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Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Titel: Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Autoren: David B. Coe
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sicher, ob er sie noch gehört hatte.
    Kurze Zeit später ging sie zur Großen Halle, in der Hoffnung, Orris dort zu finden. Als er nicht da war, fragte sie Jaryd, wo er sein könnte, und er schickte sie zum Adlerhorst.
    Im Hof des Gasthauses glaubte sie schon, dass Jaryd ihr eine falsche Auskunft gegeben hätte. Zweifellos würde kein Magier mit auch nur einem Hauch von Selbstachtung an einem solchen Ort wohnen. Aber als sie das Haus betrat, roch sie einen Duft, der ihren Magen knurren ließ, und sie entschied, dass Orris vielleicht doch hier sein könnte. Einen Augenblick später entdeckte sie ihn weit hinten in der Gaststube. Er war allein, wenn man von seinem schönen weißen Falken einmal absah, und er aß eine Schale Eintopf.
    »Darf ich mich zu dir setzen?«, fragte sie, als sie vor seinem Tisch stand.
    Er blickte auf und lächelte, und das hätte ihr Herz beinahe zum Tanzen gebracht. »Selbstverständlich.«
    Sie setzte sich ihm gegenüber, und sie sahen einander einen verlegenen Moment lang schweigend an.
    »Ich breche morgen auf«, sagte sie schließlich und wand sich innerlich dabei, wie ungelenk und abrupt sich das anhörte.
    »Das tut mir Leid. Ich hoffe, wir werden einander bald wieder begegnen.«
    »Tatsächlich?« Zu eifrig. Erneut wand sie sich innerlich. Der Magier seufzte. »Cailin -«
    »Ich weiß«, sagte sie und hob abwehrend die Hand. »Es tut mir Leid.«
    Wieder schwiegen sie.
    »Wohin wirst du gehen?«, fragte er schließlich und aß einen weiteren Löffel Eintopf.
    »Ich glaube nach Süden. Es ist Zeit, dass die Menschen wieder den Schattenwald und den Bereich um Therons Hain besiedeln. Ich möchte gern dabei helfen.«
    Orris nickte. »Das ist eine gute Idee«, sagte er.
    Sie strahlte. »Und was ist mit dir?«
    Er senkte den Blick und zögerte. »Ich habe noch keinen Entschluss gefasst. Es ist eine ganz neue Welt, und ich bin nicht sicher, wo ich hineinpasse.«
    Komm mit mir! »Du wirst überall hinpassen, wo du willst, würde ich sagen.«
    Er musste über diese Bemerkung lächeln und sah ihr wieder in die Augen. »Danke.«
    Zum dritten Mal brach das Gespräch ab, und Cailin entschied, dass sie wohl lieber gehen sollte, bevor sie sich noch weiter blamierte.
    Sie stand auf und streckte die Hand aus. »Leb wohl, Orris. Arick behüte dich.«
    Er nahm ihre Hand in beide Hände. »Und dich, Cailin. Mögen die Götter dich beschützen und dich glücklich machen.«
    Sie sah ihn noch ein paar Sekunden an, dann zog sie widerstrebend die Hand zurück und ließ ihn allein. Draußen nahm sie den schnellsten Weg aus der Stadt zum Wald. Sie hatte vorgehabt, eine letzte Nacht hier zu verbringen, bevor sie sich nach Süden aufmachte. Aber es war immer noch früh, und sie hatte sich von allen verabschiedet, die für sie zählten. Also warf sie einen letzten Blick zurück über den Larian und begann mit dem Aufstieg in die Berge. Sie hatte keinen Umhang und keinen Vogel, aber sie war eine freie Magierin, und in diesem Begriff schien große Wahrheit zu liegen. Zum ersten Mal, seit sie sich erinnern konnte, vielleicht zum ersten Mal im Leben, war sie vollkommen auf sich gestellt. Sie schauderte leicht bei dem Gedanken, zweifellos aus Angst, aber es lag auch freudige Erwartung darin.
    Da der Mittsommertag näher kam und alle Mitglieder des Ordens sich noch in Amarid aufhielten, beschloss Jaryd als seine letzte Handlung als Adlerweiser, die jährliche Versammlung früher einzuberufen und einen neuen Eulenweisen wählen zu lassen. In der Vergangenheit hatten das nur die Eulenmeister getan, und es würden auch weiterhin nur Meister für die Position in Frage kommen. Aber nach der Spaltung des Ordens waren so wenig Meister übrig geblieben, dass, nachdem Sonel zurückgetreten war, alle Mitglieder des Ordens, Falkenmagier und Eulenmeister, eingeladen wurden, an der Wahl ihres Nachfolgers teilzunehmen. So war Radomil der erste Weise seit Amarid selbst gewesen, den der gesamte Orden gewählt hatte.
    Außerdem enthüllte die Wahl des Oberhaupts normalerweise Anwandlungen von Ehrgeiz, die den Rest der Zeit über verborgen blieben. In diesem Jahr jedoch, nach allem, was geschehen war, ging es vor allem darum, wer sich überhaupt bereit erklären würde zu dienen.
    Radomil, der vor Jaryds Bindung an Rithlar Weiser gewesen war, erschien Jaryd als die logische Wahl. Aber der rundliche Eulenmeister lehnte ab.
    »Ich habe bereits einmal gedient«, sagte er. »Und ich bin nicht sicher, ob ich der richtige Mann bin.«
    Andere
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