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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia
Autoren: Michael Gerber
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schwerere Geschütze auffahren.« Der Faun zog eine komische kleine Flöte aus Stroh aus der Tasche und begann zu der Musik zu spielen. Sein Spiel weckte in Loo den Wunsch zu weinen, zu lachen, zu schreien und sich zu übergeben, alles zur gleichen Zeit - aber vor allem, sich zu übergeben. Auf einmal fragte sie sich, ob es in dieser Höhle wohl eine Toilette gab.
    »Fehlt dir immer noch nichts?« Das Mädel muss einen Magen aus Stahl haben, dachte der Faun. Herumhüpfend und schwitzend begann Herr Dummnuss, seine Ian-Anderson-Nummer abzuziehen. Auf Partys fielen dabei immer alle ins Koma. Wenn das nicht funktionierte, wusste er auch nicht mehr weiter...
    Es funktionierte nicht.
    Auf einmal begann Herr Dummnuss zu heulen. Seine großen braunen Augen füllten sich mit Tränen und seine noch größeren rosa Nebenhöhlen mit Rotz, und alles zusammen schoss aus ihm heraus, als hätte jemand einen »Eject«-Knopf in seinem Gesicht gedrückt. Der Faun pladderte wie ein defekter kleiner Wasserhahn mit Haaren, und bald war sein Ziegenbärtchen mit Tränen und Schnodder getränkt. Das war kein schöner Anblick.
    »Oh, Herr Dummnuss!«, sagte Loo. »Bitte reißen Sie sich zusammen. Mir ist auch so schon ziemlich übel.«
    Herr Dummnuss hörte so plötzlich auf zu weinen, als hätte jemand den Hahn abgedreht. »Wirklich?«, fragte er mit hoffnungsvoller Stimme. »Würdest du deinen Zustand als präkomatös bezeichnen?«
    »Nein«, sagte Loo, denn sie wusste nicht, was das Wort bedeutete.
    Prompt setzte das Schluchzen wieder ein. »Ach, was bin ich für ein böser Faun«, flennte Herr Dummnuss. »Sieh mich an, Ewaldstochter...«
    »Das wollte ich eigentlich gerade vermeiden«, murmelte Loo. »Bitte drehen Sie sich nicht u... Oh Gott...«
    »Was würdest du sagen, wenn ich dir erzählte, dass ich zu der Sorte von Faunen gehöre, die arme, unschuldige Mädchen im Wald aufgabeln und sie freundlich in ihre Höhle einladen, nur um ihnen Drogen einzuflößen und sie dann der Feisten Hexe auszuliefern? Würdest du das für möglich halten?«
    »Nein«, sagte Loo entschieden. »So etwas würden Sie nicht tun. Niemals .«
    »Aber ich habe es doch getan.«
    »Ach, Herr Dummnuss, hören Sie auf, solchen Unsinn zu reden!«, lachte Loo. »Ich habe eine ziemlich gute Menschenkenntnis, und...«
    »Meine Güte, ist die beschränkt«, sagte Herr Dummnuss in sein Taschentuch, während er sich geräuschvoll die Nase putzte. »Und ich tue es noch. Ich kidnappe dich.«
    Verwirrt schaute Loo sich um. »Mit wem reden Sie?«, fragte sie.
    »Ich rede mit dir, Loo«, sagte Herr Dummnuss. Loo drehte sich nochmal um. »Sie meinen, hinter mir steht jemand, der genauso heißt wie ich? Was für ein Zufall!«
    »Nein! Hier sind nur du und ich«, sagte Herr Dummnuss und deutete dabei erst auf sie und dann auf sich selbst. »Außer uns ist niemand hier.«
    »Wie merkwürdig«, sagte Loo. »Ich muss mich in Luft aufgelöst haben, und nun glaubt Herr Dummnuss, ich wäre nicht mehr da. Inzwischen ist ein anderes Mädchen namens Loo hereingekommen - womöglich eine Scheinbomberin!« Loo begann unter den Kissen nach ihrer unsichtbaren deutschen Doppelgängerin zu suchen. »Komm raus, du Miststück! Ich will zurück nach London!« Sie stieß ein Bücherregal um.
    »Lass das. Was machst du denn mit meiner Wohnung? Hör auf damit!«
    Loo hatte ihr Buttermesser genommen und schnitt gerade ein Loch in Herrn Dummnuss’ Couch. Mit einem Schrei warf der sich auf sie. Er packte sie und brüllte: »Loo, du hast dich nicht in Luft aufgelöst! Du bist diejenige, die ich kidnappe.«
    Eine lange Pause trat ein. »Ich kapier’s nicht«, sagte Loo.
    »Pass auf... Du musst jetzt aufpassen, sonst kommt die Handlung nie in Gang«, sagte Herr Dummnuss. »Ich bin ein Diener der Feisten Hexe.«
    »Wer ist denn die...«
    »Sei still! Dazu wollte ich gerade kommen. Gott, kannst du einem auf die Nerven gehen«, sagte Herr Dummnuss. »Die Feiste Hexe ist eine böse Zauberin, die in Blarnia die Macht übernommen und ewigen Winter über das Land gebracht hat. Kein Wunder, wenn ich so dick wäre wie sie, könnte ich den Sommer auch nicht ausstehen.« Loo machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber Herr Dummnuss schwadronierte weiter. »Sie hat gesagt, wenn mir jemals ein Atomssohn oder eine Ewaldstochter begegnen sollte, dann hätte ich sie zu entführen - kidnappen, fangen - und ihr auszuliefern.«
    »Ich begreife nicht, was das mit mir zu tun hat«, sagte Loo. In ihrem Bauch rumorte es
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