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Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Titel: Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Autoren: David B. Coe
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spricht so mit mir! Nicht einmal du!« »Vielleicht ist das ja das Problem.« Linnea weigerte sich, sich einschüchtern zu lassen. »All die anderen Hüter haben solche Angst vor dir, dass niemand es wagt, deine Entscheidungen in Frage zu stellen.«
    »Es ist nicht notwendig, meine Entscheidungen in Frage zu stellen!«
    »Mach dich doch nicht lächerlich«, sagte sie, und sie wusste, dass sie nun so herablassend klang wie er vor ein paar Augenblicken. »Du bist nicht vollkommen. Lass dir deinen Titel und dein hübsches Gewand nicht zu Kopf steigen.« Er setzte dazu an, etwas zu sagen, aber sie hob die Hand und hielt ihn zurück. »Lass mich weitersprechen. Ich weiß, wie sehr man in dieser Position versucht ist, sich für unfehlbar zu halten. Sie sagen einem jeden Tag, dass man mit der Zunge der Götter spricht, dass man das Werkzeug Aricks auf Erden ist. Und wenn man das hört, fällt es einem leicht zu vergessen, dass auch die Götter nicht vollkommen sind, ebenso wie wir. Lon und Tobyn haben sich gestritten wie Kinder, Leora in ihrer Eitelkeit hat ihrer beider Rivalität nur noch verstärkt, und Arick hat die Geduld verloren und das Land gespalten.«
    Er wandte sich von ihr ab und ging zum einzigen Fenster des Zimmers. »Ich bin kein Kind, Linnea«, sagte er mit angespannter Stimme. »Ich kenne die Götter; wir können ruhig davon ausgehen, dass ich mit ihrem Ruhm und ihren Mängeln ebenso vertraut bin wie du.«
    »Dann hör zu, wenn sie mit dir sprechen.«
    Er fuhr wieder zu ihr herum und kniff die Augen zusammen. »Wie meinst du das?«
    »Du machst Fehler, Brevyl, genau wie alle anderen. Und in letzter Zeit hast du mehr als deinen üblichen Anteil an Fehlern gemacht.«
    »Ich sehe das nicht so.«
    »Dann bist du blind, Brevyl. Menschen sind gestorben, das Land ist von Narben überzogen, und überall breiten sich Gerüchte von einem bevorstehenden Bürgerkrieg aus.« »Das ist doch sicherlich nicht mein Fehler! Du kannst mir nicht vorwerfen, dass Magier sich an Adler binden!« Linnea schüttelte den Kopf. Der Mann war ein hoffnungsloser Fall. »Das versuche ich auch gar nicht, Ältester. Ich weise dich nur darauf hin, dass die Zeiten gefährlich sind, und alles, was der Tempel tut, um diese Gefahr zu erhöhen, sollte hinterfragt werden.«
    Brevyl starrte sie einige Zeit nachdenklich an. Vielleicht hatte sie ihn vorschnell verurteilt.
    Oder auch nicht. »Du hast Recht: Die Zeiten sind gefährlich.
    Aber willst du es mir übel nehmen, dass ich will, dass den Tempeln aus den derzeitigen Umständen Vorteile entstehen?« Er kehrte wieder zu seinem Sessel zurück und drückte die dicklichen Finger aneinander. »Besteht meine Aufgabe als Ältester der Götter etwa nicht darin, mein Möglichstes dafür zu tun, dass die Tempel aus der kommenden Krise so stark wie möglich hervorgehen? Hättest du es anders gemacht, Linnea?«, fragte er und zog die Brauen hoch.
    Sie zögerte und Brevyl grinste.
    »Selbstverständlich nicht«, sagte er selbstzufrieden. »Erst jetzt, nachdem du die Macht an mich abgegeben hast, versuchst du, auf diese Weise zu denken.« Er beugte sich vor. »Und das ist im Grunde verständlich: Dir ist nicht mehr viel geblieben, womit du dich beschäftigen kannst, und das kann nicht leicht sein für jemanden, der einmal solche Macht hatte. Aber erwarte nicht von mir, dass ich deine Kritik ernst nehme, Linnea. Ganz gleich, was ich tue, du würdest einen Fehler finden. Wenn ich tun würde, was du gerade vorgeschlagen hast, würdest du hier sitzen und mich fragen, warum ich die Wachen nicht bewaffne und mehr Bäume fällen lasse.«
    »Das ist nicht wahr!«, sagte sie. Aber sie konnte hören, wie unglaubwürdig das klang, und sie wusste, dass sie ihn nicht überzeugen würde. Seine Ansichten über die Waffen standen fest, ebenso wie über sie.
    »Wirst du mir zumindest gestatten, dieses Thema bei der nächsten Hüterversammlung vorzubringen?«, fragte sie resigniert. Aber schon bevor er antwortete, wusste sie, was er sagen würde.
    »Bis zur Herbstversammlung ist noch viel Zeit, Linnea. Wer weiß, worüber wir dann sprechen werden.« Er lächelte sie auf eine Weise an, die ihr alles sagte, was sie wissen musste. »Aber wenn wir dafür Zeit haben, werde ich dich nicht davon abhalten, das Thema vorzubringen.«
    Brevyl warf einen kurzen Blick auf seinen Schreibtisch, dann sah er sie wieder an, mit dem gleichen dünnen Lächeln wie zuvor, und Linnea wusste, dass sie entlassen war.
    »Verzeih mir«, sagte er, »aber
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