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Die Buchmagier: Roman (German Edition)

Die Buchmagier: Roman (German Edition)

Titel: Die Buchmagier: Roman (German Edition)
Autoren: Jim C. Hines
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aufgebracht hinterher, als ich die Tür aufschloss und hineinging.
    Eine leere Mountain-Dew-Dose stand neben der Spüle, und auf dem Tisch klebte ein Zettel. Ich hatte vergessen, Lena einen Schlüssel zu geben, aber das hatte sie offensichtlich nicht aufgehalten. Ich nahm den Zettel.
    Bin bald wieder da. Pass auf dich auf, und bleib am Leben. – L
    Ich hatte das Haus kurz nach meiner Neuzuweisung von meinen Eltern gekauft. Sie waren raus nach Nevada gezogen, als meinem Vater eine Stelle in einer der Silberminen angeboten wurde, aber der lausige Immobilienmarkt hatte zur Folge, dass sie dieses Haus nicht verkaufen konnten. Es dauerte volle sechs Monate, bevor ich aufhörte, von diesem Ort als dem Haus meiner Eltern zu denken.
    Ich stellte Klecks’ Käfig auf die Arbeitsplatte und ging ins Wohnzimmer, das ich zu meiner eigenen Privatbibliothek umgestaltet hatte. Vom Boden bis zur Decke reichende Kirschholzregale säumten drei Wände. In eine freie Ecke schmiegte sich ein blank gewetzter Ruhesessel neben einer Glasschiebetür, die in den Garten hinterm Haus führte. Das Schloss dieser Tür war schon vor Jahren kaputtgegangen, aber ein Besenstiel in der Schiene verhinderte, dass sie von außen geöffnet werden konnte.
    Ich schloss die Augen und fühlte das Ziehen der Bücher. Dies war mein Zufluchtsort, meine Festung der Abgeschiedenheit. In dieser stillen Höhle zu stehen, umgeben von Mauern aus Büchern, reichte normalerweise aus, um innere Ruhe zu finden, ganz egal, wie belastend die Ereignisse sein mochten … Heute jedoch nicht. Heute riefen mir die Bücher zu. Jedes einzelne war eine Pforte zur Zauberei, die nur darauf wartete, aufgeschlossen zu werden.
    Ich zwang mich, mich abzuwenden, und kehrte in die Küche zurück, um mir die Tageszeitung zu nehmen. Blatt für Blatt schob ich sie in Klecks’ Käfig und drückte sie auf den Kies. Klecks versuchte, sich rauszuschleichen, aber ich stubste ihn zurück. »Tut mir leid, Kumpel. Ich brauche dich als Sicherheitsdienst.«
    Ich schaffte seinen Käfig in den Flur, direkt unter den Rauchmelder. Sobald er an Ort und Stelle war, nahm ich eine Tüte mit schokoladeüberzogenen Ameisen aus dem Kühlschrank und ließ ein paar zu ihm hineinfallen. Er hatte sie sich verdient, weil er geholfen hatte, einen Vampir auszuschalten, und angesichts des ganzen Feuers, das er produziert hatte, würde er die Kalorien brauchen.
    Nachdem mein behelfsmäßiger Sicherheitsalarm einsatzbereit und zufrieden war, zog ich mich in mein Büro zurück. Hier warteten noch mehr Bücher, die sich auf dem Schreibtisch und unterm Fenster stapelten. Festeinbände und Taschenbücher, alle zusammengezwängt, als bildeten sie ein literarisches Tetris, das darauf wartete, einsortiert zu werden.
    Zuerst versuchte ich Pallas anzurufen, aber sie ging nicht dran. Ich hinterließ eine vage Nachricht über ›Probleme auf der Baustelle‹. Dann versuchte ich es bei Ray Walker, dem Archivar unten in East Lansing, mein früherer Mentor. Sein Handy ging sofort auf die Mailbox, und nach dem zwölften Klingeln gab ich es auf, bei ihm im Lager anzurufen. Ich funkelte das Telefon an, während ich versuchte, mich zu entscheiden, wen ich als Nächstes anrufen sollte, als sich hinter mir knarrend die Tür öffnete.
    Mit pochendem Herzen wirbelte ich herum. Lena lehnte in der Tür, ihre beiden Bokken unter einem Arm. Es gelang ihr verdammt schlecht, ihre Belustigung zu verbergen.
    »Das nennst du auf der Hut sein?«, fragte sie.
    Ich ignorierte die Stichelei. »Hattest du nicht eines dieser Schwerter in der Bibliothek verloren?«
    »Ich habe mir ein neues gemacht.« Sie kam herein und sah sich das Büro an. Ihr Blick blieb an einem gerahmten Druck der Raumfähre Columbia auf ihrem Jungfernflug 1981 hängen, der von John Young und Robert Crippen, dem Kommandanten und dem Piloten dieser ersten Mission, signiert war. »Die Bäume haben mir erzählt, dass du wieder hier bist.«
    »Die Bäume?«
    »Ich war gerade in der großen Eiche im Garten hinterm Haus an der Arbeit.« Sie zuckte mit der Achsel. »Sie reden miteinander. Durch das Wurzelsystem kann ich das ganze Haus beobachten, wenn ich mich tief genug ins Herz des Baumes sinken lasse.«
    Diese einfache Feststellung löste eine Lawine von Fragen in meinem Kopf aus. Ich wusste, dass Lena zu ihrem Baum zurückkehren musste und dass sie viele ihrer übermenschlichen Fähigkeiten dieser Verbindung verdankte. Die Kraft des Baums war ihre eigene. Sie war nicht unverwundbar, aber
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