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Die Bienenkönigin

Titel: Die Bienenkönigin
Autoren: Aufbau
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ich mich an jeden einzelnen köstlichen Moment. Was für ein großartiger Traum!
     Ich schreibe ihn umgehend nieder, um nichts zu vergessen. Dieser
muss
greifbar sein, um wieder und wieder nachgelesen zu werden.
    ***
    Ich halte es keine Sekunde länger aus. Ich muss sehen, wo Priscilla wohnt. Ein Ausflug nach New York wird in Angriff genommen,
     aber noch ein wenig aufgeschoben wegen der Unentschlossenheit, was die Garderobe betrifft. Stunden werden damit verbracht,
     ein Kleid nach dem anderen anzuprobieren. Rowena sitzt stumm dabei und nickt zustimmend oder schüttelt den Kopf: abgelehnt.
     Mir fällt die Entscheidung auch deswegen schwer, weil ich nicht ein Kleid oder Kostüm besitze, das nicht von Talbot persönlich
     ausgewählt wurde, jedes einzelne von höchster Eleganz, aber sexy. Eindeutig. Rowena wird schließlich ungeduldig, und da ich
     merke, dass ich mein Publikum verliere, werfe ich hastig alles, was gerade zur Hand ist, in meinen Koffer, und ab geht es
     im Jet nach New York, um dort umgehend in einer Limousine zum Sutton Place chauffiert zu werden.
    |85| Ich läute an der Tür und werde von Phoebe, Priscillas Haushälterin, ins Wohnzimmer geleitet. Sie hat erstaunliche Augen, schimmernd
     wie grüne Trauben, und mustert mich freundlich, bevor sie mir eröffnet: »Mrs. Bingham hat Sie schon erwartet.« Ich sitze lange
     auf dem Sofa und warte, bis ich schließlich das Klappern von Absätzen auf der Treppe höre. Und plötzlich steht sie vor mir
     – leibhaftig, die verhasste Priscilla – und setzt sich mir gegenüber auf ein identisches Sofa. Es ist, als betrachtete ich
     mich selbst im Spiegel. Wir sind beide völlig gleich gekleidet: chartreusefarbene Wolljacken, marineblaue Röcke, blaue Strümpfe
     und hochhackige Schuhe. Wir haben uns sogar beide den gleich gemusterten Schal von Hermès um den Hals drapiert. Priscilla
     fragt, ob ich einen Tee möchte.
    »Eigentlich möchte ich mir das Haus anschauen.«
    »Aber natürlich – kommen Sie!«
    Priscilla trippelt graziös die Treppe hinauf, die um eine Biegung in einen langen Flur führt. Ich kann mich nicht zurückhalten
     und sage: »Zuerst das Schlafzimmer, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Aber natürlich – wir sind ja bereits auf dem Weg. Ich wusste, dass Sie daran zuvorderst interessiert sein würden …«
    Sie führt mich in ein Zimmer mit Ausblick über den East River. Als Erstes sehe ich den Sessel. Es ist genau der gleiche, den
     wir in unserem Wohnzimmer in Akeru haben. Talbot hat ihn entworfen, bezogen ist er mit zimtfarbenem Stoff, gemustert mit purpurnen
     Quadraten, |86| ausladend, mit gerundeten und ausgepolsterten Armlehnen, die Polsterung weich wie Marshmallows. Ein Sessel, in den ich mich
     für mein Leben gern sinken lasse, um zu lesen. Oft versuchte Talbot, mich dann abzulenken, nahm mir das Buch aus der Hand,
     hob mir den Rock, strich mir über den Venushügel, hörte nicht auf, bis die Honigsahne tropfte, und kniete sich dann vor mich,
     spreizte meine Beine und umkreiste mit dem Finger mit bedächtiger Sorgfalt meinen Kitzler, und als er sich aufrichtete, bettelte
     ich um mehr, und ich wusste genau, der Moment würde kommen, dass er ihn mit der Zunge berührte – und, o Gott, gibt es eine
     schönere Art, sich den Nachmittag zu vertreiben?
    Priscilla nimmt wahr, dass ich den Stuhl betrachte, und bemerkt: »Talbot hat den Sessel entworfen, ebenso den Bezug – ich
     sitze oft darin und lese.«
    Ich gehe zum Fenster, schaue hinaus auf den Fluss, wo der Schlepper Tom Tracy vorbeituckert, und versetze mich im Geiste auf
     sein Deck, stelle mir vor, ich sei dort und nicht hier.
    »Wir lieben dieses Haus«, sagt Priscilla, die neben mich getreten ist. »So ein Kontrast zu den anderen Häusern und Anwesen,
     die wir unser Eigen nennen – die Farm in Maryland, das Apartment in London, das Pied-à-terre in Paris, das Cottage in Nantucket
     mit dem herrlichen Meer und dem blauen Himmel.«
    »Wissen Sie, im Moment würde ich dem Tee unbedingt ein Glas Sherry vorziehen.«
    |87| »Aber natürlich, den lassen wir uns in der Bibliothek servieren.« Ich folge ihr, und dann sitzen wir einander abermals gegenüber.
     Phoebe, den Blick höflich abgewandt, bringt uns stumm eine Kristallglaskaraffe Sherry und die dazugehörigen Gläser auf einem
     Silbertablett, das sie auf dem Couchtisch abstellt.
    Meine Hand zittert, als ich sie nach dem Glas ausstrecke, das Priscilla mir reichen will. Ich öffne meine Tasche und nehme
     einen Umschlag
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