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Die Braut des Normannen

Die Braut des Normannen

Titel: Die Braut des Normannen
Autoren: Julie Garwood
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eingehend musterte. »Wie lange dienst du schon in dieser Familie?«
    »Beinah zwanzig Jahre«, antwortete Hacon und fügte mit einem gewissen Stolz hinzu: »Und ich bin immer sehr gut und gerecht behandelt worden, Baron. Sie gaben mir das Gefühl, genauso wichtig zu sein wie einer der ihren.«
    »Und nach zwanzig Jahren guter und gerechter Behandlung verrätst du jetzt deine Herrin?« Er schüttelte mißbilligend den Kopf. »Mit deiner Loyalität ist es offenbar nicht weit her, Hacon, und ich denke, daß man sich auf dein Wort kaum verlassen kann.«
    Royce verschwendete keine Minute mehr an den Diener und schritt entschlossen auf die Burg zu. Er stieß seine eilfertigen Männer beiseite, um die Tür zu öffnen.
    Man bedeutete Hacon, sich den anderen Bediensteten, die in einer Gruppe zusammenstanden, anzuschließen, und überließ es ihm, sich über sein künftiges Schicksal Gedanken zu machen, während Ingelram seinem Herrn und Meister nacheilte.
    Royce suchte alles systematisch ab. Im Erdgeschoß herrschte ein heilloses Durcheinander – überall lagen Schutt und Steine herum. Der lange Tisch war umgestoßen, und die meisten Stühle waren demoliert.
    Die Stiege, die in die oberen Räume führte, war zwar noch so weit intakt, daß man sie benutzen konnte, aber die Stufen waren schlüpfrig von dem Wasser, das von den Mauern tropfte. Es erschien Royce ziemlich gefährlich, da hinaufzuklettern, weil das Geländer teilweise zerbrochen war und sich stark zur Seite neigte. Wenn man hier den Halt verlor, konnte man einen Sturz nicht mehr abfangen.
    Der Anblick des ersten Stockwerkes war ebenso erbärmlich wie der des Erdgeschosses. Der Wind fegte durch ein mannshohes Loch in der hinteren Mauer, und es war bitterkalt in dem langen, dunklen Korridor, auf den die Treppe mündete.
    Sobald Royce die Stufen hinter sich gebracht hatte, stürmte Ingelram an ihm vorbei und zückte kampflustig sein Schwert. Offenbar wollte er seinen Herrn unter allen Umständen vor Überraschungsangriffen beschützen. Die Bodenbretter waren ebenso glatt wie die Stufen. Ingelram rutschte aus und verlor mit dem Gleichgewicht auch sein Schwert und schlitterte auf das klaffende Loch in der Außenmauer zu.
    Royce packte ihn am Genick und riß ihn in die andere Richtung. Ingelram prallte dumpf gegen die Wand und schüttelte sich wie ein nasser Hund, um sein Zittern unter Kontrolle zu bekommen. Dann hob er sein Schwert auf und hetzte seinem Herrn erneut hinterher.
    Royce runzelte die Stirn. Er war verärgert über seinen ungeschickten Gefolgsmann und die kümmerlichen Versuche, ihm Deckung zu bieten. Er selbst hielt es nicht für nötig, sein Schwert zu ziehen, als er durch den Flur ging. Die erste Tür, die gegen ungebetene Eindringlinge verriegelt war, brach er ohne große Mühe auf und betrat den Raum.
    Es war ein Schlafzimmer, in dem sechs Kerzen brannten. Niemand außer einer Dienerin, die in einer Ecke kauerte, befand sich in dem Raum.
    »Wer bewohnt dieses Zimmer?« wollte Royce wissen.
    »Lady Nichola«, lautete die geflüsterte Antwort.
    Royce nahm sich Zeit, alles genauestens zu inspizieren. Er war ziemlich überrascht, daß die Einrichtung so karg und alles so ordentlich war, da er sich nicht vorstellen konnte, daß eine Frau in der Lage war, ohne eine Unmenge von Krimskrams auszukommen. Seine Erfahrungen mit Frauen beschränkten sich auf seine drei Schwestern, aber das erschien ihm genug, um solche Schlußfolgerungen zu ziehen. Trotzdem standen in Mistress Nicholas Zimmer keine unnötigen Dinge herum. Die burgunderroten Vorhänge, die das große Bett umgaben, waren zurückgezogen. An der gegenüberliegenden Wand befand sich der Kamin, und eine altmodische Truhe aus edlem rötlichen Holz stand in einer Ecke.
    Kein einziges Kleidungsstück hing an den Haken. Royce, der keinerlei Aufschlüsse in diesem Raum erhielt, wandte sich zum Gehen. Aber die Tür wurde von seinem Gefolgsmann blockiert. Ein grimmiger Blick ließ ihn jedoch zur Seite weichen.
    Die zweite Tür war ebenfalls von innen verriegelt, und noch während sich Royce bereitmachte, auch diese aufzubrechen, wurde sie von einer jungen Dienerin geöffnet. Ihr sommersprossiges Gesicht war von Angst gezeichnet. Sie versuchte, in einen Knicks zu versinken, hielt aber mitten in der Bewegung inne, als sie das Gesicht des Eindringlings sah. Sie stieß einen schrillen Schrei aus und floh quer durch den großen Raum in einen düsteren Winkel.
    Das Zimmer war von Kerzenlicht erhellt. In der Nähe des
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