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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora
Autoren: Agatha Christie
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Vincent, Sie haben mir die junge Dame noch nicht beschrieben.«
    »Sie hat das herrlichste Haar – wie pures Gold, aber sehr dunkel – wie – wie die Abendsonne, verstehen Sie? So golden wie das Abendrot. Bis vor Kurzem habe ich solche Dinge wie Abendrot niemals beachtet. Auch Poesie nicht, ich komme langsam darauf, dass da allerhand dahintersteckt.«
    »Rotes Haar«, bemerkte Tuppence sachlich. »Wie groß ist die Dame ungefähr?«
    »Mehr groß als klein, und sie hat hinreißende Augen, ein dunkles Blau. Und so eine entschlossene Art – es verschlägt einem manchmal richtig den Atem.«
    Tuppence schrieb noch ein paar seiner Bemerkungen nieder, schloss dann ihr Notizbuch und stand auf.
    »Kommen Sie morgen um zwei Uhr wieder. Ich glaube, wir werden dann etwas für Sie haben. Auf Wiedersehen, Mr St. Vincent.«
    Als Tommy zurückkam, war seine Frau gerade dabei, im Who’s who nachzuschlagen.
    »Ich weiß alle Einzelheiten«, erklärte sie kurz. »Lawrence St. Vincent ist der Neffe und Erbe des Grafen Cheriton. Wenn die Geschichte gut ausgeht, ist unser Ruf in den höchsten Kreisen gesichert.«
    Tommy las aufmerksam durch, was seine Frau notiert hatte.
    »Was, meinst du, ist wirklich los mit dem Mädchen?«, fragte er.
    »Ich glaube, ihr Herz befahl ihr zu fliehen, weil sie diesen jungen Mann zu sehr liebt.«
    Tommy sah sie misstrauisch an. »Ich weiß, das kommt in Büchern vor«, meinte er, »aber ich habe noch nie ein Mädchen getroffen, das sich tatsächlich so benommen hätte.«
    »Nein? Du hast wohl Recht. Aber Lawrence St. Vincent wird diese Hintertreppenromantik ohne Weiteres schlucken. Er ist gerade in der richtigen Stimmung dafür. Ich habe ihm übrigens Erfolg in vierundzwanzig Stunden garantiert – unser Spezialdienst.«
    »Wie kommst du auf diesen absurden Gedanken?«
    »Das ist mir gerade so eingefallen. Ich finde, es klingt nicht übel. Mach dir bloß keine Sorgen. Überlass alles mir.«
    Sie verließ den Raum. Tommy war gar nicht zufrieden. Er stand auf, seufzte, verfluchte Tuppences allzu lebhafte Fantasie und machte sich dann auf den Weg, um zu retten, was noch zu retten war.
    Als Tommy um halb fünf Uhr müde und erschöpft zurückkam, ertappte er Tuppence gerade dabei, wie sie eine Schachtel mit Teegebäck aus ihrem Versteck hinter einem Aktenordner hervorholte.
    »Du siehst so abgespannt und vergrämt aus«, bemerkte sie.
    »Was hast du unternommen?«
    »Ich habe alle Krankenhäuser nach dem Mädchen abgeklappert«, stöhnte Tommy.
    »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst das mir überlassen?«
    »Du kannst doch dieses Mädchen nicht ganz allein, ohne Hilfe, bis morgen aufstöbern!«
    »Weshalb nicht? Ich habe sie ja schon aufgestöbert.«
    »Was? Wie meinst du das?«
    »Ein sehr einfaches Problem, lieber Watson, wirklich sehr einfach.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    Tuppence wies mit ihrer Hand über ihre Schulter: »In meinem Büro nebenan.«
    »Was macht sie da?«
    Tuppence lachte: »Ein Kessel, ein Gaskocher und ein halbes Pfund Tee vor ihrer Nase können nur zu einem positiven Resultat führen.« Sie sah ihn an.
    »Siehst du«, fuhr sie freundlich fort, »die Sache ist so: Madame Violette ist die Modistin, bei der ich meine Hüte kaufe. Und neulich habe ich unter ihren Mädchen eine gute alte Freundin aus meiner Krankenhauszeit entdeckt. Sie hatte nach dem Krieg die Krankenpflege aufgegeben und einen Hutladen aufgemacht. Als das schiefging, nahm sie die Stelle bei Madame Violette an. Wir haben das ganze Spiel unter uns abgekartet. Sie hatte dem jungen St. Vincent zuerst die Vorzüge unserer Agentur gründlich eingehämmert – und dann verschwand sie. Man staune über die Tüchtigkeit von ›Blunts Brillanten Detektiven‹! Ausgezeichnete Reklame für uns – und für den jungen St. Vincent der letzte Anstoß, endlich um Janets Hand anzuhalten. Sie war schon ganz verzweifelt.«
    »Da hört sich doch alles auf! Etwas so Amoralisches ist mir noch nicht vorgekommen! Du hilfst diesem jungen Mann, sich unstandesgemäß zu verehelichen? Ja, du stiftest ihn direkt dazu an?«
    »Dummes Zeug!«, rief Tuppence. »Janet ist ein Prachtkerl, und erstaunlicherweise ist sie tatsächlich bis über beide Ohren in diesen knieweichen Jüngling verliebt. Was seine Familie braucht, sieht man auf den ersten Blick: frisches Blut. Janet wird einen Mann aus ihm machen. Sie wird für ihn sorgen wie eine Mutter, die Leidenschaft für Cocktails und Nachtclubs etwas dämpfen und ihn dazu bringen, das solide, gesunde Leben
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