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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sehen?«
    »Selbstverständlich. Chirurgische Klinik, Zimmer zweihundertsechsunddreißig.«
    »Und Bert Schumacher?«
    »Leider nein.«
    »Was wird mit ihm?«
    »Das entscheidet die Staatsanwaltschaft. Sie wird prüfen, ob eine Anklage wegen Mordes oder Totschlags erhoben werden kann.«
    »Aber sie wollten doch nur aus Liebe zueinander sterben.«
    »Sicherlich. Das ist äußerst romantisch. Aber es bleibt ein Mordversuch.«
    »Aber es ist doch nichts geschehen.«
    »Zunächst ist Ihre Tochter verwundet worden. Das ist schon mal Körperverletzung. Dann ist auf sie geschossen worden … das genügt allein zur Anklage. Es geht um den Vorsatz, und der ist erwiesen.«
    Dr. Whitefield nickte mehrmals. Er legte seine kleinen schwarzen Hände auf Mariannes eiskalte Finger.
    »Man wird ihn freisprechen … oder verurteilen mit Bewährung. Glauben Sie mir. Und keiner wird später mehr daran denken. Sie werden nach deutschem Geld über zwei Millionen haben. Da vergißt man schnell solche Dummheiten.«
    Vom Präsidium fuhren sie zur Universitätsklinik. Der Stationsarzt war bereits telefonisch von der Kriminalpolizei von ihrem Besuch unterrichtet. Sie wurden vorgelassen.
    Er grüßte durch ein Nicken, und das geläufige ›gnädige Frau‹ schob er beiseite und sagte: »Frau Koeberle, Ihre Tochter schläft gerade.«
    »Ich möchte sie trotzdem sehen.«
    »Wie Sie wollen. Aber wecken Sie sie nicht. Sie braucht Ruhe.«
    »Wer weiß das besser als ich.«
    *
    Harriet-Rose schlief tief und mit gleichmäßigen, ruhigen Atemzügen. Um den Kopf trug sie einen dünnen Verband, der nur an der Schläfe etwas dicker durch die Mull-Lagen war. Vorsichtig beugte sich Marianne über sie und küßte sie auf die geschlossenen Augen und den zusammengepreßten Mund. Harriet seufzte im Schlaf und wandte den Kopf weg.
    Dann saß Marianne neben dem Bett und wartete. In längeren Abständen sah die Stationsschwester hinein; nach zwei Stunden flüsterte sie Marianne ins Ohr: »Soll ich Ihnen etwas zu trinken bringen?«
    Marianne schüttelte den Kopf. Sie hatte weder Hunger noch Durst, sie empfand weder die Zeit des Wartens noch die Müdigkeit, die in ihr hochkroch. Einmal mußte sie eingenickt sein, denn die Berührung einer Hand ließ sie aufschrecken. Der Stationsarzt machte seine Abendvisite.
    »Verzeihen Sie, Doktor«, sagte Marianne leise.
    »Am besten gehen Sie nach Hause. Sie kann bis morgen durchschlafen. Es ist ein heilsamer Schlaf.«
    »Wenn ich bleiben kann –« Marianne sah den Arzt bittend an. »Ich möchte da sein, wenn sie erwacht. Sie soll keinen Fremden sehen, wenn sie zurückkehrt. Bitte –«
    Der Stationsarzt nickte Marianne zu und verließ leise wieder das Zimmer.
    In der Nacht wachte Harriet-Rose auf. Ihr erster Blick fiel auf Marianne, die neben ihr saß und ihre Hände hielt.
    »Mutti –«, sagte sie schwach. »O Mutti –«
    »Ich bin bei dir, Liebling.« Marianne strich ihr über die schweißnasse Stirn. »Ich bin immer bei dir … Schlaf weiter.«
    »Verzeih mir, Mutti –«
    »Natürlich, mein Liebling.«
    »Kannst du mich verstehen?«
    »Ja, ich kann dich jetzt verstehen.«
    »Und du bist nicht böse?«
    »Nein, mein Liebling, nein. Ich bin dir nicht böse.«
    »Was macht Bert?«
    »Es geht ihm gut.«
    Harriet-Rose lächelte schwach. Sie wandte den Kopf und sah auf einen riesigen Blumenstrauß.
    »Siehst du den, Mutti?«
    »Ja. Von Bert?«
    »Nein. Von seinen Eltern.«
    »Von Herrn Schumacher …«
    »Und von ihr … Berts Mutter.« Harriets Gesicht war glücklich. »Sie hat dort, wo du sitzt, gesessen und geweint. Und sie hat ›Mein Töchterchen‹ zu mir gesagt.«
    Mariannes Miene wurde hart. Sie kannte Erika Schumacher seit Jahren. Morgen wird sie wieder vorbei sein, diese weiche Welle, dachte sie.
    »Schlaf jetzt«, sagte sie mit gezwungener Milde. »Du mußt schnell wieder gesund werden.«
    Harriet nickte. Sie starrte an die weiße Decke, an der sich der Lichtkreis der Tischlampe abzeichnete.
    Marianne sah sie die ganze Nacht über an, und sie wußte, daß sie ohne Harriet hätte nicht mehr leben können.
    Es kam zu keinem Prozeß.
    Ernst Pachtner und Arnold Schumacher wuchsen in diesen Tagen zu einer fast brüderlichen Freundschaft zusammen. Nur waren ihre Motive verschiedene. Pachtner scheute den Skandal um seine männerverschleißende Tochter, Schumacher kämpfte um die Ehre seines Sohnes und um den endlich erreichten Frieden in seiner Ehe.
    Sie boten die besten Anwälte und Psychiater auf, sie bombardierten die
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