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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora
Autoren: Agatha Christie
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muss das alles gegangen sein. Ich – «
    Er unterbrach sich.
    »Ja, Sir?«
    »Schweig, mon ami! Ich habe da so eine kleine Idee – kolossal, verblüffend! So eine dieser kleinen Ideen, wie Hercule Poirot sie früher oder später immer hat. Aber wenn es stimmt – wenn es so ist – o Gott! Ich hoffe, ich komme noch zur rechten Zeit!«
    Er raste aus dem Park. Albert, der hinter ihm herrannte, fragte ganz atemlos:
    »Was ist los, Sir? Ich verstehe nicht!«
    »Gut so, Albert. Du brauchst nicht zu verstehen. Hastings hat niemals verstanden. Wenn deine grauen Zellen nicht viel minderwertiger wären als meine – was für einen Spaß hätte ich dann noch an diesem Spiel? Ich rede lauter Unsinn – sei nicht böse. Du bist ein braver Bursche, Albert. Du weißt, was Tuppence wert ist. Sie ist mehr wert als du und ich zusammen.«
    Tommy lief und sprach und kam kaum zu Atem. In der Halle des »Blitz« angelangt, erblickte er Evans, zog ihn beiseite und flüsterte ihm in aller Eile ein paar Worte zu. Die beiden Männer betraten den Lift, Albert immer hinter ihnen her.
    »Dritter Stock«, sagte Tommy.
    Vor der Tür von Nr. 318 blieben sie stehen. Evans hatte einen Hauptschlüssel und benützte ihn, ohne zu zögern. Ohne auch nur anzuklopfen, betraten sie sofort das Schlafzimmer von Mrs van Snyder. Die Dame lag immer noch auf dem Bett, aber sie hatte jetzt ein kleidsames Negligee übergeworfen. Sie starrte die Männer verblüfft an.
    »Entschuldigen Sie bitte, dass ich nicht angeklopft habe«, sagte Tommy freundlich, »aber ich möchte gern meine Frau wiederhaben. Darf ich Sie ersuchen, dieses Bett zu verlassen?«
    »Sie sind wohl verrückt geworden?«, schrie Mrs van Snyder. Mit seitwärts geneigtem Kopf betrachtete Tommy sie nachdenklich.
    »Sehr kunstvoll«, bemerkte er. »Aber nicht kunstvoll genug. Wir haben unter das Bett geschaut – aber nicht hinein. Ich habe dieses Versteck selbst einmal benutzt, als ich jung war. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Quer übers Bett, unter den Kissen. Und dieser schöne Schrankkoffer, um später die Leiche damit wegzubringen! Leider waren wir diesmal ein wenig zu schnell für Sie. Sie hatten gerade noch Zeit genug, sie zu betäuben, sie unter den Kissen zu verstauen und sich von Ihrer Helfershelferin nebenan binden und knebeln zu lassen. Wir haben Ihr Märchen geglaubt, das gebe ich zu. Aber als ich es mir dann genauer überlegte – ordentlich und mit Methode – nein! Unmöglich, eine Frau zu betäuben, ihr Männerkleider anzuziehen, eine andere Frau zu knebeln und zu fesseln, sein eigenes Aussehen völlig zu verwandeln – und das alles in fünf Minuten! Nein. Einfach technisch unmöglich. Die Krankenschwester und der Junge waren nichts als ein Köder. Wir sollten ihrer Spur folgen – Mrs van Snyder aber sollte in unseren Augen das bedauernswerte Opfer sein. Helfen Sie der Dame bitte aus dem Bett, Evans! Sie haben doch Ihren Revolver? Gut!«
    Trotz ihres Protestgeschreis wurde Mrs van Snyder von ihrer Ruhestatt gezerrt. Tommy warf Decken und Kissen zu Boden.
    Und da lag Tuppence! Quer über dem Kopfende des Bettes lag sie, mit geschlossenen Augen und wachsbleichem Gesicht. Einen Augenblick lang erstarrte Tommy vor Schreck, dann aber sah er, dass sich ihre Lippen bewegten. Sie war betäubt, aber nicht tot. Er wandte sich an Evans und Albert.
    »Und jetzt, Messieurs«, sagte er dramatisch, »jetzt kommt der letzte Coup!«
    Mit schneller, überraschender Geste packte er Mrs van Snyder beim Schopf – und die kunstvolle Frisur hob sich und blieb ihm in der Hand.
    »Dachte ich mir’s doch!«, sagte Tommy triumphierend »Nr. 16!«
     
    Eine halbe Stunde später öffnete Tuppence die Augen; Tommy und der Arzt beugten sich gerade über sie. Die Ereignisse der nächsten Viertelstunde wollen wir taktvoll verschweigen. Danach aber verabschiedete sich der Arzt mit der Versicherung, dass alles in Ordnung sei.
    » Mon ami, Hastings!«, sagte Tommy verliebt, »ich bin so glücklich, dass du noch am Leben bist!«
    »Haben wir Nr. 16 erwischt?«
    »Abermals habe ich ihn zermalmt wie eine Eierschale. Mit anderen Worten, Carter hat ihn. Die kleinen grauen Zellen! Übrigens – Albert bekommt Lohnerhöhung.«
    »Erzähl mir die ganze Geschichte!«
    Tommy erstattete begeistert Bericht, überging jedoch gewisse Einzelheiten.
    »Bist du nicht halb närrisch geworden vor Angst um mich?«, fragte Tuppence leise.
    »Nicht besonders. Du weißt – man muss immer seine Ruhe und Selbstbeherrschung
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