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Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Titel: Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Autoren: David B. Coe
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fragte sich, ob das nur eine Illusion gewesen war, die sie dem Licht des Feuers und dem unregelmäßigen Fensterglas verdankte. Sicher, es konnte nichts anderes gewesen sein. Nur, dass diese Gestalt genauso ausgesehen hatte wie ein Falke.
    Sie erschauderte und bemerkte, dass die Tür immer noch offen stand. Sie ging hin, um sie zu schließen, aber dann hörte sie von draußen Adlyrs Stimme und das Lachen der Jungen.
    »Und ich habe das Abendessen immer noch nicht fertig!«, flüsterte sie.
    Sie eilte zum Feuer, legte ein weiteres feuchtes Scheit auf, und dann kehrte sie an den Tisch zurück und zerkleinerte weiter Gemüse. Sie hielt kurz inne, als ihr Mann und ihre Söhne näher zum Haus kamen, und spähte aus dem Fenster, um vielleicht noch einen Blick auf die Magierin zu erhaschen. Aber als sie nichts sah, wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Abendessen zu. Es würde viel zu spät fertig werden.
    »Bei allem Respekt, Ältester«, sagte Linnea und hob dabei ein wenig die Stimme, »all deine Versicherungen und Entschuldigungen können nichts daran ändern, dass Menschen gestorben sind. Zum ersten Mal in der Geschichte dieses Landes sind Männer und Frauen aus Tobyn-Ser als direktes Ergebnis von Aktionen des Tempels umgekommen. Dafür wird jemand die Verantwortung übernehmen müssen.«
    Brevyl rutschte unruhig auf seinem Sessel herum, zeigte aber ansonsten nicht, dass ihn das, was er da hörte, beunruhigte. »Ich habe dir bereits gesagt, Linnea: Wenn du jemandem die Schuld an dieser unseligen Geschichte geben willst, solltest du dich nach den freien Magiern umsehen, die mit der Konfrontation begonnen haben.« Er hob beinahe flehentlich die Hände.
    »Sie sind schuld daran, dass diese Menschen gestorben sind. Unsere Männer haben nur versucht, sich selbst und die Waldarbeiter zu schützen, zu deren Schutz sie schließlich auch eingestellt worden waren.«
    Linnea musste sich zusammennehmen, um nicht noch wütender zu werden. Sie hatte von Hütern im gesamten Ostteil Tobyn-Sers nun seit Tagen ununterbrochen den gleichen Unsinn zu hören bekommen. Brevyl hatte seine Botschaft allen Tempeln des Landes sehr deutlich übermittelt, und seine Anhänger standen zu ihm. Und genau aus diesem Grund war sie jetzt wieder hier in diesem Zimmer, das einmal das ihre gewesen war, und stritt sich mit dem Mann, der ihr als Ältester der Götter nachgefolgt war. Normalerweise gingen sie und Brevyl einander aus dem Weg, was nicht immer einfach war, wenn man bedachte, dass Linnea immer noch im Haupttempel der Kinder der Götter wohnte. Aber an diesem Tag hatte sie ihn bewusst aufgesucht, hatte ihren Stolz heruntergeschluckt und um eine Audienz gebeten. Sie wusste, es würde ihr nicht gelingen, die jüngeren Hüter gegen Brevyl aufzubringen, also blieb ihr nichts anderes übrig, als selbst zu versuchen, den Ältesten von ihrem Standpunkt zu überzeugen. Und sie wusste bereits, dass ihr auch das nicht gelingen würde. »Die Magier waren dort, weil die Menschen von Prannai sie gebeten hatten«, sagte sie durch zusammengebissene Zähne. »Und wenn deine Männer nicht auf diese Weise bewaffnet gewesen wären, wären sie auch niemals angegriffen worden.«
    »Linnea«, sagte er und lächelte sie an, als wäre sie einfältig oder ein Kind, »das glaubst du doch nicht wirklich, oder? Ausgerechnet du? Diese freien Magier sind genauso schlimm wie der Orden. Vielleicht sogar noch schlimmer. Das weißt du doch. Es ist noch nicht so lange her, dass du an meiner Stelle gesessen hast.« Sein Lächeln wurde breiter. Er hatte sie nun zum dritten Mal im Lauf dieses Gesprächs daran erinnert, dass er inzwischen Ältester war und sie dieses Amt nicht mehr innehatte. »Um ehrlich zu sein«, fuhr er einen Augenblick später fort, »bin ich überrascht, solche Dinge von dir zu hören.«
    »Ich ebenfalls, Brevyl.«
    »Siehst du? Du bist nur ein wenig durcheinander. Bei allem, was in letzter Zeit passiert ist, überrascht mich das nicht. Es geht uns anderen nicht viel besser.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht gemeint. Ich bin überrascht, weil ich nie geglaubt hätte, dass ich mich in einer solchen Sache mit einem Ältesten des Tempels streiten müsste. Du bereitest uns Schande, Brevyl.«
    Der Älteste sprang auf, und sein rundes Gesicht lief dunkelrot an. »Wie kannst du es wagen!«, sagte er. Er beugte sich über sie und fuchtelte mit einem starren, zitternden Zeigefinger vor ihrem Gesicht herum. »Ich bin der Älteste der Götter. Niemand
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