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Die Bismarcks

Die Bismarcks

Titel: Die Bismarcks
Autoren: Jochen Thies
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Nachfolgers, König Friedrich Wilhelm II. , blieb er einflussreich und wurde Geheimer Kriegsrat. Im Verlauf des Krieges gegen Frankreich warfen Hofkreise dem liberal gesinnten, aus Helmstedt stammenden Mann Sympathien für die Jakobiner vor. Mencken fiel ihn Ungnade und verlor für einige Zeit seine Ämter. Nach dem Frieden von Basel reaktivierte ihn der König jedoch und beauftragte ihn mit Strukturreformen in der Finanzverwaltung im Süden von Preußen. Alle Anregungen Menckens wurden jedoch im Staatsapparat erstickt. Der neue König Friedrich Wilhelm III. holte Mencken an die Spitze seines Kabinetts zurück. Der große preußische Reformer Freiherr vom und zum Stein hat später anerkannt, dass der geistreiche, gebildete Mann der einzige redliche Ratgeber des Königs gewesen sei und mit liberalen und menschenfreundlichen Grundsätzen das Wohl des Vaterlandes befördert habe.
    Die Menckens waren Bürgerliche, aber hierin ein Sonderfall. Dank des Vermögens der Frau waren sie äußerst wohlhabend. So pachtete die Mutter von Wilhelmine Louise 1812 die Krongüter Königs Wusterhausen und Hohenlehne in der Nähe von Berlin, die später an ihren Sohn verkauft wurden. Noch heute steht das Mencken’sche Haus unweit der Alexandrowka in der Potsdamer Eisenhartstraße 9. Sie hatten einen guten Kontakt zum preußischen Königshaus und waren in Potsdam gewissermaßen Nachbarn der Familie des Monarchen, die Kinder spielten miteinander. Wilhelmine Louise Mencken hatte vorübergehend darauf gehofft, Prinz Louis Ferdinand zu heiraten, aber die Verbindung war nicht zustande gekommen.
    Am 8.   Juli 1806 wurden der 34-jährige Ferdinand von Bismarck und die 17-jährige Wilhelmine Louise Mencken in der Potsdamer Garnisonskirche getraut. Es handelte sich um eine arrangierte Verbindung. Ferdinand war es gelungen, seinen Bruder Friedrich und andere Mitbewerber aus dem Feld zu schlagen. Warum sich die schöne Wilhelmine Louise für den stattlichen Mann mit der deutlich geringeren Ausstrahlung entschied, bleibt bis heute ein Geheimnis. Alle persönlichen Papiere der Braut wurden kurz nach der Hochzeit vernichtet.
    Ein alter preußischer Name verband sich nun mit einem Namen aus der Geld- und Geisteselite Preußens, denn zu ihr hatten die Schönhausener Bismarcks bisher nicht gehört. Doch diese aus Geld und Geist bestehende Mitgift nützte Wilhelmine nichts. Als Bürgerliche stieß sie bei den Bismarcks zeitlebens auf Vorbehalte und wurde mit der Familie nicht recht warm. Sie hatte der alten Junkerfamilie, wie man zu sagen pflegte, »den Stammbaum verdorben«. Wilhelmine und Ferdinand hatten zusammen insgesamt sechs Kinder. Drei starben früh, Otto von Bismarck war das vierte Kind. Bernhard, der fast fünf Jahre ältere Bruder, lebte bis 1893, die 1827 geborene Malwine überlebte ihren Bruder Otto um zehn Jahre und starb 1908.
    Jugendjahre
    Otto von Bismarck kam am 1.   April 1815 auf dem väterlichen Gut Schönhausen zur Welt. Einen Tag später versuchte Napoleon I. mit einem Manifest an die Völker Europas, jenes Kontinentalimperium wiederherzustellen, das an der Elbe geendet hatte, unweit der Bismarck’schen Besitzungen. Der Flüchtling von Elba war gerade in Paris eingetroffen. Beim Wiener Kongress wurden einige Monate später die Uhren zurückgedreht und eine rückwärtsgewandte Karte von Europa entworfen, die Bismarcks Leben als Politiker prägen sollte. Als er ging, sah die politische Landschaft des Kontinents ganz anders aus.
    Am 2.   April 1815 erschien in der in Berlin publizierten Spenerschen Zeitung die folgende Anzeige: »Die gestern erfolgte Entbindung meiner Frau von einem gesunden Sohne verfehle ich nicht, allen Bekannten und Freunden unter Verbittung des Glückwunsches bekannt zu machen. Schönhausen, den 2.   April 1815. Ferdinand von Bismarck.« 8 Bereits ein Jahr später siedelten die Bismarcks auf das in Pommern gelegene Gut Kniephof um, das Ottos Vater von einer Nebenlinie erworben hatte. Fortan wuchs der Junge im Umfeld seiner Vorfahren auf, in Schlössern, umgeben von alten Möbeln und Bildern, kostbarem Porzellan und Tafelsilber, der Tagesablauf geregelt durch das Personal, die Mahlzeiten, das Spielen im Freien, gelegentliche Kirchenbesuche, Familienfeste und Dorffeiern. Derartiges vergisst ein Kind nicht.
    Aus dieser Idylle wurde der Junge eines Tages herausgerissen. Im Januar 1822, im Alter von sechs Jahren, musste Otto von Bismarck sein Zuhause verlassen. »Ich bin meinem Elternhaus in frühester Kindheit
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