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Die Braut sagt leider nein

Titel: Die Braut sagt leider nein
Autoren: Kerstin Gier
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irgendwie weiterhelfen?«
    Ich schluckte schwer. »Ja.« Was soll's - ich hatte nichts zu verlieren. »Sie könnten mir einen ganz großen Gefallen tun.«
    »Lassen Sie hören.«

AN MEINEM HOCHZEITSTAG schien die Sonne. Der Himmel war leuchtend blau, die jungen Blätter an Blumen und Büschen wirkten wie frisch gewaschen.
    Für das Wetter hatte Kassandra gesorgt; es sei ein hartes Stück Arbeit gewesen, sagte sie. Sie hätte gern auch für schönes Wetter bei unserer standesamtlichen Trauung am Vortag gesorgt, aber dafür sei mehr Energie notwendig gewesen als die einer einzigen zauberkräftigen Person von einem anderen Planeten. Bei unserer standesamtlichen Trauung hatte es deshalb Bindfäden geregnet.
    Als Alex Donnerstagabend aus Karlsruhe kam, genervt, aber immerhin mit drei Tagen Urlaub im Gepäck, regnete es auch schon. Nur wenige Stunden vorher war ich mit dem nötigsten Gepäck wieder in unsere gemeinsame Wohnung eingezogen, meinem Waschzeug, etwas Unterwäsche und den Kleidern, die ich in den nächsten zwei Tagen brauchen würde. Meine persönlichen Gegenstände hatte ich längst entfernt, Bücher, Schneekugelsammlung, Buchsbaumkugeln und -spiralen, diverse Küchenutensilien, unter anderem meine Knoblauchpresse, eine vergleichbare gab es nirgends mehr zu kaufen, mein Besteck und meine silbernen Sektkelche, alles war in Kisten verpackt und vorerst in Hannas Keller untergebracht worden.
    Ich fand, dass die Wohnung erschreckend kahlwirkte, aber Alex schien keinen Unterschied zu merken.
    »Wie schön, mal wieder zu Hause zu sein«, sagte er. »Gut siehst du aus. Irgendwie dünner.«
    »Ich habe vier Kilo abgenommen«, sagte ich wahrheitsgemäß.
    »Damit du ins Brautkleid passt, was?« Alex warf seine Reisetasche in die Ecke. Am Schrank hing sein Hochzeitsanzug, Weste, Hose, Sakko und Vatermörderhemd, alles vom Feinsten, mit Hildes Dampfbügeleisen in Hochform gebracht. Es fehlte nur noch die cremefarbene Rose im Knopfloch, aber die würde er am Samstagmittag frisch angesteckt bekommen.
    Es war eigenartig, mit Alex an einem Tisch zu sitzen und zu essen. Ich hatte nur eine Tiefkühlpizza für ihn in den Ofen geschoben und knabberte selber an rohen Möhren.
    »Ich hatte so wenig Zeit«, sagte ich entschuldigend. Alex lächelte trotzdem. »Was gibt es zum Nachtisch?« »Ich könnte eine Dose Pfirsiche aufmachen«, sagte ich. »Oder?«
    Ich schaute unschuldig zu ihm hinüber. »Oder nichts. Sonst haben wir absolut nichts im Haus.«
    Jetzt seufzte Alex. »Ich habe dich so vermisst«, sagte er. »Diese Nächte im Hotelzimmer waren die reinste Hölle.«
    »Ach ja?«, fragte ich spöttisch und musterte ihn scharf. Aber Alex zeigte nicht die geringste Spur von Verlegenheit.
    Er griff nach meiner Hand. »Wenn das verfluchte Kaufhaus fertig ist, kümmere ich mich wieder mehr um dich. Um dich, unser Häuschen und unser kleines Kätzchen. Wo ist die Katze überhaupt?«
    »Ich habe sie bei Hanna untergebracht, während des ganzen Trubels hier ist sie da besser aufgehoben«, sagte ich schnell.
    »Sehr gut«, lobte Alex. »Überhaupt, für eine Frau hast du das alles ganz toll geregelt. Weißt du noch, wie du dich am Anfang geziert hast? Du hast echt eine Menge von mir gelernt.«
    »Ja«, stimmte ich zu. »Wer mich mal heiratet, hat das große Los gezogen.«
    Darüber lachte Alex herzlich. Dann kam er um den Tisch herum, umarmte mich, küsste meinen Nacken, pustete in mein Ohr und liebkoste mit der Zungenspitze die kleine Narbe an meinem Hals. Dieses Zeremoniell hatte fast nichts von seinem Reiz eingebüßt. Einen Augenblick lang war ich versucht, noch einmal mit ihm zu schlafen, zum Abschied sozusagen, aber einer der selten gewordenen Brechanfälle machte mir und vor allem Alex einen Strich durch die Rechnung.
    »Bist du krank?«, fragte er, als ich nicht aus dem Badezimmer zurückkehrte. Er lehnte sich in den Türrahmen und sah nicht besonders mitfühlend aus, eher ungehalten. »Ich hatte mich so auf unser Wiedersehen gefreut.«
    »Ich - das ist wohl die Aufregung«, stotterte ich.
    Alex nahm mich wieder in die Arme und machte da weiter, wo er aufgehört hatte. Aber der Moment der Versuchung war vorbei, seit Josias oder Florine sich eingemischt hatte. Ich befreite mich aus der Umarmung, indem ich Alex einen Stoß vor die Brust gab.
    »Was ist los mit dir?«, fragte er und machte ein finsteres Gesicht, die Mundwinkel nach unten gezogen. Er erinnerte mich an jemanden, ich wusste nur nicht, an wen.
    »Nichts«, sagte ich.
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