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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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und legte den Brief auf den Lacktisch. »Es ist von Boras Sul. Er unterrichtet mich davon, daß er krank ist und nicht zur Ratsversammlung kommen kann, und er bedauert und sei bedankt, meine teure Arré ...« Sie verabschiedete Lalith mit einem Winken der Hand und nahm die Schüssel mit den Früchten. »Er wird seinen Sohn rüberschicken, und der ist ein noch größerer Idiot als er selbst. Pah!«
    Sorren sagte: »Vielleicht ist er ja wirklich krank?«
    »Vielleicht frißt er einfach zuviel«, sagte Arré verächtlich. Boras Sul war außerordentlich fett.
    Sorren fuhr mit dem Daumen über den glatten Lack. »Ich kann es herausfinden.«
    »Über den Dienstbotentratsch?« Sorren nickte. »Mach dir keine Umstände. Heb dir das für was wirklich Wichtiges auf. Sag dem Koch, Boras kommt nicht zum Ratsessen! Geh schon! Ich brauch dich jetzt nicht mehr.«
    Der Brief hatte ganz offensichtlich ihre schlechte Laune wiederkehren lassen. Sorren ließ sie allein, damit sie sich abreagieren konnte. Sie ging in die Küche und sagte dem Koch Bescheid. Er spielte mit Kaleb über dem Hackbrett das Steinchenspiel. Kaleb war der Kapitän der Nachtwache und Paxes Unterbefehlshaber. Sorren schaute zu, wie sich das Muster auf dem Spielfeld bildete.
    Sie berichtete von Boras Sul, und er zuckte nur die Achseln. »Hab' doch gewußt, es ist schlechte Nachricht«, brummte er. »Hab' ihr deswegen die Beeren reingeschickt.«
    »Ich glaube nicht, daß die was genutzt haben«, sagte Sorren.
    »Pech«, sagte der Koch, und Kaleb schob einen Stein drei Felder weiter und verzog finster das Gesicht. »Wackle nicht am Brett!« sagte er zu Sorren.
    Sie hatte sich gar nicht an die Platte gelehnt gehabt. Sie überlegte sich, ob Paxe Isak hatte ankommen sehen. Sie schaute Kaleb an. Er war wie sie von außerhalb; ein Asech, braunhäutig und mit hohen Wangenknochen und Steinen in den Ohrläppchen. »Ist die Hofmeisterin im Waffenhof?« fragte sie.
    Ohne die Augen vom Spielbrett zu heben, nickte der Mann.
     
    Als sie aus dem Haus trat, überfiel sie erneut die Hitze. Rasch durchschritt sie den hinteren Hof. Das Ziegelmuster war hier anders als im Vorderhof. An den Wegen standen Sauerapfelbäume. Sie ging unter den weit ausladenden Ästen hindurch, auf denen schwer die zweite Blüte hing. Auf den Platten lagen die Blütenblätter in rosigweißen Häufchen. Als sie am Ende der Baumallee angelangt war, hob sie erst den einen, dann den anderen Fuß und schüttelte die Blütenblätter ab. Lalith kehrte zwar die Plattenwege jeden Morgen, doch waren sie bereits wieder ganz in Rosa getaucht. Sie ging weiter in Richtung Waffenhof. Der Eingang zu ihm lag auf der anderen Seite, doch sie wollte nicht auf den Hof; sie durfte es gar nicht, da sie kein Soldat war. Als sie die hohe Rotholzumzäunung erreicht hatte, zog sie sich hoch und setzte sich darauf.
    Von diesem Aussichtspunkt aus konnte sie den ganzen Hof überblicken, vom Eingangstor bis zum Waffenschuppen. Es waren gerade an die zwanzig Leute auf dem Platz. Sie standen im Kreis um einen kleinen Menschenknoten herum, der sich bewegte. Im Zentrum des Knotens war Paxe. Sechs Wachleute schlossen sie ein, tauchten auf sie zu, und sie wich aus und schwankte und wand sich, warf die Leute mit Leichtigkeit zu Boden, immer zwei Schritte ihren Bewegungen voraus, angreifend und sie niederschleudernd, wenn ihre müden Schritte sich verlangsamten.
    Paxe entdeckte Sorren auf dem Zaun und grinste, die weißen Zähne blitzten. Doch sie fuhr in ihrem Schaukampf fort, ohne das Tempo zu ändern. Schließlich gebot sie mit einem lauten Ruf Einhalt: »Yai!« Die Wachen, die zugeschaut hatten, kamen näher, um ihr zu lauschen. Sie bewegte die Hände beim Sprechen. Sie trug – alle trugen – Trainingskleidung: das baumwollene Hemd und die Hosen mit Schnürbund, die Sorren an Isaks Probeuniform denken ließen. Das hatte sie einmal auch zu ihm gesagt, und er hatte erklärt, daß die alten Chearis früher sich so gekleidet hätten und daß die Stadtwachen diese Tradition fortsetzten, ohne zu wissen, woher sie stamme.
    »Gibt es überhaupt noch irgendwo echte Chearis?« hatte sie gefragt.
    Ein anderer Mann wäre vielleicht von dem Ansinnen verletzt gewesen, daß er kein echter Cheari sei, aber Isak wurde niemals zornig, und überdies hatte er ja mehr oder weniger so etwas selbst gesagt.
    »Vielleicht gibt es noch welche«, hatte er geantwortet. »Irgendwo droben im Norden. Die Legende sagt, daß ein Sproß aus der Linie des Van von Vanima
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