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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Aber was willst denn du –«
    »Das kann ich dir nicht auf dem Flur erklären.«
    »Aber nein. Bitte, komm 'rein.«
    Eduard Koeberle trat zur Seite. Marianne ging an ihm vorbei und blieb in der kleinen Diele stehen. Sie sah sich um. Vier Türen.
    »Warum gehst du nicht weiter?« fragte Koeberle. In seiner Stimme schwang noch immer die Verblüffung.
    »Verzeih … aber ich kenne diese Wohnung nicht. Ich bin ja zum erstenmal hier. Das letzte Mal sahen wir uns vor zehn Jahren. Damals hattest du noch nicht –«
    »Bitte.« Koeberle ging voraus und stieß die Tür zum Wohnzimmer auf. Ein großer, sonnendurchfluteter Raum. Wertvolle Möbel, dicke Orientteppiche, genau auf die Farben von Teppich und Polster abgestimmte Gardinen. Die Visitenkarte eines guten Innenarchitekten, nicht des Bewohners. Als Koeberle einzog, stand schon alles an seinem Platz, und so war es auch stehengeblieben.
    »Schön hast du es hier«, sagte Marianne. »Man sieht, es geht dir gut.«
    »Man arbeitet dafür auch hart.« Eduard Koeberle sah Marianne fragend an. Sie ist kaum älter geworden, dachte er. Sie hat noch die blonden Haare wie damals, die schlanke Figur, die schönen Beine. Nur um die Augen hat sie kleine Fältchen bekommen. Krähenfüße nennt man das wohl. Und die Augen sind härter geworden, ernster, undurchdringlicher. Wie alt ist sie denn jetzt? Wenn man sich nicht irrt … sechsunddreißig. Wie die Zeit vergeht … sie fliegt einem weg wie ein Hut im Herbstwind.
    »Bitte, nimm Platz«, sagte er. »Darf ich dir etwas anbieten? Einen Fruchtsaft, den habe ich hier. Auch einen leichten Wein. Kaffee kocht meine Sekretärin … ich kann uns eine Kanne herüberbringen lassen.«
    »Danke.« Marianne setzte sich in einen der tiefen Sessel. »Du lebst nach wie vor allein?«
    »Ja.«
    »War es so schlimm mit unserer Ehe, daß du nie mehr einen vielleicht besseren Versuch machen wolltest?«
    Eduard Koeberle steckte die Hände in die Hosentaschen. Sie waren ihm im Weg, und außerdem zitterten sie leise vor innerer Erregung.
    »Warum bist du nach Würzburg gekommen? Doch nicht, um mit mir Konversation zu treiben. Du lebst doch jetzt in Heidelberg, nicht wahr? Chefsekretärin in einer Möbelfabrik.«
    »Ja. Es geht mir gut.«
    »Das freut mich.«
    Sie sahen sich an, und beide wußten, daß etwas Großes, etwas Elementares im Raum war und auf sie zukam.
    »Ich brauche deine Hilfe«, sagte Marianne. Ihre Stimme war wieder belegt. – »Auf einmal?«
    »Kein Geld. Das wäre lächerlich. Ich brauche deine menschliche Hilfe. Ich … ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Es gibt keinen Menschen außer dir, der weiß, was einmal gewesen ist. Und wenn du es auch nie verstanden hast … du bist so etwas wie ein Mitwisser geworden.«
    »Mitwisser. Wie das klingt. Wie eine kriminelle Sache. Im übrigen weiß ich noch immer nicht, was dich nach zehn Jahren zu mir führt?«
    »Du warst einmal mein Mann –«
    »Knapp ein Jahr«, sagte Koeberle steif.
    »Ich trage noch immer deinen Namen –«
    »Das ist eben so ein dummes Gesetz. Eines der Gesetze, die ich nicht begreife, weil sie sinnlos sind.«
    »Du mußt zugeben, daß du mich geliebt hast.«
    »Bitte – lassen wir das.« Koeberle ging zu der Hausbar und klappte die Tür herunter. Die Bar war wohlsortiert, die Gläser hatte der Innenarchitekt auch ausgesucht. Koeberle goß sich einen Kognak ein und hob die Flasche über seinen Rücken zu Marianne. »Auch einen?«
    »Danke. Wenn du hast … ein Cola.«
    »Bitte.«
    Er goß ein Glas voll und stellte es vor Marianne auf die gläserne Tischplatte. Dann prostete er kurz und stürzte den Kognak hinunter.
    »Was sollen diese langen Einleitungen? Was ist?«
    »Rose ist aus Konstanz weggelaufen.«
    Eduard Koeberle setzte das Glas hart auf die Spiegelplatte der Bar zurück. Er zog das Kinn an und wölbte die Unterlippe vor.
    »Das schlechte Blut läßt sich eben nicht verleugnen«, sagte er sarkastisch. Marianne senkte den Kopf und faltete die Hände. Sie war darauf vorbereitet gewesen, als sie nach Würzburg fuhr, aber es war doch wie ein Schlag, der ihr ganzes Gesicht brennen ließ.
    »Sie muß erfahren haben, daß sie keine Waise ist, sondern noch eine Mutter hat. Da ist sie fort. Keiner weiß, warum und was sie jetzt vorhat. Sie ist kein Mädchen, das planlos etwas tut. Die Heimleiterin hat mich angerufen. Ich soll nach Konstanz kommen. Aber bevor ich dorthin fahre, wollte ich noch –«
    Sie schwieg. Koeberle räusperte sich und fuhr mit dem Finger
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