Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Bourne-Identität

Titel: Die Bourne-Identität
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
Wasser verbringen, auch nachts. Nicht unter komfortablen Umständen wie ein Passagier, sondern harten Bedingungen ausgesetzt -je härter, desto besser.«
    »Wieder ein Test?«
    »Jeder Test, den ich in Port Noir arrangieren kann, ist mir recht. Wenn ich hier einen Sturm und einen kleinen Schiffbruch heraufbeschwören könnte, würde ich das für Sie tun. Andererseits ist Lamouche selbst so etwas wie ein Sturm; er ist ein schwieriger Mann. Sobald die Schwellung an seinem Bein zurückgegangen ist, wird er über Ihre Anwesenheit verärgert sein. Andere werden auch so reagieren. Sie müssen für jemanden einspringen.«
    »Danke für Ihre Bemühung.«
    »Gern geschehen. Wir kombinieren hier zwei StreßSituationen. Wenigstens ein oder zwei Nächte auf dem Wasser, wenn Lamouche seinen Zeitplan einhält - das ist die feindliche Umgebung, die zu Ihrer Hysterie beigetragen hat -, und schließlich werden Sie der Ablehnung und dem Argwohn Ihrer Umgebung ausgesetzt sein - symbolisch für die ursprüngliche Streß-Situation.«
    »Noch einmal vielen Dank. Angenommen, die beschließen, mich über Bord zu werfen?«
    »Oh, dazu wird es nicht kommen«, sagte Washburn und runzelte die Stirn.
    »Ich bin froh, daß Sie so zuversichtlich sind. Ich wünschte, ich wäre es auch.«
    »Das können Sie sein. Sie genießen den Schutz meiner Anwesenheit. Ich bin zwar weder Christiaan Barnard noch Michael De Bakey, aber diese Leute brauchen mich; die riskieren nicht, mich zu verlieren.«
    »Sie wollen doch hier weg, denke ich, und ich bin Ihr Reisepaß.«
    »Auf eine Art und Weise, die niemand durchschaut, mein lieber Patient. Los jetzt! Lamouche möchte, daß Sie zum Hafen hinuntergehen, damit Sie sich mit seinen Geräten vertraut machen können. Sie beginnen morgen früh um vier Uhr. Denken Sie immer daran, wie nützlich eine Woche auf See sein wird. Betrachten Sie es als Kreuzfahrt.«
    Eine Kreuzfahrt wie diese hatte es noch nie gegeben. Der Skipper des schmutzigen, öldurchtränkten Fischerboots war die übellaunige Kopie eines unbedeutenden Captain Bligh; die Mannschaft ein Quartett von Tunichtguten - ohne Zweifel die einzigen Männer in ganz Port Noir, die bereit waren, Claude Lamouche zu ertragen. Eigentlich gehörte noch ein fünftes Mitglied zur Mannschaft, der Bruder des zweiten Mannes an Bord. Diese Tatsache wurde dem Mann, den man Jean-Pierre nannte, binnen weniger Minuten nach Verlassen des Hafens um vier Uhr morgens klargemacht.
    »Du nimmst meinem Bruder die Arbeit weg!« fauchte der Fischer ärgerlich, während er an seiner Zigarette paffte, die unbeweglich in seinem Mundwinkel hing.
    »Es ist ja nur für eine Woche«, entgegnete Jean-Pierre. Es wäre leichter gewesen - viel leichter - anzubieten, den jetzt arbeitslos gewordenen Bruder mit Washburns monatlichem Taschengeld zu entschädigen, aber der Arzt und sein Patient waren übereingekommen, solche Kompromisse zu unterlassen.
    »Hoffentlich kannst du wenigstens mit den Netzen umgehen.«
    Er verstand nichts davon.
    In den nächsten 72 Stunden gab es Augenblicke, in denen der Mann namens Jean-Pierre dachte, er müsse doch auf die letzte Alternative zurückgreifen und sich mit Geld Ruhe verschaffen. Unablässig hackte man auf ihm herum, selbst während der Nacht - besonders dann. Als er an Deck auf der schmutzigen Matratze lag, hatte er das Gefühl, als wären Augen auf ihn gerichtet, die nur darauf warteten, daß er einschlief.
    »Du! Übernimm die Wache! Der Maat ist krank. Du mußt ihn vertreten.«
    »Steh auf! Philippe schreibt seine Memoiren. Er darf nicht gestört werden.«
    »Aufstehen! Du hast heute nachmittag ein Netz zerrissen. Wir zahlen nicht für deine Dummheit. Darüber sind wir uns einig. Flicke es jetzt.«
    Die Netze: Wenn für eine Seite zwei Männer benötigt wurden, so nahmen seine zwei Arme die Stelle von vier ein. Wenn er neben einem Mann arbeitete, dann ließ der die Last plötzlich los, und das ganze Gewicht ruhte auf ihm. Oder jemand stieß ihn mit der Schulter so an, daß er gegen die Schiffswand prallte und beinahe über Bord gefallen wäre.
    Und Lamouche: ein hinkender Wahnsinniger, der jede Seemeile an der Zahl der Fische maß, die er verloren hatte. Seine Stimme klang wie ein schnarrendes Nebelhorn. Er sprach nie jemanden an, ohne irgendeinen obszönen Ausdruck vor den Namen zu setzen, eine Angewohnheit, die den Patienten in zunehmendem Maße wütender machte. Aber Lamouche rührte Washburns Patienten nicht an; er schickte dem Arzt nur auf seine Weise
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher