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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
Autoren: Bernard Cornwell
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wurden. Sie brauchten Hilfe.
    «Nehmt den Turm ein, Sire», drängte Geoffrey, «und dann greift über die Brücke an! Bei den Knochen Christi, wenn die elenden Hunde sehen, wie wir diesen Sieg erringen, verlässt sie vielleicht der Mut!» Die umstehenden Fürsten stießen ein beifälliges Knurren aus.
    Der König war weniger optimistisch. In der Tat hielt die Garnison von Calais der Belagerung noch immer stand, und die Engländer hatten es nicht geschafft, den Stadtmauern nennenswerten Schaden zuzufügen, geschweige denn die beiden Wassergräben zu überwinden, doch ebenso wenig war es den Franzosen gelungen, Vorräte in die Stadt zu schaffen. Die Menschen dort brauchten keine Ermutigung, sie brauchten etwas zu essen. Jenseits des Lagers zeichnete sich eine Rauchwolke ab, und einen Herzschlag später grollte das Donnern einer Kanone über die Marsch. Das Geschoss musste die Mauer getroffen haben, doch Philippe war zu weit weg, um die Wirkung des Einschlags sehen zu können.
    «Ein Sieg hier wird die Garnison der Stadt ermutigen», fiel der Baron von Montmorency ein, «und Verzweiflung im Herzen der Engländer säen.»
    Doch warum sollte die Engländer der Mut verlassen, wenn der Turm von Nieulay fiel? Philippe nahm an, es würde sie eher dazu veranlassen, die Straße jenseits der Brücke umso hartnäckiger zu verteidigen, doch ihm war auch bewusst, dass er seine scharfen Hunde nicht an der Leine halten konnte, wenn der Feind in Sicht war, und so gab er ihnen die Erlaubnis. «Erobert den Turm», befahl er. «Möge Gott Euch den Sieg schenken.»
    Der König blieb, wo er war, während die Fürsten ihre Männer um sich scharten und sich bewaffneten. Der Seewind trug Salzgeruch heran, aber auch einen fauligen Gestank, der vermutlich von verrottenden Algen im Schlick stammte. Er stimmte Philippe melancholisch. Sein neuer Astrologe weigerte sich unter dem Vorwand, er leide an einem Fieber, seit Wochen, vor ihm zu erscheinen, doch Philippe hatte erfahren, dass der Mann sich bester Gesundheit erfreute, was nur bedeuten konnte, dass er ein großes Unglück in den Sternen gesehen hatte und nicht den Mut aufbrachte, es dem König zu sagen. Möwen kreischten unter dem wolkenverhangenen Himmel. Weit draußen auf dem Meer glitt ein schmutzig graues Segel Richtung England, während ein anderes Schiff vor dem englisch besetzten Strand ankerte und in kleinen Booten Männer ans Ufer brachte, um die feindlichen Truppen zu verstärken. Philippe wandte den Blick zurück zur Straße und sah eine Gruppe von vierzig oder fünfzig englischen Rittern auf die Brücke zureiten. Er bekreuzigte sich und betete, dass sein Angriff sie überwältigen würde. Er hasste die Engländer. Aus tiefster Seele.
    Der Herzog von Bourbon hatte die Leitung des Angriffs Geoffrey de Charny und Edouard de Beaujeu übertragen, und das war gut so. Der König vertraute darauf, dass beide mit Bedacht handeln würden. Er zweifelte nicht daran, dass sie den Turm einnehmen konnten, obwohl ihm noch immer nicht klar war, wozu das gut sein sollte; doch es war gewiss besser, als wenn die Ungestümeren unter seinen Edelleuten in einem wilden Ausfall die Brücke stürmten und in den Marschen vernichtend geschlagen wurden. Er wusste, dass sie einen solchen Angriff förmlich herbeisehnten. Für sie war der Krieg ein Spiel, und jede Niederlage bestärkte sie nur in ihrem Eifer. Narren, dachte er und bekreuzigte sich erneut, als er sich fragte, welch düstere Prophezeiung der Astrologe wohl vor ihm verheimlichte. Was wir brauchen, dachte er, ist ein Wunder. Ein deutliches Zeichen von Gott. Dann fuhr er erschrocken herum, als ein Trommler auf seine große Pauke schlug. Ein Fanfarenstoß ertönte.
    Doch die Klänge verkündeten noch nicht den Angriff, sondern die Musiker erprobten nur ihre Instrumente. Edouard de Beaujeu stand auf der rechten Seite, wo er über tausend Armbrustschützen und ebenso viele Soldaten versammelt hatte. Offensichtlich beabsichtigte er, die Engländer von der Seite anzugreifen, während Geoffrey de Charny mit mindestens fünfhundert Soldaten geradewegs den Hügel hinab auf die englischen Gräben zustürmen würde. Geoffrey marschierte an der Linie entlang und befahl seinen Rittern und Soldaten, vom Pferd zu steigen. Sie folgten ihm nur unwillig. Für sie war das Glorreichste am Krieg der Angriff der Kavallerie, doch de Charny wusste, dass Pferde gegen einen von Gräben geschützten Steinturm nichts ausrichten konnten, und so bestand er darauf, dass seine
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