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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin
Autoren: Beate Sauer
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sicher, Herr«, erwiderte er zögernd. »Aber ich glaube, wenn ich die Sprache erst höre, kann ich sie nach nicht allzu langer Zeit auch wieder sprechen.«
    Friedrich nickte. »Das wäre von Vorteil. Bisher hast du dich stets, wenn es darum ging, Informationen zu beschaffen, als ausgesprochen klug und umsichtig erwiesen. Die Dinge, die du berichten konntest, waren häufig von großem Nutzen für mich. Du bist in der Medizin bewandert. Du besitzt sehr gute Kenntnisse in der Falknerei. Was ja der Grund war, weshalb ich damals dachte, dass es eine Verschwendung wäre, wenn du als Betteljunge verkämst, und ich dich mitnahm.«
    »Herr, alles, was ich bin, verdanke ich Euch«, sagte Roger rau.
    Friedrich beugte sich vor, spielte mit dem goldenen Ring, den er an der rechten Hand trug, und ließ Roger nicht aus den Augen. »Bisher hast du es mir gut vergolten, dass ich dich mitnahm. Aber du kannst mir einen noch viel größeren Dienst erweisen.« Er erhob sich und begann, vor den Fensteröffnungen auf und ab zu schreiten, wobei seine Aufmerksamkeit auf etwas gerichtet zu sein schien, was außerhalb der marmorverkleideten Wände lag.
    »Du wirst wissen, dass der Papst mich hasst und seine Ansprüche auf den Teil in der Mitte Italiens geltend macht, der mir zusteht, ebenso dass er meinen Rang als oberster Herr der Christenheit nicht anerkennen will. Ja, dass er es sogar gewagt hat, den Bann gegen mich auszusprechen.«
    »Ja, Herr, ich weiß davon …«
    Der Streit zwischen Kaiser und Papst war in Italien allgegenwärtig. Vor sechs Jahren hatte der Kaiser einen Kreuzzug im Heiligen Land geführt. Obwohl Papst Gregor ihn mit einem Bann belegt hatte, war Friedrich gegen die Araber siegreich gewesen. Die Menschen im Abendland hatten sich teils über diesen Sieg gefreut, sich teils aber auch deswegen gefürchtet – je nachdem, ob sie in ihren Herzen mehr dem Kaiser oder dem Nachfolger Petri zuneigten.
    »Der Papst beabsichtigt, Enzio, den Kardinal von Trient, als seinen Legaten ins deutsche Königreich zu schicken. Bei meinem Sohn, bei Adel und Volk regt sich heftiger Unmut gegen Gisbert, einen Inquisitor und Dominikaner. Deshalb soll der Legat die Gerichtsverfahren Gisberts beaufsichtigen und die Gemüter der Menschen besänftigen. Ich besitze jedoch verlässliche Hinweise, die etwas anderes vermuten lassen. Hinweise, dass Enzio von Trient seine Zeit im Deutschen Reich zu ganz anderen Zwecken nutzen wird, als auf gerechte Inquisitionsprozesse zu achten.«
    »Nein, der Kardinal ist sicher kein Mann, dem die Rechtgläubigkeit besonders am Herzen liegt«, entgegnete Roger nachdenklich.
    Enzio entstammte einem reichen, alten Patriziergeschlecht der norditalienischen Stadt Trient. Als Knabe hatte er als Einziger seiner Familie eine der mörderischen Fehden überlebt, die zwischen den aufstrebenden Geschlechtern der Stadt tobten. Über die Jahre, in denen der Aufstieg des verarmten jungen Mannes begann, kursierten zahlreiche Gerüchte. Manche behaupteten, er habe ein Bündnis mit dem Teufel geschlossen. Sicher war jedoch, dass Enzio im Heer Simon von Montforts während der Albigenser-Kriege gekämpft hatte und dabei zu Reichtum gekommen war. Seinen Aufstieg zum Kardinal hatte er mithilfe von Intrigen und Bestechungsgeldern durchgesetzt. Außerdem war bekannt, dass er ein ausschweifendes Leben führte, was dem asketischen und sittenstrengen Papst nicht gefallen durfte.
    Aber Enzio war charmant, scharfsinnig und schlau und hatte Papst Honorius III., dem Vorgänger des derzeitigen Oberhauptes der Kirche, große Dienste als Diplomat erwiesen. Und was Gregor IX. betraf – dieser achtete zwar streng auf die Rechtgläubigkeit. Andererseits war ihm jedoch ebenso sehr an der Macht gelegen. Er hasste den Kaiser, der ihm die Vorrangstellung im Abendland streitig machte, und dessen freisinniges Denken. Nein, Gregor würde wohl beinahe alles tun, um Friedrich zu schaden.
    »Nun, ich glaube auch, dass dem Kardinal nicht viel an der Reinheit des Glaubens liegt«, unterbrach der Kaiser Rogers Überlegungen. »Es muss den armen Gregor in schwere Gewissensnöte stürzen, Enzio mit dieser Aufgabe zu betrauen. Aber der Kardinal ist ein hervorragender Diplomat und er unterhält wichtige Verbindungen zu den norditalienischen Städten, die meine Macht nicht anerkennen wollen.«
    Friedrich blieb neben einer der Fensteröffnungen stehen und sah Roger an. »Die Informationen lauten weiter, dass der Papst den Kardinal angewiesen hat, ein Bündnis zwischen
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