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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dann im BGA durchgerungen habt, Ende '85, endlich festzulegen, daß die Produktsterilisierung zur Pflicht gemacht wird, da ging's gleich rund. Und wer war der erste, der sich voll Verständnis der Klagen des Blutkartells annahm? Doch ein gewisser Regierungsdirektor Bernhard Hampel – stimmt's?«
    Hampel hielt die Lider geschlossen. Auf seiner Stirn glänzten feine Schweißperlen. Sonst war er nichts als eine Masse stummen Fleischs und Fetts. Gut, die Masse atmete, der Bauch bewegte sich in heftigem Auf und Ab; die dünnen, weißen Haare waren ihm auch ziemlich durcheinander geraten, als er hektisch die Finger durchschob. Auch die Schmutzstreifen und das geronnene Blut an seinem Kinn gab es noch …
    Rio betrachtete ihn mit wachsendem Ekel.
    »Aufwachen, Hampel! Sie wollten doch wissen, warum ich Sie nachher erschießen werde. Oder wollen wir's gleich hinter uns bringen?«
    Der Regierungsdirektor fuhr hoch. Seine Augen waren nichts als zwei kreisrunde Öffnungen in einem kantigen, schweißigen, blassen Gesicht.
    Entsetzen stand darin.
    »Da sind wir ja nun wieder«, sagte Rio und gab der Pistole einen Schubs. »Bernhard Hampel, der operative Kopf all dieser Abwehrschlachten. Und gut plaziert im BGA. Nicht der Maulwurf, eher schon die Spinne im Netz … Könnte man es nicht so definieren?«
    »Sie – Sie irren sich …«
    »Das tun alle, die was herausfinden und kritisieren. Das ist seit ewigen Zeiten so … Aber nochmals zum Thema, sonst verlier' ich den Faden: Sie waren ja nun wirklich Ihr Geld wert, Hampel. Mein Gott, für die paar Beraterverträge, die eine oder andere Vergnügungsreise – zum Beispiel nach ›Can Rosada‹ auf Mallorca – was haben Sie sich da ins Zeug gelegt! In Ihren Klausurtagungen, in den Memos, in den ›Aufklärungsgesprächen‹, den Symposien der ›Betroffenen-Kreise‹ – ›Gefahrenquote eins zu einer Million‹, war die Devise, nicht wahr? Alles andere nichts als maßlose, durch die Sensationshascherei der Presse gekennzeichnete Übertreibung. Und, wie hieß das so schön in einem Ihrer Rundschreiben: ›In dieser Panikmache sehe ich nichts anderes als einen Ausdruck des unersättlichen Erwerbstriebs unverantwortlicher Medien …‹ Fein gesagt! So sahen Sie's halt. Die Perspektive Hampel …«
    »Das lief vollkommen anders. Und wenn Sie schon von Entscheidungen reden … Entscheidungsträger war doch nicht ich, das war der Präsident.«
    »Und Sie sein kleiner goldener Mann im Ohr, stimmt's? – Natürlich, der Herr Präsident, wer sonst? Nicht Ihre Kompetenz, die der anderen. So läuft's immer. Und Ihr Herr Präsident, der war nun mal meistens etwas schwer zu haben. Der schwirrte rum … Ob Genf, Paris, London, die USA oder Ferner Osten, er war halt immer auf Reisen. Wie nanntet Ihr ihn im BGA so schön? ›Mister Überall‹ … Aber eigentlich war's auch ganz praktisch, stimmt's? Mit einem ›Überall‹ im Kreuz kann man sich so ziemlich alles leisten.«
    Hampels dicke Finger kneteten hilflos den Hosenstoff an seinen Knien. Rio betrachtete ihn wieder. Er fühlte nun keinen Haß mehr – und auch die erste, fast sadistische Lust, endlich das zu sagen, was er monatelang in sich herumgetragen hatte, der Wunsch, es auch noch dort anzubringen, wo es hingehörte, war verklungen. Er fühlte nur noch Widerwillen – auch gegen sich, gegen die Tatsache, daß er hier saß, bei dem hilflosen Versuch, durch all dieses Fett in ein Gehirn durchzudringen, das ihn ohnehin nicht verstand, weil ihm längst jede menschliche Regung, jeder Funken von dem, was überall als ›Moral‹ beschworen wird, abhanden gekommen war.
    Schlußakt! dachte Rio, während er die bläulichen, krampfhaft geschlossenen Lider Hampels betrachtete. Früher, dachte er, als du mit deinen Interviews versucht hast, hartleibige Ganoven zu knacken, war's auch nicht einfach. Der aber hier, der schlägt alles! Trotzdem, knack ihn. Jawohl: Schlußakt. Finale! Laß die Puppen nochmals tanzen …
    »Haben Sie ein bißchen Phantasie, Hampel? Ich meine, außer der Phantasie, die es braucht, um bei Ihren Industriefreunden ein Gutachterhonorar oder einen Beratervertrag herauszukitzeln …«
    »Sie behandeln mich wie einen Lumpen … Von was reden Sie eigentlich?«
    »Reden wir zum Beispiel vom Thema Verantwortung, Hampel. Stellen Sie sich mal vor, Sie würden in einer dieser wunderschönen Talk-Shows sitzen, und der Moderator würde ankündigen: Und hier, meine Damen und Herren, unser Überraschungsgast – Herr Regierungsdirektor
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