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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora
Autoren: Agatha Christie
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spöttisch.
    »Ausgerechnet Polton! Du wirst kaum in seine Fußstapfen treten können.«
    »Warum nicht? Ich kann mir die Hände reiben, wenn ich zufrieden bin. Das genügt für den Anfang. Und ich erwarte, dass du von allen verdächtigen Fußspuren Gipsabdrücke anfertigen wirst – oder nicht?«
    Darauf konnte Tommy leider nichts mehr erwidern. Er steckte den Korkenzieher ein; dann holten sie den Wagen aus der Garage und machten sich auf den Weg nach Wimbledon.
    Villa Lorbeer war ein großes Haus, gekrönt von Giebeln und bekommen und war von Blumenbeeten umgeben. Ein stattlicher Mann mit kurzgeschnittenem weißem Schnurrbart und übertrieben martialischem Auftreten öffnete die Tür, ohne Tommy erst Zeit zum Klingeln zu lassen.
    »Ich habe Sie schon erwartet!«, erklärte er mit Nachdruck. »Mr Blunt, nicht wahr? Ich bin Colonel Kingston Bruce. Darf ich Sie in mein Arbeitszimmer bitten?«
    Er führte sie in einen kleinen Raum im rückwärtigen Teil des Hauses.
    »Der junge St. Vincent hat mir von Ihrer Firma vorgeschwärmt. Ihre Anzeige war mir selbst auch schon aufgefallen. Diese Neueinführung: garantierter Vierundzwanzigstunden-Dienst – ganz hervorragend! Das ist genau das, was ich brauche.«
    Tommy verfluchte im Stillen die Leichtfertigkeit seiner Frau, die dieses geniale Detail erfunden hatte, sagte aber kühl: »Gewiss, Colonel.«
    »Die Sache ist wirklich peinlich, äußerst peinlich.«
    »Würden Sie so freundlich sein, mir erstmal genau zu berichten, was eigentlich geschehen ist?« Tommys Ton war ein bisschen ungeduldig.
    »Natürlich, sofort. Eine alte, sehr liebe Freundin ist zurzeit bei uns zu Gast – Lady Laura Barton, die Tochter des verstorbenen Earl of Carrowway. Der jetzige Träger des Namens, ihr Bruder, hat neulich im Oberhaus eine packende Rede gehalten. Wie gesagt – sie ist eine alte, liebe Freundin von uns. Die Hamilton-Betts – amerikanische Freunde, die erst kürzlich herübergekommen sind – wollten um jeden Preis ihre Bekanntschaft machen. ›Nichts einfacher als das‹, erklärte ich ihnen, ›sie ist gerade bei uns zu Gast. Kommen Sie doch auch übers Wochenende.‹ Sie wissen ja, was für einen Amerikaner ein Adelstitel bedeutet!«
    »Und für andere Leute manchmal auch, nicht wahr, Colonel?«
    »Ach, nur allzu wahr, mein Lieber. Nichts ist mir so verhasst wie ein Snob. Also, wie gesagt, die Betts sind übers Wochenende auf Besuch gekommen. Gestern Abend, beim Bridge, ging plötzlich der Verschluss der Kette entzwei, die Mrs Hamilton-Betts trug; sie nahm den Schmuck ab und legte ihn auf ein Tischchen in der Absicht, ihn später mit in ihr Zimmer hinaufzunehmen. Aber dann ließ sie ihn dort liegen. Sie müssen wissen, Mr Blunt, dass der Anhänger aus zwei Diamantflügelchen bestand, an denen eine große rosa Perle hing. Heute Früh fand man die Kette dort, wo Mrs Betts sie liegen gelassen hatte, aber die Perle – eine Perle von kolossalem Wert – war weg. Abgerissen.«
    »Wer hat die Kette gefunden?«
    »Das Stubenmädchen – Gladys Hill.«
    »Ist sie verdächtig?«
    »Sie ist seit mehreren Jahren bei uns und hat niemals Anlass zu Beschwerden gegeben. Aber man weiß ja nie…«
    »Gewiss. Würden Sie mir bitte mehr über Ihr Personal berichten und mir sagen, wen Sie gestern zu Tisch hatten?«
    »Da ist zuerst einmal die Köchin; sie ist zwar erst seit zwei Monaten bei uns, aber sie hat nie im Salon zu tun; dasselbe gilt für das Küchenmädchen. Dann das Hausmädchen, Alice Cummings. Auch sie ist schon seit ein paar Jahren bei uns. Und Lady Lauras Zofe, natürlich. Sie ist Französin.«
    Der Ton, in dem er diese Auskunft gab, war viel sagend. Aber die Nationalität der Zofe schien Tommy nicht zu beeindrucken. Er sagte: »Gewiss doch. Und die Abendgesellschaft?«
    »Mr und Mrs Betts, wir drei, meine Frau, meine Tochter und ich, und Lady Laura. Der junge St. Vincent aß mit uns zu Abend, und Mr Rennie kam auf einen Sprung nach dem Essen.«
    »Wer ist Mr Rennie?«
    »Ein sehr lästiger Bursche, ein Sozialist. Sieht gut aus, blendender Redner. Aber ich gestehe Ihnen offen – ich traue dem Mann nicht über den Weg. Ein gefährlicher Bursche.«
    Tommy meinte trocken: »Es ist also Mr Rennie, den Sie verdächtigen?«
    »Richtig, Mr Blunt. Bei den Ansichten kann man keine Prinzipien haben. Nichts einfacher für ihn, als die Perle abzureißen, während wir in unser Spiel vertieft waren. Es war zeitweise sehr spannend: mein gedoppeltes Sans-Atout zum Beispiel… und auch der peinliche
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