Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
die Geschichte gehört?«
    Alaric Lindir. Die Lindirs waren eine stolze und reiche Familie, entfernt verwandt mit der Aillard-Familie der Comyn . Tatsächlich waren sie zu hoch geboren, als daß Kindra hätte behaupten können, einen davon zu kennen. Sie waren von dem alten Blut der Hastur-Sippe.
    »Ja, sie sind stolze Leute«, hauchte die Frau. »Der Name meiner Mutter war Kyria, und sie war eine jüngere Schwester von Dom Lewis Ardais – nicht der Lord von Ardais, sondern sein jüngerer Bruder. Aber trotzdem war sie hoch genug geboren, daß sie in aller Eile mit Alaric Lindir verheiratet wurde, als sich herausstellte, daß sie von einem der Hastur-Lords von Thendara schwanger war. Und mein Vater – der Mann, den ich immer für meinen Vater gehalten hatte – war stolz auf seine rothaarige Tochter. Während meiner ganzen Kinderzeit hörte ich, wie stolz er auf mich sei, denn ich würde in die Comyn einheiraten oder in einen der Türme gehen und eine mächtige Zauberin oder Bewahrerin werden. Und dann – dann kamen Narbengesicht und seine Bande, und sie plünderten die Burg und führten ein paar von den Frauen weg, nur so aus einer plötzlichen Laune heraus. Als Narbengesicht entdeckte, wer sich unter seinen Gefangenen befand – nun, da war der Schaden schon geschehen, aber trotzdem schickte er zu meinem Vater um Lösegeld. Und mein Vater, dieser besagte Dom Alaric, der nicht genug stolze Worte für seine rothaarige Tochter finden konnte, die seinem Ehrgeiz durch eine Heirat mit einem Comyn -Mann förderlich sein sollte, mein Vater …« Sie würgte, dann spie sie die Worte aus: »Er schickte die Botschaft, wenn Narbengesicht mich unberührt zurückgeben könne, dann wolle er einen hohen Preis für mich geben, aber wenn nicht, dann werde er nichts zahlen. Denn wenn ich … verdorben, vergewaltigt sei, dann sei ich ihm nicht länger von Nutzen, und Narbengesicht könne mich hängen oder einem seiner Männer geben, ganz wie er Lust habe.«
    »Heiliger Lastenträger!« flüsterte. Annelys. »Und dieser Mann hatte dich als sein eigenes Kind aufgezogen?«
    »Ja – und ich hatte geglaubt, er liebe mich.« Kindra schloß schaudernd die Augen. Zu deutlich sah sie den Mann vor sich, der die Bastardtochter seiner Frau mit Freuden großgezogen hatte – aber nur solange, wie sie seinem Ehrgeiz nützlich sein konnte!
    In Annelys’ Augen standen Tränen. »Wie schrecklich! Oh, wie kann irgendein Mann …«
    »Ich glaube heute, daß jeder Mann so handeln wurde«, erklärte das Mädchen. »Denn Narbengesicht war so zornig über die Weigerung meines Vaters, daß er mich einem seiner Männer als Spielzeug gab, und ihr könnt sehen, wie er mich benutzt hat. Diesen einen habe ich des Nachts im Schlaf getötet, als er glaubte, er habe mich endlich durch Schläge unterworfen. So konnte ich fliehen. Ich ging zurück zu meiner Mutter, und sie nahm mich mit Tränen und mit Mitleid auf, aber ich las in ihren Gedanken, daß ihre größte Furcht war, ich könne Narbengesichts Bastard tragen. Sie hatte Angst, mein Vater werde zu ihr sagen: Wie die Mutter, so die Tochter , und meine Schande werde die alte Geschichte ihrer eigenen zu neuem Leben erwecken. Und ich konnte meiner Mutter nicht verzeihen – daß sie fortfuhr, jenen Mann zu lieben und bei ihm blieb, der mich von sich gestoßen und mich einem solchen Schicksal überantwortet hatte. Und so suchte ich eine Leronis auf, die sich meiner erbarmte – oder vielleicht wollte auch sie nur sicher sein, daß ich meinem Comyn -Blut keine Schande machte, indem ich eine Hure oder eine Räuberbraut wurde –, und sie machte mich emmasca , wie ihr seht. Und ich trat bei Brydars Männern in Dienst, und so errang ich mir meine Rache …«
    Annelys weinte, aber das Mädchen lag mit steinernem Gesicht da. Ihre Ruhe war erschreckender als Hysterie. Sie war an einem Ort jenseits der Tränen angelangt, wo Leid und Befriedigung zu einem geworden waren, und dies Eine trug das Gesicht des Todes.
    Kindra sagte leise: »Du bist jetzt sicher, niemand wird dir ein Leid tun. Aber du darfst nicht mehr sprechen, du bist müde und vom Blutverlust geschwächt. Komm, trink den Rest Wein aus und schlafe, mein Mädchen.« Sie stützte ihr den Kopf, während sie trank, und das Entsetzen schüttelte sie. Doch in all dem Entsetzen empfand sie auch Bewunderung. Zerbrochen, geschlagen, vergewaltigt hatte dies Mädchen die Freiheit gewonnen, indem sie einen ihrer Peiniger tötete, und dann hatte sie die Verstoßung durch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher