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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
Autoren: Bernard Cornwell
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Bogenschütze.
    Thomas zog die Blicke auf sich, als er durch das Lager ging. Er war groß. Unter dem Rand seines Stahlhelms schaute schwarzes Haar hervor. Er war noch jung, aber der Krieg hatte seine Spuren hinterlassen. Er hatte ein hageres Gesicht, dunkle, wache Augen und eine lange Nase, die bei einem Kampf gebrochen und schief wieder angewachsen war. Sein Kettenpanzer war matt von der weiten Reise, und darunter trug er ein ledernes Wams, schwarze Beinlinge und lange schwarze Reitstiefel ohne Sporen. An seiner linken Seite hing ein Schwert in einer Scheide aus schwarzem Leder, auf seinem Rücken eine Provianttasche und an seiner rechten Hüfte eine weiße Pfeiltasche. Er humpelte leicht, was den Gedanken nahelegte, dass er in einer Schlacht verletzt worden war, doch in Wirklichkeit hatte ihm ein Geistlicher die Verletzung zugefügt, und zwar im Namen Gottes. Die Narben der Folterung waren unter seinen Kleidern verborgen, abgesehen von denen an seinen Händen, die verkrümmt und knotig waren, aber noch immer einen Bogen spannen konnten. Er war dreiundzwanzig Jahre alt, und sein Beruf war das Töten.
    Er kam an den Zelten der Bogenschützen vorbei. Die meisten von ihnen waren mit Trophäen geschmückt. An einem Pfosten hing ein französischer Brustpanzer aus massivem Stahl, der von einem Pfeil durchbohrt war, um allen zu zeigen, was Bogenschützen Rittern zufügen konnten. Ein Stück weiter hing ein ganzes Bündel von abgeschnittenen Pferdeschweifen. Ein rostiger, eingerissener Kettenpanzer war mit Stroh ausgestopft, an einen jungen Baum gehängt und mit Pfeilen gespickt worden. Jenseits der Zelte begann das Marschland, das nach fauligem Abwasser stank. Thomas ging weiter und sah zu den französischen Truppen auf der Anhöhe im Süden hinüber. Es waren verdammt viele. Jetzt konnte er die Brücke und den kleinen Weiler dahinter sehen, und hinter ihm strömten Männer aus dem Lager und nahmen Schlachtaufstellung ein, um die Brücke zu verteidigen, denn die Franzosen griffen den kleinen englischen Außenposten am anderen Flussufer an. Thomas sah, wie sie den Abhang hinunterströmten, und er sah auch einen kleinen Reitertrupp, vermutlich der Earl mit seinen Männern. Irgendwo in der Ferne hinter ihm feuerte eine englische Kanone ein Geschoss gegen die ramponierte Stadtmauer von Calais. Der Donner hallte über die Marschen und verebbte, übertönt vom Waffengeklirr aus den englischen Gräben.
    Thomas beeilte sich nicht. Es war nicht sein Kampf. Dennoch nahm er den Bogen von der Schulter und schnürte ihn. Ihm fiel auf, wie leicht es ging. Der Bogen war alt; er ermüdete. Der schwarze Eibenstab, einst vollkommen gerade, war jetzt leicht gebogen. Er war der Sehne gefolgt, wie die Bogenschützen sagten, und Thomas wusste, es war an der Zeit, eine neue Waffe zu fertigen. Doch für ein paar Franzosenseelen würde der alte Bogen mit dem silbernen Abzeichen, auf dem ein merkwürdiges Tier zu sehen war, das einen Kelch in den Klauen hielt, allemal noch reichen.
    Er sah nicht, wie die englischen Reiter auf die Flanke des französischen Angriffs zustürmten, weil die halb verfallenen Häuser von Nieulay das kurze Gefecht verbargen. Doch er sah sehr wohl, wie kurz darauf die englischen Soldaten auf die Brücke zurannten, um ihren mordlustigen Angreifern zu entkommen, und wie die Reiter am gegenüberliegenden Ufer ein Stück oberhalb Richtung Meer ritten. Er folgte ihnen auf der englischen Seite des Flusses, verließ den befestigten Weg und sprang von Grasbüschel zu Grasbüschel, so gut es ging, landete jedoch bisweilen in Pfützen oder auf schlammigem Grund, in dem seine Stiefel beinahe stecken blieben. Schließlich kam er beim Fluss an. Die herannahende Flut wirbelte schlammiges Wasser landeinwärts, und der Wind roch nach Salz und Verwesung.
    Dann erblickte er den Earl. Der Earl of Northampton war der Mann, dem Thomas diente, ein Herr mit lockerem Zügel und großzügiger Börse. Der Earl beobachtete die siegreichen Franzosen, wohl wissend, dass sie ihn angreifen würden. Einer seiner Soldaten war abgestiegen und suchte nach einem Pfad, der fest genug war, um die schweren Pferde zum Fluss hinunterzuführen. Etwa zehn weitere Männer knieten oder standen auf dem Pfad, bereit, einen französischen Angriff mit Schild und Schwert zurückzuschlagen. Und drüben im Weiler, wo die letzten Soldaten der Garnison getötet waren, wandten sich die Franzosen blutgierig den auf der Landzunge eingeschlossenen Engländern zu.
    Thomas watete in
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