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Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2

Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2

Titel: Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
Autoren: Tracy Margaret; Hickman Weis
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der Suche nach der Bedienung davongemacht, und Flint wurde nun von Caramon hochgehoben. Tanis bewegte sich auf das Ende des Tisches zu.
    »Raistlin?« fragte er. Ihn überfiel ein seltsames Gefühl der Vorahnung.
    Die vermummte Gestalt blickte auf. »Tanis?« flüsterte der Mann, als er langsam die Kapuze vom Kopf zog.

    Der Halb-Elf holte tief Luft und wich einen Schritt zurück.Er erstarrte fast vor Angst.
    Das Gesicht, das sich ihm aus den Schatten zugewendet hatte, war das Gesicht aus einem Alptraum. Verändert, hatte Caramon gesagt! Tanis schauderte. »Verändert« war nicht das richtige Wort! Die weiße Haut des Magiers hatte eine goldene Farbe angenommen. Sie glänzte im Schein des Feuers metallisch und sah aus wie eine grausige Maske. Das Fleisch war aus dem Gesicht geschmolzen und ließ die Wangenknochen in scheußlichen Schatten hervortreten. Die Lippen waren zu einer dunklen, geraden Linie festgezogen. Aber es waren die Augen des Mannes, die Tanis’ Aufmerksamkeit fesselten und ihn in ihrem schrecklichen Blick festhielten. Denn die Augen waren nicht mehr die Augen eines Lebewesens. Die schwarzen Pupillen hatten jetzt die Form von Stundengläsern. Die einstmals blaßblaue Iris erinnerte Tanis jetzt an funkelndes Gold!
    »Ich sehe, meinAussehen erschreckt dich«, flüsterte Raistlin. Auf seinen dünnen Lippen lag die schwache Andeutung eines Lächelns.
    Tanis setzte sich dem jungen Mann gegenüber und schluckte. »Im Namen der wahren Götter, Raistlin ...«
    Flint ließ sich auf einen Stuhl neben Tanis plumpsen. »Heute wurde ich so viele Male in die Luft gehievt, wie... Reorx !« Flints Augen weiteten sich. »Welches Unheil ist hier am Werke ? Bist du verflucht?« Der Zwerg keuchte, während er Raistlin anstarrte.
    Caramon setzte sich neben seinen Bruder. Er hob seinen Krug Ale und blickte kurz zu Raistlin. »Willst du es ihnen erzählen, Raist?« fragte er leise.
    »Ja.« Raistlin dehnte das Wort zu einem Zischen, das Tanis erzittern ließ. Der junge Mann sprach mit sanfter, pfeifender Stimme, es war kaum mehr als ein Flüstern, als wäre er nur noch so in der Lage, die Worte aus seinem Körper zu pressen. Seine langen, nervösen Hände, die die gleiche goldene Färbung wie sein Gesicht hatten, spielten geistesabwesend
mit dem nichtangerührten Essen auf einem Teller vor ihm.
    »Erinnert ihr euch, als wir uns vor fünf Jahren trennten?« begann Raistlin. »Mein Bruder und ich planten eine Reise, die so geheim war, daß ich nicht einmal euch, meine teuren Freunde, erzählen konnte, wohin wir gehen wollten.«
    In der sanften Stimme lag ein sarkastischer Unterton. Tanis biß sich auf die Lippe. Raistlin hatte niemals – in seinem ganzen Leben – »teure Freunde« gehabt.
    »Ich wurde von Par-Salian, dem Oberhaupt meines Ordens, auserwählt, mich den Prüfungen zu unterziehen«, fuhr Raistlin fort.
    »Die Prüfungen!« wiederholte Tanis wie betäubt. »Aber du warst noch zu jung. Wie – zwanzig? Die Prüfungen dürfen doch nur Magier ablegen, die jahrelang studiert haben...«
    »Dann kannst du dir also meinen Stolz vorstellen«, sagte Raistlin kalt, verärgert über die Unterbrechung. »Mein Bruder und ich reisten zu dem geheimen Ort – den sagenhaften Türmen der Erzmagier. Und dort bestand ich die Prüfungen.« Die Stimme des Magiers wurde schwach. »Und dort wäre ich beinahe gestorben!«
    Caramon konnte, von Gefühlen übermannt, die Tränen kaum zurückhalten. »Es war schrecklich«, erzählte der große Mann mit bebender Stimme. »Ich fand ihn an diesem furchtbaren Ort, Blut floß aus seinem Mund, er lag im Sterben! Ich hob ihn auf und...«
    »Genug, Bruder!« Raistlins sanfte Stimme schnalzte wie eine Peitsche. Caramon zuckte zusammen. Tanis sah, wie sich die goldenen Augen des jungen Magiers verengten und sich die schmalen Hände verkrampften. Caramon verfiel in Schweigen und stürzte sein Ale hinunter, während er nervös seinen Bruder anblickte. Zwischen den Zwillingen herrschte eindeutig ein neuer Druck, eine Spannung.
    Raistlin holte tief Luft und fuhr mit seiner Geschichte fort. »Als ich erwachte«, erzählte der Magier, »hatte meine Haut diese Farbe angenommen – ein Merkmal meines Leidens. Mein
Körper und meine Gesundheit sind für immer zerstört. Und meine Augen! Ich sehe durch Stundenglaspupillen, und darum sehe ich die Zeit – so wie sie sich auf alle Dinge auswirkt. Selbst wenn ich dich jetzt ansehe, Tanis«, flüsterte der Zauberer, »sehe ich dich sterben, ganz langsam
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