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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007
Autoren: Richard Dübell
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Schulter auf T. G. Pietro biss die Zähne zusammen und folgte dem Blick nicht. Es wurde immer schwerer, die Armbrust ruhig zu halten. Bandini grinste T. G. zu.
    »Ich mache es«, sagte er. Dann zuckte die Armbrust eine Handbreit herum und löste mit dem üblichen Knall aus; Pietro riss den Kopf zur Seite und hörte etwas an seinem Ohr vorbei in die Luft schnellen. Er fuhr herum. T. G. lag bereits auf dem Boden. Seine Hände und Füße zuckten noch, aber so, wie der Bolzen mitten in seiner Stirn steckte, konnte es keinen Zweifel geben, dass er tot war. Er hatte die Armbrust noch ausgelöst, aber getroffen hatte er nicht mehr. Der Bolzen, der an Pietros Ohr vorbeigeschwirrt war, fiel weit draußen ins Wasser und versank, ohne dass es jemand zur Kenntnis genommen hätte. Pietro wirbelte wieder zurück zu Bandini, der seine leer geschossene Armbrust hatte sinken lassen und ihn über den Bolzen in Pietros Armbrust hinweg musterte. Pietro senkte seine Waffe und stellte fest, dass das noch schwieriger war, als sie kurz zuvor ruhig zu halten. Er atmete so heftig wie nach einem meilenlangen Lauf.
    Bandini trat zur Seite und gab den Blick auf Lorenzos zusammengesunkene Gestalt frei. Er nickte Buonarotti zu. »Unsereiner ist hart im Nehmen«, sagte er und berührte mit seiner verstümmelten Hand die Augenklappe. »Nun zeig du uns mal, wie gut du wirklich bist.«

Epilog
    D ie Fähre glänzte wie ein Schmuckstück. Das frisch geschnittene Holz leuchtete gegen den schlammig-grünen Hintergrund des Stroms, der noch genügend Material von der Schneeschmelze in den Bergen und von den Verlagerungen von Landmasse, die er im Winter regelmäßig vornahm, mit sich führte. Das obere Gierseil führte von einem massiven Holzgestell auf dieser Seite in Hüfthöhe über den Strom, senkte sich in der Mitte bis fast zur Wasseroberfläche und endete drüben um den Stamm einer mächtigen Platane. Das untere Gierseil schnappte in der Strömung und ließ Wasserfontänen aufspritzen. Darüber tanzten Bachstelzen und Schwalben auf und ab und fingen Insekten. Die Luft war voll von Vogelgesang, dem Duft der Erde und des Stroms und dem Versprechen auf die Wärme eines frühen Frühlingstages voller Sonne.
    Magdalena stapfte den ausgetretenen Weg am Damm entlang nach unten. Er war hier flacher als an vielen anderen Stellen, und dort, wo die Fähre landete, hatte sich eine Art halbkreisförmiger Landzunge gebildet, auf der ein Bretterverschlag stand. Auch der Bretterverschlag sah neu aus. Beim Näherkommen hatte Magdalena eine Hütte bemerkt, die auf der anderen Seite des Damms zwischen Bäumen stand und unbewohnt gewirkt hätte, wäre nicht ein schmaler Pfad durch die Bäume bis zu ihr gegangen, der neu gerodet aussah.
    Der Fährmann hockte am Ufer und flocht an einem Netz herum. Es sah nicht so aus, als habe er darin allzu viel Geschicklichkeit, aber seine Finger bewegten sich unverdrossen. Er schien ihre Schritte gehört zu haben, denn plötzlich stand er auf und drehte sich um. Seine Bewegung wirkte steif und ungelenk. Magdalenas Herzschlag stieg in ihre Kehle.
    »Setzt du mich über, Fährmann?«, fragte sie und bemühte sich, ihre Stimme fröhlich klingen zu lassen.
    Der Fährmann lächelte. »Natürlich«, sagte er. »Soll’s gleich sein, oder wollen wir warten, bis noch jemand kommt und ihr euch den Obolus teilen könnt …« Seine Stimme brach ab. Er stierte sie an.
    »Hallo, Lorenzo«, sagte sie.
    Seine Hände mit dem Netz darin sanken herab. Sie sah, dass seine Haltung leicht schief war, eine Schulter weiter nach unten geneigt als die andere, und dass die zwei letzten Finger seiner linken Hand steif waren. Er war noch magerer geworden, und das kurz geschorene Haar ließ ihn kleiner aussehen. Der Junge, der immer aus seinem Gesicht geblickt hatte, hatte sich zurückgezogen, aber wenn man sich anstrengte, konnte man ihn noch sehen. In Magdalenas Geist zuckten und hallten die Schwingungen, die von ihm kamen, doch sie bemühte sich krampfhaft, sie zu ignorieren. Sie wollte nicht in seine Seele schauen, nur in seine Augen; sie wollte nicht in seinem Herzen lesen, sondern seiner Stimme lauschen.
    »Ich hätte dich beinahe nicht erkannt«, sagte er. Er trat an sie heran – nicht nahe genug, um sie zu berühren – und hinkte um sie herum. »Das lange Haar … der Kittel … das Kleid …« Er machte eine hilflose Handbewegung.
    »Ich habe das Kloster verlassen«, sagte sie.
    Er nickte langsam.
    »Ich habe eine Stelle als Magd im Haus eines
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