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Die Bourne-Identität

Titel: Die Bourne-Identität
Autoren: Robert Ludlum
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zurück.
    »Weiter!« flüsterte der Mann.
    Der Arzt sah seinem Patienten fest in die Augen. »Kommen wir zurück zum Kopf, den wir mit dem Etikett >Gehirn< versehen haben. Das physische Gehirn besitzt Millionen und Abermillionen von Zellen. Sie haben die Fachbücher gelesen. Der geringste Eingriff kann dramatische Folgen mit sich bringen. Und das ist Ihnen widerfahren. Der Schaden war physischer Natur. Es ist gerade so, als wären Blöcke neu angeordnet worden, als wäre die physische Struktur verändert worden.« Wieder hielt Washburn inne.
    »Und?« drängte der Mann.
    »Der geringer werdende psychische Druck wird zulassen -läßt bereits zu -, daß Ihnen Ihre Fertigkeiten und Talente zurückgegeben werden. Aber ich glaube nicht, daß Sie jemals imstande sein werden, sie mit irgend etwas in Ihrer Vergangenheit in Verbindung zu bringen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil die Zellen im Gehirn, die jene Erinnerungen ermöglichen, verändert worden sind. Sie sind jetzt in dem Maße neu angeordnet, daß sie nicht mehr so funktionieren können, wie sie das einmal taten. Sie sind praktisch zerstört worden.«
    Der Mann saß wie gelähmt da. »Die Antwort liegt in Zürich«, sagte er.
    »Noch nicht. Sie sind noch nicht soweit. Noch sind Sie nicht stark genug.«
    »Das werde ich aber sein.«
    »Ja, das werden Sie.«
    Die Wochen verstrichen; die Wortübungen dauerten an, die Zahl der beschriebenen Seiten auf dem Block des Arztes wurde immer größer, und schließlich kehrten die Kräfte des Mannes zurück. Es war an einem Morgen der neunzehnten Woche, der Tag war freundlich, und das Mittelmeer lag ruhig da und glänzte. Der Mann war die letzte Stunde, so wie er sich das angewöhnt hatte, am Wasser entlanggelaufen und dann die Hügel hinauf. Er hatte die Strecke inzwischen auf über zwölf Meilen pro Tag ausgedehnt, sein Tempo täglich gesteigert und immer seltener Ruhepausen eingelegt. Jetzt saß er auf dem Stuhl am Schlafzimmerfenster und atmete schwer. Schweiß tränkte sein Unterhemd. Er war durch die Hintertür hereingekommen und durch den finsteren Gang, der am Wohnzimmer vorbeiführte, ins Schlafzimmer gelangt. Es war einfach bequemer so; das Wohnzimmer diente Washburn als Wartezimmer, und da saßen noch ein paar Patienten, die versorgt werden mußten. Sie wirkten verstört und dachten wohl darüber nach, wie der Zustand von le docteur an diesem Morgen sein mochte. Tatsächlich war es nicht so schlimm. Geoffrey Washburn trank zwar immer noch wie ein wilder Kosak, aber in diesen Tagen hatte er sich immerhin einigermaßen unter Kontrolle. Es war, als hätte sich in den Tiefen seines eigenen zerstörerischen Fatalismus ein Rest an Hoffnung gefunden. Und der Mann ohne Gedächtnis begriff: jene Hoffnung hing mit einer Bank in der Züricher Bahnhofstraße zusammen. Warum erinnerte er sich eigentlich so leicht an diese Straße?
    Die Schlafzimmertür öffnete sich, und der Arzt platzte herein, sein weißer Kittel mit Blut beschmiert.
    »Ich hab' es geschafft!« sagte er grinsend, und in seinen Worten klang Triumph. »Ich sollte eine Agentur für Arbeitsvermittlung aufmachen und von den Provisionen leben. Das wäre ein regelmäßigeres Einkommen.«
    »Wovon reden Sie eigentlich?«
    »Wir waren uns doch einig; es ist genau das, was Sie brauchen. Sie müssen nach außen hin in Erscheinung treten, und seit zwei Minuten ist Monsieur Jean-Pierre Namenlos gegen Bezahlung angestellt! Zumindest auf eine Woche.«
    »Wie haben Sie das fertiggebracht? Ich dachte, es gäbe keine freien Stellen.«
    »Als ich gerade eben Lamouches infiziertes Bein behandelte, erklärte ich ihm, daß mein Vorrat an lokalen Betäubungsmitteln verdammt gering sei. Wir feilschten; Sie waren das Handelsobjekt.«
    »Eine Woche?«
    »Wenn Sie gut sind, behält er Sie vielleicht.« Washburn hielt inne. »Obwohl das eigentlich gar nicht so schrecklich wichtig ist, oder?«
    »Ich bezweifle, ob überhaupt irgend etwas davon wichtig ist. Vor einem Monat vielleicht, aber jetzt nicht mehr. Ich habe Ihnen ja gesagt, daß ich bereit bin, von hier wegzugehen. Ich hätte gedacht, daß Sie das auch wollen. Ich habe eine Verabredung in Zürich.«
    »Und ich würde es vorziehen, wenn Sie bei dieser Verabredung so fit wären wie nur irgend möglich. Meine Interessen sind höchst egoistisch. Ich kann nicht zulassen, daß Sie einen Rückfall erleiden.«
    »Ich bin bereit.«
    »Oberflächlich vielleicht. Aber glauben Sie mir, es ist für Sie lebenswichtig, daß Sie längere Zeit auf dem
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