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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam
Autoren: Linda Belago
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müde. »Ja, aber der kommt nur alle paar Wochen.«
    »Aber du weißt, in welcher Kirche er tätig ist?«
    »Ja, er hat es mal erwähnt.«
    »Prima.« Tante Dela stand auf und zupfte sich ihren Morgenrock zurecht. »Kinder, aufstehen und anziehen! Wir gehen in die Kirche.«
    Karini starrte Tante Dela an. Ein Blick in die Runde zeigte ihr, dass die anderen Mädchen nicht weniger überrascht waren.
    Zwei Stunden später betraten mitten in der Morgenandacht fünf frivol gekleidete Damen eine kleine Kirche im Amsterdamer Stadtteil Czaar Peterbuurt. Dem Pastor auf der Kanzel blieben hörbar die Worte im Halse stecken, als Tante Dela sich mit den Mädchen in die hinteren Bänke des Gotteshauses setzte und Johanne ihm auch noch neckisch zuwinkte. Dieser Auftritt verwirrte den armen Mann offensichtlich so, dass er seine Andacht kürzer ausfallen ließ als gewöhnlich, was die wenigen Besucher zum Murren brachte, die er dann nach dem letzten Amen auch noch schnell aus dem Haus jagte. Dann stürmte er mit zornigem Gesicht auf die Frauen zu, die sich ebenfalls erhoben hatten, sich jedoch nicht anschickten, die Kirche zu verlassen. Bevor er aber seiner Empörung Luft machen konnte, hob Tante Dela die Hand.
    »Guter Mann, ich kann verstehen, dass unsere Anwesenheit Sie nicht sonderlich erfreut, aber wir sind nicht hier, um Sie bloßzustellen, keine Sorge. Sie werden der Gemeinde unsere Anwesenheit schon irgendwie erklären können, vielleicht sind wir auch einfach Schäfchen auf der Suche nach Gott …«, sie grinste kurz, dann aber wurde ihr Ton wieder ernst. »Wir brauchen einen Geistlichen, der eine Trauung vollziehen kann unter, nennen wir es, etwas außergewöhnlichen und dringlichen Umständen.« Tante Dela sah den Mann eindringlich an, dessen Kopf so hochrot war, dass Karini befürchtete, er könnte gleich platzen. »Sollten wir keinen Geistlichen finden, befürchte ich, unsere Johanne hier könnte zum Glauben finden wollen und zukünftig des Öfteren den Drang nach Gottes Nähe verspüren.«
    Der Priester ließ die Schultern hängen, und Karini beobachtete fasziniert, wie das Rot aus seinem Gesicht wich und einer fahlen Blässe Platz machte. »Wo soll die Trauung stattfinden?«, stieß er schließlich stockend hervor.
    »Auf der Polizeistation am Hafen. In zwei Stunden.« Tante Dela wirkte zufrieden, sie drehte sich auf dem Absatz um und verließ, gefolgt von den Mädchen, die Kirche. Kichernd machten sie sich auf den Weg zurück zu Tante Delas Herberge.
    Bei Karini hingegen wollte nicht so recht eine fröhliche Stimmung aufkommen. Sie war beeindruckt von Tante Delas Vorstellung, eine Sorge aber blieb. »Was ist, wenn … wenn Henry mich gar nicht heiraten will?«, sagte sie mitten in das Geschnatter der anderen.
    Tante Dela legte ihr den Arm um die Schultern. »Ach Kindchen, so wie er sich gestern gefreut hat, brauchst du dir darüber doch keine Sorgen zu machen.« Sie klatschte in die Hände. »Was für ein Tag heute, jetzt wird auch noch geheiratet!«
    Tante Dela hatte sich ihr prächtigstes Kleid angezogen und sah plötzlich nicht mehr aus wie eine Herbergsmutter, sondern wie eine feine Dame der gehobenen Amsterdamer Gesellschaft. Karini staunte, dagegen fühlte sie sich fast schon schäbig. Beke hatte ihr eines ihrer seidenen Kleider geliehen, dessen heller Stoff sich schön von Karinis dunkler Haut absetzte. Ein paar der dünnen Schühchen hatten sie ihr auch übergezogen, aber Karini fühlte sich nicht wohl in dieser Verkleidung. Tante Dela ließ ihr keine Wahl. »Das muss, Kind, das muss. Und jetzt machen wir den Jungs mal Dampf in dem Laden«, sagte sie, bevor sie schnurstracks auf die Polizeistation zusteuerte.
    Die Polizisten der Station am Hafen staunten nicht schlecht, als gegen späten Mittag fünf Damen und ein rotgesichtiger Priester durch die Tür traten.
    »Mijnheern«, Tante Dela schob Karini vor sich, »meine Nichte wünscht, ihren Verlobten zu sehen. Und zwar sofort. Denn diebeiden werden jetzt heiraten. In Anbetracht dessen, was dem jungen Mann bevorsteht, haben Sie doch sicher nichts dagegen, dass er das schwangere Mädchen noch zur Frau nimmt. Wo bitte müssen wir entlang?«
    Die Polizisten warfen sich kurz erstaunte Blicke zu, waren aber so überrascht, dass sie die Gruppe ohne Widerrede zu Henrys Zelle führten.
    »Karini!« Henry sprang bei ihrem Anblick sofort von der kleinen Holzpritsche auf und blickte dann verwundert auf die seltsame Versammlung vor seiner Zelle.
    »Henry«, Tante Dela
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