Fell. Das Wohnhaus liegt hinter den Stallungen, zurückgezogen und nicht zu sehen. Das kommt Kommissarin Halvorsen wie gerufen. Die Türen zu den Stallungen stehen offen, drinnen ist keine größere Aktivität zu erkennen. Nur leichtes Rascheln in der Spreu, Pferdeköpfe, die sich in dieselbe Richtung drehen, Luft, die durch Nüstern entweicht, unruhige Hufe. Ansonsten ist alles seltsam still. Dann wird die Stille von einem Auto gebrochen, es fährt über den Hofweg zum Wohnhaus. Hält dort an. Und in diesem Moment tritt ein Mädchen in die Stalltür, in der einen Hand hält sie einen Eimer, in der anderen einen Besen. Sie ist dreizehn oder vierzehn, munter und sommersprossig. Jetzt entdeckt sie Anne-kin und Vang, stellt ihren Eimer ab und blickt sie unsicher an.
    »Hallo«, sagt Anne-kin. »Heißt du zufällig Barbro?« Das Mädchen nickt und macht ein erstauntes Gesicht.
    »Du kennst uns nicht«, sagt Anne-kin, »aber du hast uns einmal angerufen. Wir arbeiten auf der Trondheimer Wache.«
    »Ach«, hören sie und sehen, wie die Kleine einen raschen, verstohlenen Blick zu Wohnhaus und Hofplatz hinüberwirft. Der Wagen hat angehalten und sie lauschen den Stimmen, die im Haus verschwinden.
    »Bis du Barbro?«, fragt Anne-kin. Das Mädchen nickt.
    »Ja«, sagt sie leise. »Aber ich will keinen Ärger. Ich will meinen Job hier nicht verlieren … Ich darf mit den Pferden arbeiten, ich bin ja eigentlich zu jung, es war blöd von mir anzurufen, aber …« Sie verstummt und starrt unglücklich ihre Schuhspitzen an.
    »Aber nicht doch«, sagt Anne-kin, »wir sind nicht hergekommen, um dir Ärger zu machen, aber wir müssen doch allen Hinweisen nachgehen.« Barbro nickt. Anne-kin Halvorsen beschließt direkt zur Sache zu kommen:
    »Wie viele Pferde sind heute Nacht also weggebracht worden?«, fragt sie.
    Barbro blickt die Kommissarin überrascht an. Schweigt lange. »Zwei«, murmelt sie dann. »Zwei Stück. Rino Rex und Valla Bless. Und die sollten zu keinem Rennen.«
    Vang und Halvorsen wechseln einen Blick. »Sind sie in solchen Dingern weggefahren worden?« Anne-kin nickt zu einigen Einzelpferdetransportern hinüber, die am Rand des Grundstücks stehen. Barbro schüttelt den Kopf.
    »Nein, mit Spezialwagen, in denen ist Platz für drei Tiere.« In diesem Moment werden Stimmen laut, Männerstimmen, die näher kommen. Flink wie ein Hermelin verschwindet Barbro im dunkelsten Stall, das Einzige, was sie noch schnell sagt, ist: »Bitte, nicht verraten, dass ich … ich werde alles abstreiten, damit Sie’s wissen.« Dann halten die Stimmen inne, ändern ihre Richtung, entfernen sich wieder. Vang steht schon so, dass kein Auto ungesehen den Hofplatz verlassen kann. Anne-kin winkt ihn zu sich, sie gehen den Weg zurück, den sie gekommen sind, setzen sich ins Auto und rufen die Wache und Sundt an.
    »Heute Nacht ist ein Pferdetransport von hier abgegangen«, sagt sie. »Zwei Pferde in einem Spezialwagen für drei.
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