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Die Braut sagt leider nein

Titel: Die Braut sagt leider nein
Autoren: Kerstin Gier
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nachher«, sagte ich fröhlich. »Warte nicht auf mich. Ich weiß nicht, wann ich wiederkomme.«
     
    Ich verbrachte die Nacht bei Hanna auf meinem Schlafsofa, an Hummels weichen, brummenden Körper geschmiegt. Um halb sechs Uhr morgens klingelte der Wecker, ich zog mich leise an, fuhr nach Hause und schlichmich für eine letzte halbe Stunde zu Alex ins Bett. Er lag auf dem Rücken und knirschte leise mit den Zähnen.
    Der Radiowecker schaltete sich Punkt drei Minuten nach sieben ein.
    »Und nun die Wettervorhersage für heute, Sonnabend, den vierundzwanzigsten Mai«, sagte der Nachrichtensprecher. Sonnabend, der vierundzwanzigste Mai, mein Hochzeitstag. Die Wettervorhersage interessierte mich nicht, Kassandra wollte für Sonnenschein sorgen, und sie hatte ihr Versprechen gehalten. Durch die Jalousien sah ich den blauen Himmel.
    Alex drehte sich zu mir um. Er sah verknautscht aus, die Lider ein wenig geschwollen, die Stirn zerfurcht, Mitesser auf der Nase. Dass ich die niemals zuvor bemerkt hatte!
    »Wann bist du gekommen?«, fragte er beleidigt. »Die Tanten und Cousinen waren bis nach Mitternacht hier. Irgendwann um drei bin ich eingeschlafen, aber da warst du noch nicht zu Hause!«
    Sein Atem roch auch nicht gut. Ich war froh, dass ich nicht für den Rest meines Lebens neben ihm aufwachen musste.
    »Guten Morgen«, sagte ich. »Wir müssen aufstehen, das wird ein harter Tag.«
    Besonders für dich, Baby. Ein harter Tag mit einem sehr eng gesteckten Zeitplan. Hilde kam bereits zum Frühstück. Während Alex und ich Toast und frischge-pressten Orangensaft zu uns nahmen, bügelte sie den Hochzeitsanzug noch einmal auf und putzte Alex' Schuhe. Anschließend fuhr sie mich in ihrem Auto zum Floristen, wo wir den Kranz abholten, aus echten Orangenblüten und -blättern sowie leuchtenden kleinen Apfelsinenkugeln. Er war traumhaft schön geworden.
    »Du musst ihn später trocknen«, sagte Hilde auf der Weiterfahrt. »Er ist zu schade zum Verwelken.« Der Friseur fand das auch.
    »So ein schöner Kranz«, sagte er. »Und so schöne Haare.«
    Er drehte meine schönen Haare auf große Wickler, die vorderen Partien auf kleine Spiralen, er toupierte, kämmte und sprayte und steckte alles zu einer dieser Frisuren auf, die man immer in Zeitschriften sieht, aber niemals selber hinbekommt. Eine lässig aufgesteckte wuschelige Mähne, aus der sich einzelne Strähnen lösen und gekringelt in die Stirn fallen. Eine junge Visa-gistin schminkte mich anschließend. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich einen geraden Lidstrich. Ganz zum Schluss setzte man mir den Kranz ins Haar, meinen Kranz mit echten Orangen und duftenden Orangenblüten. Es war genau, wie ich es mir immer ausgemalt hatte. Selbst jetzt, im vanillegelben Friseurumhang, sah es umwerfend aus. Eigentlich war es richtig schade, dass meine Rolle als Braut nur so kurz sein würde. Vielleicht sollte ich mir das alles noch mal überlegen. Es gab Frauen, die hielten es mit weit schlimmeren Kerlen aus.
    Nachdenklich starrte ich mein Spiegelbild an. Ich musste ja nicht nein sagen, noch war es nicht zu spät. Die Pippi-Langstrumpf-Geschichte würde niemand aufdecken, solange ich nicht absichtlich darauf hinwies.
    Hilde, die mich nach zwei Stunden wieder abholte, stieß einen Schrei des Entzückens aus.
    »Wunderschön«, rief sie. »Wirklich wunderschön. Du siehst besser aus, als ich es je für möglich gehalten habe.«
    Bei uns zu Hause wartete der Fotograf für die erstenFotos, solange Frisur und Make-up noch ganz frisch und vollkommen waren. Alex hatte einen langweiligen Vormittag verbracht. Er hatte sich geduscht, die Haare gewaschen und gefönt, rasiert und manikürt. Den Rest der Zeit hatte er bloß dumm herumgesessen. Er sah jetzt bedeutend besser aus als am Morgen. Sein grauer Anzug stand ihm gut, der Vatermörderkragen verlieh ihm etwas Verwegenes. Wir würden ein hübsches Paar abgeben.
    Hanna war auch schon da, im feuerroten Modell Tomate mit passendem Hut und Lippenstift, und sie und Hilde halfen mir in mein Kleid, obwohl es keins von der Sorte war, das man nicht allein anziehen konnte. Es passte perfekt, Champagner nach geglückter Flucht, ich würde es vermutlich nicht umtaufen.
    »Alles verläuft planmäßig«, flüsterte Hanna mir zu, und Hilde, die scharfe Ohren hatte, sagte stolz: »Das will ich meinen.«
    Als ich ganz fertig war, trat ich zu Alex hinaus in den Garten, wo der Fotograf sein Stativ aufgebaut hatte. Kassandra, ganz in hellem Orange, eine
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