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Die Braut des Ritters

Titel: Die Braut des Ritters
Autoren: Lynsay Sands
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spenden würde.
    Doch daran konnte Paen wohl kaum etwas ändern. Wenn sie schwach oder kränklich war, würde er es noch früh genug feststellen und zudem hinnehmen müssen. Der Ehevertrag war in seinem Namen geschlossen worden, als er ein Kind war. Seine Ehre ließ ihm keine andere Wahl, als zu der Abmachung zu stehen.
    Erst als sein Vater ihn knuffte, merkte Paen, dass seine Braut neben ihm stand und er sie, mit dem Rücken zum Priester, missfällig musterte.
    Die wenig zarte Ermahnung seines Vaters brachte ihn ins Schwanken. Rasch murmelte er eine Begrüßung und lächelte dem Mädchen zu.
    Avelyn schloss die Augen, schlug sie wieder auf und schickte ein stummes Dankgebet gen Himmel, als Paen Gerville sie anlächelte. Einen kurzen, schrecklichen Moment lang hatte sie gefürchtet, dass das grausame Einschnüren und ihr Wangeneinsaugen vergebens gewesen seien. Sie war sicher gewesen, dass er tun würde, was Eunice und deren Brüder prophezeit hatten - dass er sie unverblümt abweisen würde.
    Ihre Knie waren weich und zittrig, und die Angst schien ihr alle Kraft zu rauben. Sie wandte sich nicht sofort dem Priester zu, sondern blickte zu ihrem Verlobten auf.
    Ihre Mutter hatte nicht gelogen, als sie ihn als ansehnlich und stattlich beschrieben hatte. Er war beides. Nicht sein Aussehen war es jedoch, das ihr zuerst auffiel, sondern seine Größe. Er war hochgewachsen, und seine Schultern waren fast so breit wie das Portal der Kapelle hinter ihm. Und aye, er war attraktiv. Viel wichtiger war ihr allerdings, dass er offenbar ein freundliches Wesen hatte. Denn obgleich seine Miene verraten hatte, dass Avelyn ihn enttäuschte, bedachte er sie nun mit einem Lächeln, das ihr zusicherte, er werde sich dieser Ehe nicht entziehen. Aye. Er war ungemein großherzig, entschied sie und verliebte sich sofort ein klein wenig in ihn dafür, dass er sie nicht rundheraus zurückgestoßen hatte.
    Erst das Räuspern des Priesters riss Avelyn aus ihren Gedanken. Sie wandte sich dem Gottesmann zu. Sein Ausdruck teilte ihr mit, dass er mit der Zeremonie begonnen hatte, während sie ihren Bräutigam begafft hatte. Offenbar erwartete er, dass sie etwas sagte.
    „Iff ffill?“, brachte sie zögernd heraus in der Hoffnung, dass es die gewünschte Antwort sei, und errötete, als die Worte verzerrt herauskamen. Sie musste sich doch von innen auf die Wangen beißen, damit sie nicht hervortraten. Als niemand ihre Aussprache kommentierte, entspannte Avelyn sich und tat einen dringend benötigten Atemzug. Nur gab es leider kaum Luft. Die Menschen, die sich um sie scharten, schienen alle Luft gierig zu verschlingen, sodass keine mehr für Avelyn übrig war. Verzweifelt mühte sie sich, Luft in ihre Brust zu pressen, und griff dabei, ohne es zu merken, nach dem Arm ihres Bräutigams. Nur nicht kopflos werden, sagte sie sich. Plötzlich aber verschwamm das Gesicht des Priesters, und seine Stimme dröhnte seltsam hohl durch ihren Schädel und verhallte in ihren Ohren. Oje, dachte sie unglücklich, das ist gar nicht gut.
    Paens Sorge um die Gesundheit seiner Braut wuchs im Laufe der Zeremonie. Gerade hatte sie seinen Arm ergriffen. Das an sich war noch nicht alarmierend, doch dass sie ihn so verzweifelt umklammert hielt, war es sehr wohl. Zudem war er sicher, dass sie leicht schwankte. Und als es an ihr war, das Jawort zu sprechen, klang sie atemlos und matt.
    Beklommen beobachtete er sie. Und zwar so eingehend, dass er zunächst nicht wusste, weshalb ihm sein Vater einmal mehr den Ellbogen in die Seite stieß und ihn ins Wanken brachte.
    „Ihr dürft die Braut nun küssen.“ Wie der Priester es betonte, ließ darauf schließen, dass er es nicht zum ersten Mal sagte.
    Paen wandte sich seiner Braut zu und runzelte die Stirn. Sie atmete in raschen, flachen Zügen, ja keuchte fast und war furchtbar blass. Diese Ehe, argwöhnte er, würde dank der offenbar schlechten Verfassung der Frau wohl nur von kurzer Dauer sein. Er neigte sich vor, um seine Gemahlin zu küssen. Sie schmeckte nach Honigmet, ihre Lippen waren weich und warm und ... verschwunden?
    Als die umstehende Menge wie im Chor aufkeuchte, schlug Paen verdutzt die Augen auf - gerade rechtzeitig, um seine niedersinkende Braut aufzufangen. Sie war in Ohnmacht gefallen.
    Er starrte seine besinnungslose Gemahlin an, teils entsetzt, teils gebannt, weil sie in der Tat ausnehmend hübsch war - mehr als nur ausnehmend hübsch, nun da sie ohnmächtig war und sich nicht mehr von innen auf die Wangen biss.
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