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Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Titel: Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Autoren: David B. Coe
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dich um etwas zu essen bitten? Dieser Körper -« Sie unterbrach sich und lächelte erneut. »Ich habe Hunger. Und da ich meinen Vogel verloren habe, habe ich lange nichts Anständiges mehr gegessen.«
    »Selbstverständlich, Falkenmagierin. Ich bin noch bei der Vorbereitung des Abendessens, aber du kannst gerne mit uns essen.«
    »Nein«, sagte die Magierin wieder, diesmal noch schneller. »Ich kann nicht so lange bleiben. Ich muss mich bald wieder auf den Weg machen. Ein wenig Käse oder Trockenfleisch wäre eine große Hilfe.«
    Lessa runzelte die Stirn, dann nickte sie. »Also gut, Falkenmagierin. Ich werde sehen, was wir haben. Aber ich fürchte, es wird nicht viel sein. Du solltest vielleicht mit dem Kaufmann am Anger sprechen. Er könnte dir sicher etwas Besseres geben.«
    »Danke. Ich bin sicher, was du mir geben kannst, wird genügen.«
    Lessa ging zurück ins Haus, und sie fühlte sich irgendwie unbehaglich dabei, der Magierin den Rücken zuzuwenden. Es wurde dunkel draußen, und Lessa hatte noch keine Kerzen angezündet. Das einzige Licht im Haus kam von den kleinen Fenstern und den flackernden Flammen in der Feuerstelle. Wenn doch nur Adlyr und die Jungen schon zu Hause wären!
    Vor einem Jahr hätte sie der Magierin kaum etwas anbieten können, aber nun hatten sie diese Glasbehälter mit Deckel aus Lon-Ser, und sie bewahrte darin zwei große Stücke Käse auf, und außerdem hatte sie mehrere Behälter voll Trockenobst.
    »Da, Falkenmagierin«, sagte sie und reichte Tammen eines der Käsestücke und ein paar Hände voll Trockenobst. »Ich wünschte, ich hätte mehr, aber meine zwei Jungen wachsen schnell, und meistens ist meine Vorratskammer noch leerer als heute.«
    Lessa lächelte, aber die Magierin reagierte nicht.
    »Es wird genügen«, sagte sie schließlich. »Danke.«
    Die Frau wandte sich zum Gehen.
    »Bist du sicher, dass du nicht zum Abendessen bleiben willst?«
    »Ja«, antwortete die Magierin und schüttelte den Kopf. Sie warf einen unruhigen Blick zum Fenster. »Es wird spät. Ich muss einen Ort finden, an dem ich die Nacht verbringen kann.«
    »Wir haben nicht viel Platz hier, aber du kannst gerne bei uns übernachten.«
    Diesmal lächelte Tammen, aber an ihrer Miene war etwas Seltsames, als sehnte sie sich verzweifelt danach, wieder wegzukommen. Ihr Blick schien noch verstörter zu sein als zuvor. »Das ist sehr freundlich von dir. Aber ich kann nicht bleiben.«
    Auch Lessa zwang sich zu einem Lächeln. »Es tut mir Leid, das zu hören.« Ein Lüge. Sie war zutiefst erleichtert. Eine solche Magierin war ihr noch nie begegnet. Tatsächlich befürchtete Lessa, dass der Verlust ihres Vogels die Frau vielleicht in den Wahnsinn getrieben hatte. Sie hatte zwar noch nie davon gehört, dass so etwas passiert war, aber es war sicher möglich. Es hieß, die Magier und ihre Vögel stünden einander sehr nahe, und außerdem mussten sich jene, die ungebunden waren, Gedanken wegen Therons Fluch machen. Tammen schien noch ziemlich jung zu sein - vielleicht zu jung, um mit ihrer Trauer und ihrer Angst fertig werden zu können. Wie sonst hätte man ihr seltsames Benehmen erklären sollen?
    Die Magierin steckte das Essen in einen Beutel, den sie am Gürtel hängen hatte, und ging auf die Tür zu.
    »Was soll ich den Ältesten ausrichten?«, fragte Lessa.
    Wieder blieb Tammen stehen, diesmal direkt auf der Schwelle. Lessa sah, wie sie einen Augenblick die Fäuste ballte, dann schaute sie über die Schulter zurück und hatte wieder dieses dünne Lächeln auf den Lippen.
    »Sag ihnen, die Bewegung braucht alle Unterstützung, die sie bekommen kann. Sie sollen alles tun, was ihnen möglich ist, um andere Dörfer in diesem Teil des Waldes zu überzeugen, dass sie sich uns anschließen. Sag ihnen auch, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft die Oberhäupter aller freien Siedlungen ansprechen und weiter unterweisen werden. Kannst du dir das alles merken?«
    Lessa nickte.
    »Gut. Und jetzt muss ich mich wirklich auf den Weg machen.«
    Ohne ein weiteres Wort eilte die Magierin aus dem Haus. Lessa lief zu einem Fenster und sah zu, wie Tammen rasch vom Dorf weg und zurück in den Schatten von Tobyns Wald ging. Sie konnte die Magierin selbst bald kaum mehr sehen, nur noch ihre Silhouette im Licht des blauen Cerylls. Und kurz bevor auch dieser Schein verschwand, glaubte Lessa, so etwas wie eine gelbe Gestalt auf Tammens Schulter zu erkennen. Einen Augenblick später allerdings sah sie überhaupt nichts mehr, und sie
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