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Die Buecherfluesterin

Die Buecherfluesterin

Titel: Die Buecherfluesterin
Autoren: Anjali Banerjee
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nicht täuschen«, sagte sie zu den Gästen, während wir Wein tranken und uns an Lucias selbstgebackenen Keksen und Teekuchen gütlich taten. » Jasmines Buchladen wird so sein wie Tantchens Buchladen– und noch viel mehr. Jetzt beginnt eine neue Ära.«
    Alle klatschten und johlten. Ma und Dad strahlten. Und Ma machte ein triumphierendes Gesicht. Endlich bin ich nach Hause gekommen, wo ich ihrer Ansicht nach hingehöre. Während Dad losging, um in den technischen Fachbüchern zu stöbern, hat Gita die Auslagen umgeordnet und die aus Seattle mitgebrachten Blumen überall verteilt. Dilip ist wieder einmal auf Geschäftsreise. Wenn der dicke Verlobungsring an ihrem Finger nicht wäre, würde ich glauben, dass er ein Geist ist.
    Tony hat sich betrunken, sich in seiner Rede verzettelt und ist dann in Tränen ausgebrochen. Nachdem wir ihn alle getröstet hatten, ist er auf dem Sofa in der Teeküche eingeschlafen, wo er immer noch liegt. Zum ersten Mal im Leben hat er eine Nacht im Buchladen verbracht.
    Die Geister benehmen sich. Vielleicht befürchten sie ja, dass ich den Laden trotz allem verkaufen könnte. Schließlich hat meine Tante ihre Schulden bezahlt und nach dem Verkauf von Tamerlane sogar noch etwas Geld übrig behalten. Sie hat mir den Laden übergeben. Hoffentlich werde ich ihrem Ruhm gerecht. Die Stadt liebt sie, und alle lassen ihren Tränen freien Lauf, als sie sich endgültig von ihnen verabschiedet.
    » Ruma!«, ruft Subhas. » Wir müssen los. Sonst verpassen wir das Flugzeug.«
    Sie dreht sich zu mir um und nimmt mich fest an den Händen. » Bippy, du musst dir deiner Sache sicher sein. Bist du das?« Sie mustert mich forschend. Vielleicht hält sie Ausschau nach einem Anzeichen von Unschlüssigkeit. » Du musst nicht bleiben.«
    » Ich bin doch schon eingezogen, oder?« Obwohl ich sie anlächle, kann ich meine Nervosität nicht verhehlen. » Zugegeben, ich habe eine höllische Angst– aber ich bin hier.«
    » Du wirst dir nie ganz sicher sein«, fährt sie fort und drückt weiter meine Hände. » Doch wir dürfen trotzdem nicht die Hände in den Schoß legen. Subhas ist nicht perfekt. Er schmollt häufig und hat sich im Laufe der Jahre so manche schlechte Angewohnheit zugelegt. Ich bin nicht ganz sicher, verstehst du, doch ich muss trotzdem mit ihm gehen. Er ist ein guter Mensch, und er liebt mich.«
    » Du kannst jederzeit zurückkommen«, sage ich. » Wir sind immer für dich da.«
    » Ich werde dir viele Briefe schreiben. Deine Ma und dein Dad planen bereits eine lange Reise nach Indien. Ich werde sie drei Monate lang ertragen müssen. Puh!«
    » Ich werdet Spaß zusammen haben. Ich werde dich schrecklich vermissen.« Meine Stimme kippt um, und ich umarme sie fest. Ich weiß, dass sie nicht zurückkommen wird.
    » Und ich dich auch, Bippy. Du bist die richtige Nachfolgerin für den Buchladen. Du musst die Geister am Leben erhalten.«
    » Ich tue mein Bestes.«
    » Fast hätte ich es vergessen.« Sie reicht mir einen Schlüsselbund. » Der Buchladen gehört mir nicht mehr. Du musst dafür sorgen, dass er deiner wird.«
    Da mir Tränen den Blick verschleiern, sehe ich meine Tante nur noch verschwommen, als sie den Saum ihres Saris rafft und anmutig die Stufen hinuntergeht.

Kapitel 44

    V
on der Mansardenwohnung aus habe ich eine malerische Aussicht auf das Meer, das Festland und den majestätischen Mount Rainier. Im Garten flattert ein Fink durch das Geäst der Föhren. Monet und Mary, meine neuen Katzen, sitzen auf der Fensterbank. Ihre Schwänze zucken, und das Licht fängt sich in ihren grünen Augen.
    Nachdem ich den Stubentigern ihr Frühstück serviert habe, mache ich mein eigenes.
    Die Rituale– das Füttern, Bürsten und Versorgen der Katzen– vertreiben meine Einsamkeit. Ich öffne die Fenster, um frische Luft durch die Zimmer wehen zu lassen.
    » Ich muss hier bleiben und darauf warten, Schwägerin zu werden, stimmts?«, frage ich die Katzen.
    Sie schnurren.
    » Connor ist im Himmel, oder wo er auch sonst hingehört. Und ich hoffe, dass Robert und Lauren in der Eigentumswohnung glücklich sind. Ob ich mehr Geld hätte verlangen sollen?«
    Die Katzen schnurren weiter.
    » Sie haben mich gut bezahlt. Außerdem ist dieses Haus sowieso besser als die Eigentumswohnung, oder?«
    Noch mehr Schnurren.
    Ich stelle mir vor, wie Lauren sich im Wintergarten mit Meerblick räkelt. Wahrscheinlich werden sie und Robert bis an ihr Lebensende glücklich dort wohnen. Nun kann er mich nicht mehr der
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