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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans
Autoren: Uwe Klausner
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Klausurpforte zu.
    Zurück blieb ein konsternierter Bibliothekarius, der die Augen schloss, den Kopf in den Nacken legte und ihn mit der Hand abstützte. Als er sie wieder öffnete, entdeckte er wie zufällig die Leidenswerkzeuge, die auf den Schlusssteinen des Gewölbes abgebildet waren. Schwamm, Lanze und Geißel – trefflicher hätte man seine Situation nicht umschreiben können.
    Sekunden später jedoch, als er erkannte, welch lästerliche Gedanken er gehegt hatte, richtete Bruder Hilpert den Blick nach vorn, rückte Tunika und Skapulier zurecht und verließ eilig den Raum.
    »Dein Wille geschehe«, murmelte er, während er seinen Schritt beschleunigte und den Weg zur Klausurpforte einschlug. »Wie im Himmel, so auf Erden.«

Nach dem Kapitel
     
    [Paradies, 9:55 h]
     
    Worin Bruder Hilpert zum Retter des Bauernmädchens Mechthild wird.
     
    »Da vorne – los, hinterher! « Halb tot vor Angst, rang die sechzehnjährige Dienstmagd nach Luft, schlüpfte durchs innere Tor und schob hastig den Riegel vor.
    Dann atmete sie erleichtert auf. Ihr Glück, dass der Hilfspförtner nicht abgeschlossen hatte. Sonst wäre es zum Äußersten gekommen, und sie, Mechthild, der blindwütigen Rotte hilflos ausgeliefert gewesen.
    Gerettet.
    Fürs Erste jedenfalls.
    So einfach, wie sie sich das gedacht hatte, lagen die Dinge allerdings nicht. Zum einen waren ihr die mit Knüppeln, Äxten und Mistgabeln bewaffneten Dorfbewohner immer noch auf den Fersen. Und dann waren da noch die gelehrten Fratres, und wie gerade sie darauf reagieren würden, dass sich eine Frau in ihre Gefilde gewagt hatte, stand in den Sternen.
    Dennoch hatte sie keine andere Wahl. In der Kirche, unter dem Schutz der Muttergottes, würde niemand wagen, ihr ein Haar zu krümmen.
    Oder etwa doch?
    Kaum hatte Mechthild das Portal erreicht, brandeten ihre Verfolger auch schon gegen das Tor. Es hagelte Flüche und wüste Beschimpfungen, und die Tatsache, dass der Pförtner den Sehschlitz aufriss und ihnen mit Hölle, Pest und Fegefeuer drohte, änderte nicht das Geringste daran. Im Gegenteil. Einmal richtig in Fahrt, versuchte der Mob, das Tor einzutreten, und als dies nicht fruchtete, flogen die ersten Steine. Nicht mehr lange, und der Bruder Pförtner würde klein beigeben. Was dann passieren würde, wollte sie sich lieber nicht ausmalen.
    Die Hände gegen die mächtigen, mit Zierbeschlägen und bemaltem Pergament bespannten Torflügel aus Tannenholz gestemmt, rang das junge Bauernmädchen nach Luft. Nun war guter Rat teuer. Wenn ihr nicht bald jemand zu Hilfe kam, würden sie die Häcker, Kärrner und Knechte, niemand anderes also als ihre Nachbarn, wie ein Rudel Wölfe in Stücke reißen. Mitleidlos, rachsüchtig und ohne Gnade. Der Tatsache, dass dies hier heiliger Boden war, zum Trotz.
    Und dann war es auch schon passiert. In einem Anfall von Heroismus schob der Bruder Pförtner den Riegel zurück, sperrte das Tor auf und stellte sich der Rotte in den Weg. Doch er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Stimmung war aufgeheizt, die Dörfler in Rage und die Situation derart außer Kontrolle, dass niemand, nicht einmal die Obrigkeit in Gestalt des Portarius, die entfesselte Rotte zu bremsen vermochte. Scheinbar unaufhaltsam rollte die Lawine aus schreiendem, Knüppel schwingendem und nach Blut lechzendem Mordgesindel auf das Paradies zu, in das sich Mechthild in ihrer Not geflüchtet hatte.
    Da half nur noch Beten. Oder, besser noch, ein Wunder.
    Bereit, sich in ihr Schicksal zu fügen, riss Mechthild den Arm hoch, wandte sich ab und schloss die Augen. Jeden Moment würden die ersten Schläge auf sie niederprasseln, man würde sie umstoßen, mit Füßen treten und an den Haaren hinaus in den Hof ziehen. Um sie dann, wenn der erste Zorn verraucht war, nach allen Regeln der Kunst zu Tode zu martern.
    Doch nichts von alldem geschah, und der Lärm, der die Vorhalle erfüllte, ebbte auf einen Schlag ab.
    Mechthild öffnete die Augen und wandte sich der Phalanx ihrer Verfolger zu. Keiner unter ihnen, den sie nicht kannte, mit dem sie nicht gesprochen, gescherzt oder gefeiert hatte.
    Und jetzt dies.
    Das rotblonde, blauäugige und mit Abstand hübscheste Mädchen im Dorf prallte zurück. Das waren nicht mehr die Gesichter, die sie kannte. Das war eine entfesselte, nach Blut gierende Meute, die, wäre der Pulk von Mönchen nicht gewesen, der sich soeben in den Arkadengang ergoss, jeden Moment über sie hergefallen wäre.
    Damit war die Gefahr jedoch noch nicht
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