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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam
Autoren: Linda Belago
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warf ihm einen eindringlichen Blick zu, »ich gehe davon aus, dass du meine Nichte heiratest, bevor …« Tante Dela betonte jedes Wort einzeln und zeigte dann mit einer vorwurfsvollen Geste auf Karinis Bauch.
    Die Mädchen hatten bei der Wölbung mit einem Baumwolltuch nachgeholfen, denn in Wirklichkeit sah man von Karinis Schwangerschaft noch nicht viel.
    Henry starrte Tante Dela verblüfft an. Er zögerte einen Moment, sagte dann aber: »Ja, natürlich, natürlich … wie könnte ich das Mädchen im Stich lassen?«, und grinste über das ganze Gesicht.
    »Gut«, Tante Dela gab dem Priester einen Stups, »los, fangen Sie an.«
    Kurze Zeit später durfte Karini ihren Mann als Braut küssen – durch das Gitter einer Zelle in einer Amsterdamer Polizeistation.

Kapitel 27
    A m 10. Mai des Jahres 1881 wurde der Gefangene Henry Leevken in Begleitung seiner Frau Karini auf das Schiff Travenvoorst gebracht und dort der Aufsicht des Kapitäns unterstellt.
    Es war schon ein seltsames Abschiedskomitee, das sich am Hafen eingefunden hatte. Drei Freudenmädchen und eine gediegene ältere Dame winkten mit weißen Taschentüchern und putzten sich nebenbei mit diesen auch immer wieder die Nasen. Karini winkte von der Reling aus zurück. Henry nickte nur, man hatte ihm die Handfesseln nicht abgenommen.
    Kaum war die Travenvoorst abervon Amsterdam aus über den Noordhollands Kanaal bei Den Helder in die Nordsee gelangt, trat der Kapitän an Henry heran und sagte lachend: »Na Bursche, wegschwimmen wirst du mir ja wohl nicht.« Er nahm Henry die Handfesseln ab und wünschte ihm eine gute Reise.
    Karini war ungemein erleichtert über diese bevorzugte Behandlung. Der Kapitän schien ein netter Mann und ein guter Menschenkenner zu sein. Henry und Karini durften sich ab diesem Tag frei auf dem Schiff bewegen. Es waren keine weiteren Passagiere an Bord, das Schiff brachte Fässer mit Backeljau nach Surinam. Dieser beliebte Trockenfisch wurde dort gerne und häufig gekauft, allerdings verbreitete er einen strengen Duft, weshalb das Handelsschiff als Passagierboot ungeeignet war. Henry und Karini störte der Geruch nicht, im Gegenteil. Für sie roch es nach Heimat, und die sehnten sie sich jetzt schnellstmöglich herbei. Was auch immer Henry in Surinam erwartete, Karini würde zuihm halten. Immer und immer wieder sprachen sie auf der Reise über die verhängnisvolle Nacht auf Watervreede. Da aber weder Karini noch Henry wirklich zugegen gewesen waren, fanden sie keine Erklärung für die Vorgänge. Eines jedoch war sicher, und darin waren sie sich einig: Pieter hatte bekommen, was er verdient hatte.
    Das Meer war ruhig und der Wind stand günstig. Sie kamen gut voran und der Kapitän teilte ihnen eines Tages mit, dass sie in ungefähr drei Wochen die Kolonie erreichen würden, so Gott wolle.
    In Paramaribo wartete derweil Julie sehnsüchtig auf die Heimkehr ihres Sohnes.
    »Wir haben Ihren Sohn gefunden, er wird nun zurück in die Kolonie gebracht. Man erwartet seine Ankunft in etwa zwei Wochen.« Ein Beamter des Gerichts war mit dieser Nachricht zum Stadthaus gekommen.
    Julie bedankte sich für die Mitteilung und schloss nachdenklich die Tür hinter dem Mann. »In zwei Wochen? Wie konnte der Mann das so schnell wissen?« Julie war verblüfft.
    Thijs Marwijk faltete seelenruhig seine Zeitung zusammen. »Ich denke, man hat es der Verwaltung telegrafiert«, sagte er amüsiert.
    Julie wusste nicht, wovon er sprach. »Was heißt das?«
    »Juliette«, Marwijk lachte. »Sie sollten sich des Öfteren mal Zeitungen auf Ihre Plantage liefern lassen! Telegrafie ist das Kommunikationsmittel der Zukunft. Man hat dazu doch ein langes Kabel von England bis nach New York gelegt!«
    »Durch das Meer?«
    »Ja«, erklärte er weiter, »durch das Meer. Damit können jetzt per Morsezeichen Nachrichten von einem Kontinent zum anderen übermittelt werden. Und wenn die Nachrichten in New York ankommen, können sie per Brief weitergeschickt werden, was,wie man sieht, deutlich schneller geht, als die Nachrichten über den ganzen Atlantik zu verschiffen. Die Handelsschifffahrt entlang der Küsten ist ja inzwischen sehr ausgereift.«
    Julie war beeindruckt. Und die Nachricht von Henrys baldiger Ankunft freute sie, wenngleich sie auch sehr beunruhigt war. Seit Wochen waren sie nun schon in Paramaribo und warteten darauf, dass sich die Dinge bei Gericht weiterentwickelten. Dort aber wartete man auf Henrys Ankunft und währenddessen durften sie alle die Stadt nicht
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