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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
Autoren: Bernard Cornwell
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doch er wagte es nicht, sich umzudrehen, weil er dann sofort einen Pfeil abbekommen würde, und es gab nichts Schmachvolleres als einen Pfeil im Rücken. Man starb dem Feind zugewandt. Er hatte jetzt die Burg verlassen und befand sich auf dem offenen Vorplatz, und er betete, dass einer seiner Männer intelligent genug war, sich eine Armbrust zu schnappen und Thomas den Garaus zu machen, doch sein Vetter kam weiter auf ihn zu, und auf seinem Gesicht lag das unbarmherzige Lächeln eines Mannes, der endlich Rache nehmen kann.
    «Das hier ist ein spitzer Pfeil», sagte Thomas, «und er wird dich in die Brust treffen. Möchtest du vielleicht den Schild heben?»
    «Thomas», setzte Guy an, brach jedoch ab und hob hastig den kleinen Schild, da er sah, wie Thomas den großen Bogen spannte, und der Pfeil, nadelspitz und mit schwerem Eichenholz verstärkt, donnerte durch den Schild, durch Brustpanzer, Kettenhemd und Lederwams und bohrte sich in Guys Rippen. Die Wucht des Aufpralls ließ ihn drei Schritte zurücktaumeln, doch es gelang ihm, sich aufrecht zu halten, obwohl der Schild jetzt an seine Brust genagelt war.
    Thomas hatte schon den nächsten Pfeil auf der Sehne. «Diesmal in den Bauch», sagte er.
    «Ich bin dein Vetter», ächzte Guy. Mit schmerzverzerrter Miene stemmte er sich gegen den Schild und riss die Pfeilspitze aus seiner Brust, doch es war zu spät. Der Pfeil traf seinen Bauch, wiederum durch sämtliche Schichten seiner Rüstung, und diesmal fraß er sich tiefer. «Der erste war für meinen Vater», sagte Thomas, «der zweite für meine Frau, und der hier ist für Planchard.» Er schoss erneut, und der Pfeil bohrte sich durch Guys Halsberge und brachte ihn zu Fall. Guy hatte immer noch sein Schwert, und er versuchte, es zu heben, als Thomas auf ihn zukam. Er wollte etwas sagen, doch seine Kehle war mit Blut gefüllt. Er schüttelte den Kopf, verwirrt, weil seine Sicht sich trübte, dann spürte er, wie Thomas sich auf seinen Schwertarm kniete und die Halsberge anhob. Er versuchte zu protestieren, doch aus seinem Mund kam nur Blut. Thomas zog seinen Dolch, schob die Klinge unter den Rand der Halsberge und stieß zu. «Und der ist für mich.»
    Sam und die letzten sechs Bogenschützen traten zu Thomas und dem Leichnam. «Jake ist tot», sagte Sam.
    «Ich weiß.»
    «Die verdammte halbe Welt ist tot», sagte Sam.
    Vielleicht ging die Welt unter, dachte Thomas. Vielleicht wurden die schrecklichen Prophezeiungen aus der Offenbarung wahr. Die vier apokalyptischen Reiter suchten die Menschheit heim. Der Reiter auf dem weißen Pferd war Gottes Rache für eine verderbte Welt, das rote Pferd wurde vom Krieg geritten, das schwarze Pferd trug den Hunger im Sattel, und das fahle Pferd, das verheerendste, brachte Seuche und Tod. Und das Einzige, was die Reiter vielleicht verjagen konnte, war der Gral, aber den hatte er nicht. Also würde nichts und niemand die Reiter aufhalten. Thomas stand auf, nahm seinen Bogen und ging die Straße hinunter.
    Die Überlebenden von Guys Truppe blieben nicht, um gegen die Bogenschützen zu kämpfen. Sie flohen, genau wie Joscelyn und seine Männer, auf der Suche nach einem Ort, wo keine Seuche durch die Straßen geisterte. Thomas ging durch eine Stadt der Sterbenden und der Toten, eine Stadt voller Rauch und Dreck, einen Ort der Tränen. Er hatte einen Pfeil auf der Sehne, doch niemand trat ihm entgegen. Eine Frau rief um Hilfe, in einer Haustür kauerte ein weinendes Kind, und dann näherte sich ein Soldat, noch in voller Rüstung. Thomas spannte den Bogen halb, doch der Mann trug keine Waffe, nur einen Eimer mit Wasser. Er war schon älter und hatte graues Haar. «Bist du Thomas?», fragte er.
    «Ja.»
    «Ich bin Henri Courtois.» Er deutete auf ein Haus in der Nähe. «Dein Freund ist dadrin. Er ist krank.»
    Robbie lag auf einem kotbeschmutzten Bett. Er zitterte vor Fieber, und sein Gesicht war dunkel verfärbt und angeschwollen. Er erkannte Thomas nicht. «Du armer Kerl», sagte Thomas. Er gab Sam seinen Bogen. «Und nimm das hier auch mit, Sam», sagte er und deutete auf das in Leder eingeschlagene Buch, das auf einem Hocker neben dem Bett lag. Dann hob er Robbie hoch und trug ihn die Straße hinauf zur Burg. «Du sollst unter Freunden sterben», sagte er zu dem bewusstlosen jungen Mann.
    Die Belagerung war endlich vorbei.

    Guillaume d’Evecque starb. Viele starben. Zu viele, um sie alle zu beerdigen, und so ließ Thomas die Toten in einen Graben zwischen den Feldern jenseits des
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