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Die Bücher von Umber: Drachenspiele

Die Bücher von Umber: Drachenspiele

Titel: Die Bücher von Umber: Drachenspiele
Autoren: P. W. Catanese
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stumpfe Hörner. Ihr verfilztes Fell hatte die grobe Struktur eines Pferdeschweifs. Die Haut war voller tiefer Rillen wie die Rinde alter Bäume. Hap erschrak, als er bemerkte, dass ihre zerlumpten Kleidungsstücke aus der Haut eines Tieres gemacht zu sein schienen, das Ähnlichkeit mit Boroon besaß.
    Die Ungeheuer wirkten beinahe betrunken, wie sie da quer über die Felsplatte hingestreckt lagen. Zwei von ihnen schliefen breitbeinig dicht an der Höhlenwand. Eines ruhte flach auf dem Bauch und eine Klaue baumelte über die Kante des Vorsprungs, so dass die Finger im Wasser hingen. Zwei weitere lagen eingerollt auf der Seite wie Babys.
    Â»Was sind das für Wesen?«, fragte Sophie so leise, dass es kaum zu hören war.
    Mit einem Schlag wusste Hap die Antwort. Er hatte in Umbers Büchern über sie gelesen. »Seeriesen«, flüsterte er. Vor mehr als zweihundert Jahren waren die Seeriesen in die florierende Stadt Kurahaven eingefallen und hatten sie in Schutt und Asche gelegt. Die Hexe Turiana hatte sie irgendwie wieder vertrieben, und die Seeriesen waren ins Meer gewatet, unter Wasser verschwunden und nie wieder gesichtet worden. Bis zu diesem Tag, dachte Hap.
    Umber grinste von einem Ohr zum anderen und nickte heftig. »Genau! Wir haben ihre Höhle gefunden. Ihren Schlafplatz.«
    Â»Schlafplatz! Bist du verrückt, uns hier herzubringen, Mann?«, rief Oates. »Was, wenn sie aufwachen?«
    Â»Sprich bitte leiser«, sagte Umber und wedelte dabei in der Luft herum. Er bedeutete den anderen, dichter zusammenzurücken, und fuhr im Flüsterton fort: »Ich glaube nicht, dass wir Angst haben müssen, sie aufzuwecken.«
    Â»Nicht?«, sagte Balfour leise. »Aber warum nicht?«
    Â»Ich glaube, sie warten auf etwas«, erklärte Umber.
    Â»Warten? Was ist das denn für ein Quatsch?«, spottete Oates.
    Umber konnte kaum an sich halten. Er rieb sich die Hände und trat von einem Fuß auf den anderen. »Wisst ihr, warum sie vor all den Jahren nach Kurahaven gekommen sind?«
    Â»Um zu zerstören und zu plündern«, erwiderte Balfour.
    Umber schüttelte den Kopf. »Sie kamen nicht, um die Stadt zu zerstören. Sie kamen, um die Hybris des Königs zu brechen.«
    Â»Das muss aber ganz schön wehgetan haben«, sagte Oates.
    Umber kniff sich in die Nase. »Hybris bedeutet Selbstüberschätzung, du Riesenhornochse. Und jetzt hört gut zu, Sophie und Hap – ich glaube nicht, dass ihr die ganze Geschichte kennt.«
    Hap und Sophie traten dichter an Umber heran, um ihn besser zu hören. »Heutzutage ist das Königreich Celador ein friedlicher Ort, den Nachbarn freundlich gesinnt und vor allem am Handel interessiert. Aber zu jener Zeit wurden die Könige immer mächtiger und sie wollten um jeden Preis neue Eroberungen machen. Sie erklärten sich zu den Herrschern der Meere, und ihr Stolz wuchs mit ihren Reichtümern. Sie machten Kurahaven zu einem Wunder jener Zeit und bauten die größte Flotte, die es jemals gegeben hatte. Dann kam König Brinn, der ehrgeizigste von allen. Ein gewöhnliches Schloss war ihm nicht genug. Deshalb erbaute er Petraportus, das ultimative Symbol der Macht und Herrschaft seines Königshauses: Eine Burg, die so groß war, dass ein Schiff durchs Tor in den von Menschenhand gebauten Hafen im Inneren segeln konnte. Petraportus war ein ziemlich deutliches Signal – so laut, dass es schließlich an die Ohren derer drang, die es gar nicht gut fanden, dass ein Mensch ihnen die Vorherrschaft über ihr Reich streitig machen wollte.« Umber wies mit dem Kinn auf die schlafenden Riesen. »Also erhoben sich die Seeriesen und bereiteten Brinn, seiner Flotte, seiner Stadt und seiner Burg ein Ende. Und, nicht zu vergessen, seiner Hybris.«
    Aus Umbers Gesicht wich einen Moment lang alle Farbe. Sein Blick wanderte zu einem imaginären Punkt in der Ferne. »Wenn man es recht bedenkt, war es eine Mahnung an die gesamte Menschheit: ›Werdet nicht größenwahnsinnig. Es gibt immer Mächte, die größer sind, als ihr es euch vorstellen könnt, und die bereit sind, euch auf eure Plätze zu verweisen. Wenn euer Ehrgeiz zu groß wird, werden sie euch auslöschen.‹«
    Umber sah kurz so aus, als würde er in eine seiner Verzweiflungsphasen abtauchen. »Aber Lord Umber«, fragte Hap rasch, »woher wollen Sie denn wissen, dass dies hier
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