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Die Chronolithen

Die Chronolithen

Titel: Die Chronolithen
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würde beeinträchtigt sein.
    Ich sollte vielleicht sagen, dass dreierlei feststand. Denn als die Sonne unterging, hatte Janice entschieden, dass meine Abwesenheit unentschuldbar war und dass sie nicht bereit war, mir die jüngste Fehlentscheidung zu verzeihen. Diesmal nicht – es sei denn, meine Leiche würde an den Strand geschwemmt, doch vielleicht nicht einmal dann.
     
    Das Verhör gestaltete sich so:
    Drei freundliche Herren trafen im Gefängnis ein und zeigten sich zutiefst zerknirscht ob der Bedingungen, unter denen wir untergebracht waren. Was das beträfe, stünden sie mit der thailändischen Regierung im Gespräch, »eben jetzt, in diesem Moment«, und ob wir in der Zwischenzeit nicht ein paar Fragen beantworten könnten?
    Zum Beispiel unsere Namen und Adressen und unsere US-amerikanischen Verbindungen und wie lange wir schon in Thailand seien und was wir hier täten?
    (Hitch muss sich darüber amüsiert haben. Ich sagte einfach die Wahrheit: Ich sei in Bangkok gewesen, um Software für eine Hotelkette mit Sitz in den Staaten zu entwickeln, und sei noch rund acht Monate nach Ablauf meines Vertrages geblieben. Ich ließ unerwähnt, dass ich vorgehabt hatte, ein Buch zu schreiben über Aufstieg und Fall einer Strandkultur von freiwilligen Exilanten im Land des Lächelns, wie es die thailändischen Reiseführer zu nennen pflegten – ein Buch, das sich vom Sachbuch zum Roman verwandelt hatte, bevor es endgültig scheiterte –, oder dass ich vor sechs Wochen meine Ersparnisse geplündert hatte. Ich erzählte ihnen von Janice, unterschlug ihnen aber, dass wir ohne das Geld, das sie sich von ihrer Familie geborgt hatte, arm wie Kirchenmäuse gewesen wären. Ich erzählte ihnen auch von Kaitlin, doch ich ahnte nicht, dass Kaitlin vor nur achtundvierzig Stunden fast gestorben wäre… und falls die Herren Bescheid wussten, zogen sie es vor, ihr Wissen für sich zu behalten.)
    Alle übrigen Fragen betrafen das Chumphon-Objekt: Woher wir davon gewusst hätten; wann wir es zuerst gesehen hätten; wie nahe wir herangekommen wären; unsere »Eindrücke« von dem Objekt. Ein thailändischer Gefängniswärter sah finster zu, wie ein US-Arzt von uns Blut- und Urinproben nahm. Dann bedankten sich die Herren und versprachen uns, uns sobald wie möglich hier herauszuholen.
    Am Tag darauf führten sich drei weitere freundliche Herren bei uns ein und stellten uns dieselben Fragen und machten uns dieselben Zusagen.
    Zu guter Letzt wurden wir entlassen. Manches von dem, was sich in unseren Brieftaschen befunden hatte, wurde uns zurückgegeben, und wir traten irgendwo auf der falschen Seite des Chao Phrya in die Hitze und den Gestank von Bangkok hinaus. Verwahrlost und ohne einen Pfennig in der Tasche marschierten wir zur Botschaft, wo ich einem Beamten solange zusetzte, bis er uns das Fahrgeld für eine Busfahrt nach Chumphon und ein paar Telefonate vorschoss.
    Ich versuchte Janice in unserer Miethütte zu erreichen. Vergebens. Doch es war Mittag, und ich ging davon aus, dass sie mit Kait unterwegs war, um das Nötigste für eine Mahlzeit zu besorgen. Ich versuchte es bei unserem Vermieter (ein graumelierter Brite namens Bedford), erreichte aber nur seinen Anrufbeantworter. Das war der Zeitpunkt, da uns eine hübsche Botschaftsangestellte nachdrücklich ermahnte, nur ja nicht unseren Bus zu verpassen.
     
    Ich erreichte die Hütte, als es längst dunkel war, immer noch fest überzeugt, hier Janice und Kaitlin vorzufinden; natürlich würde sie mir böse sein, bis sie erfuhr, was passiert war; es würde eine tränenreiche Aussöhnung folgen und vielleicht sogar ein bisschen Leidenschaft.
    In der Eile, rechtzeitig zur Charite zurückzukehren, hatte Janice die Tür nicht ins Schloss gezogen. Sie hatte einen Koffer für sich und Kaitlin gepackt – und den Rest hatten Diebe mitgenommen: die Sachen im Kühlschrank, mein Handy und den Laptop.
    Ich lief die Straße hinauf und weckte unseren Vermieter, der sich erinnerte, dass Janice irgendwann einen Koffer an seinem Fenster vorbeigeschleppt hatte und dass Kaitlin krank gewesen war, doch in dem ganzen Wirbel um das Monument seien ihm die Einzelheiten entfallen. Ich durfte sein Telefon benutzen (ich war zum Telefonschnorrer geworden) und erreichte Doktor Dexter, der mich über die Details von Kaitlins Infektion und ihren Transport nach Bangkok aufklärte.
    Bangkok. Und dahin durfte ich von Colins Telefon aus nicht anrufen; das sei ein Ferngespräch, erklärte er, und ob es nicht schon
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