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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zucken durch Harriets Körper, sie warf den Kopf zurück und starrte Jesus Abraham an.
    »Und ich?« schrie sie fast.
    »Du?« Dr. Whitefield hob beide Hände. »Danke Gott, daß du in Germany lebst – sie hätten dich mit zertreten.«
    Ohne ein Wort zu sagen, ging Harriet aus dem Zimmer. Marianne wollte ihr nachgehen, aber Dr. Whitefield hielt sie fest.
    »Nicht, lassen Sie, Mrs. Koeberle.«
    »Sie kennen Harriet nicht. Das ist ein Schock, den sie nicht so schnell überwindet.«
    »Wenn sie ist wie Bob … dann sie wird um so härter sein.«
    »Nicht Harriet. Sie ist ein merkwürdiges Kind. Wildheit und Weltschmerz wohnen bei ihr dicht beieinander. Bitte, lassen Sie mich los.«
    Dr. Whitefield hielt noch immer ihre Hand fest. Dabei schüttelte er den Kopf. Auch als die Außentür zuklappte, hielt er Marianne noch fest.
    »Sie wird allein fertig mit sich, glauben Sie mir. Shirers Tochter … das ist ein besonderer Schlag. Herumlaufen wird sie jetzt, alles verfluchen, ganze Welt möchte sie töten … aber dann ist vorbei bald alles.« Jesus Abraham öffnete den ersten Schnellhefter. »Wichtig ist Testament. Shirer hat alles vermacht Ihnen und Harriet. Es wären runde siebenhunderttausend Dollar.«
    »Wären?« Marianne setzt sich wieder. Ich muß zu Harriet, dachte sie immer nur. Ich muß ihr nach. Ich darf sie jetzt nicht alleinlassen.
    »Fünfhunderttausend Dollar gehen ab als Entschädigung für Policemanwitwe. Erkläre ich später. Rest geht weg als Erbschaftssteuer. Bleiben knapp 10.000 Dollar. Das alles von Harry Bob Shirer, was ist übriggeblieben, von seinem Leben und seinem Schaffen.« Dr. Whitefield hob die Schultern. »Wir leben in einem freien Land, Mrs. Koeberle.«
    »Er hat einen Polizisten umgebracht?«
    »In Notwehr, und weil dieser Policeman Shirers Mami erschlug. Aber Mami Shirer war eine Negerin und der Policeman ein Weißer. Klar doch, daß Policeman recht hat, nicht wahr? Bei uns in Birmingham hat Gesetzbuch weiße Seiten, wenn gegen Schwarze verhandelt wird. Ich kann's nicht ändern, und selbst Präsident kann es nicht. Ist verrückt die Welt, Mrs. Koeberle.«
    Marianne sprang auf. »Entschuldigen Sie mich, Dr. Whitefield. Ich muß nach Harriet sehen. Ich habe Angst, ich habe eine wahnsinnige Angst.«
    Sie lief hinaus. Harriet stand oben an der Straße. Bert Schumachers weißer Sportwagen hielt an der Abzweigung des Weges zum Bungalow. Er war früher aus Heidelberg zurückgekommen und hatte ein Nachmittagskolleg geschwänzt. Jetzt stand er vor Harriet und hatte sie umarmt. Harriets dunkler Kopf lag an seiner Brust. Man sah, daß sie heftig weinte.
    »Wer ist das?« fragte Jesus Abraham, der Marianne lautlos gefolgt war.
    »Harriets Verlobter.«
    »Dann alles okay! Sie keine Dummheit macht.«
    Marianne seufzte auf. Die unverhoffte Rückkehr Berts war eine Erlösung. Sie sahen, wie Bert die Autotür öffnete und Harriet vorsichtig, als sei sie zerbrechlich wie dünnes Glas, in den Wagen schob. Dann ging er um den Kühler herum und stieg auch ein. Mit einer Staubfahne sauste der weiße Wagen davon, zurück nach Heidelberg.
    »Das ist gut«, sagte Dr. Whitefield. »Er sie trösten wird. Wir haben Zeit nun, alles durchzusprechen. Erbe, Auszahlung, Klage gegen Staat Alabama wegen einbehaltener Entschädigung von 500.000 Dollar, Klage beim Obersten Gericht wegen Mord an Bob und Mami. Viel zu tun, Mrs. Koeberle.«
    »Muß … muß das alles sein, Dr. Whitefield?«
    »Ja.«
    »Hat es überhaupt Sinn?«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wir müssen sein – wie sagt man – Vortrupp. Wir müssen schreien: Gerechtigkeit für uns Neger! Darf ein Weißer einfach einen Neger erschlagen, ohne Strafe? Wir müssen aufwecken ganze Presse der Welt! Wir müssen rufen … rufen … rufen …«
    »Es wird sinnlos sein.«
    »Es wird bleiben immer sinnlos, wenn nicht einer einmal anfängt mit Schreien. Und ich werde es tun.« Dr. Whitefield strich sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Harry war mein Freund, Mrs. Koeberle … wie einen Bruder liebte ich ihn. Mit ihm hat man geschlagen auch mich und alle Menschen mit dunkler Farbe. Und außerdem es sind für Sie fünfhunderttausend Dollar. Geben Sie mir Vollmacht für Prozeß um Gerechtigkeit und Menschenwürde – – –«
    *
    Weit außerhalb Heidelbergs, an einem verfilzten Wald, der hinunterging bis fast zum Neckar, hielten sie an.
    Harriet hatte den Kopf zurückgeworfen und auf die Lehne des Sitzes gelegt. Sie starrte mit leblosen Augen gegen die
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