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Die Bibel

Die Bibel

Titel: Die Bibel
Autoren: Christian Nürnberger
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die Welt mit ihrer Weisheit am Ende zu sein. Die «Weisen» der Welt wissen nicht, wie die demnächst fünfzehn Milliarden auf diesem Planeten lebenden Menschen zu ernähren sein werden. Sie wissen nicht, wie eine Welt ohne Terror und Krieg zu schaffen ist. Sie wissen nicht, wie das Problem der Arbeitslosigkeit zu lösen ist. Nur eines wissen sie: wie man mit U N-Debatten , Gipfeltreffen, Sitzungen des U N-Sicherheitsrats , Konferenzen der G- 8-Staaten und Beschlüssen der E U-Kommission Betriebsamkeit zeigt, überlegen in die Kameras lächelt und mit sonorer Stimme der Weltöffentlichkeit vortäuscht, alles im Griff zu haben.
    Die Welt bräuchte jetzt dringend die Weisheit der Kirche. Weil die Menschen dies spüren, weil sie nach einer Alternative zum alternativlos sich gebärdenden Totalkapitalismus suchen, wenden sie sich wieder den Religionen zu, aber auch allerlei Fundamentalismen, Sekten und obskuren Vereinigungen – eigentlich eine gewaltige Chance und Herausforderung für die Kirche.
    Leider kann sie die Chance nicht nutzen, denn sie hat nichts, womit sich die Wahrheit ihres Glaubens erweisen ließe. In dieser Situation sieht sich die Kirche drei Versuchungen ausgesetzt, denen zu widerstehen ihr umso schwerer fällt, je mehr Menschen ihr den Rücken kehren und je schneller die Zahl der frei umherirrenden Sinnsucher anwächst.
    Die erste Versuchung besteht in der Rückkehr zu einem Fundamentalismus, der mit neuester Technik, Sacro-Pop und Jugendslang seinen Mangel an intellektueller Redlichkeit vertuscht. Der christliche Primitivglaube neigt überdies dazu, sich mit wohlhabenden Kreisen und politisch konservativen Mächten zu verbünden, um den verloren gegangenen Einfluss auf die Gesellschaft zurückzuerobern. In den USA ist diese Entwicklung schon sehr weit fortgeschritten.
    Der zweiten Versuchung drohen gegenwärtig die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland zu erliegen: Überlebenmit den Mitteln des Marketings. Die dritte Versuchung ist die Kombination beider Versuchungen. Auch dieser Trend zeichnet sich bereits ab.
    Ende der 1990er Jahre sind sich in Deutschland beide Konfessionen ihrer eigenen Ratlosigkeit bewusst geworden und holten sich teuren Rat von Unternehmensberatern: McKinsey im Allerheiligsten. Die Bischöfe, gewarnt von ihren Kämmerern, glaubten, sich mit Hilfe von Fachleuten aus der Wirtschaft gegen die voraussehbaren Sparzwänge wappnen zu können.
    Die Bischöfe wollten von den Beratern lernen, wie man aus einer Mark oder einem Euro mehr herausholt als bisher. Die Berater aber antworteten sofort mit umfassenden Konzepten, die die Außenwahrnehmung der Kirche von Grund auf ändern sollten.
    Sie erklärten den Bischöfen, dass sich die Kirche als handelnder Akteur auf dem Markt der Religionen betrachten müsse, und lehrten sie, wie sich so ein Akteur auf dem Markt zu verhalten habe. Es herrschte damals der Höhepunkt der Aktieneuphorie und der New-Economy-Besoffenheit. Die Bischöfe verstanden von Wirtschaft wenig und von New Technology nicht viel, also kauften sie blind und dachten überdies, da der Rat so teuer ist, müsse er auch gut sein.
    Die Berater rieten: Statt als Volk Gottes solle sich die Kirche jetzt als Unternehmen auf dem Markt der Weltanschauungen und Religionen betrachten. Die über Jahrhunderte verspielte Glaubwürdigkeit solle die Kirche durch Werbung, PR, Events, Medienpräsenz, Corporate Identity, Schärfung ihres Profils und Entwicklung zu einer Marke wettmachen. Das Image einer verstaubten anachronistischen Großorganisation solle sie durch marktkonformes Verhalten abstreifen.
    An die Esoterikkonkurrenz verlorene Marktanteile soll sie durch geschicktes Produktdesign zurückerobern. Ihren christlichen Spezialitätenhandel soll sie zum internationalen Hochtheologiekonzern ausbauen, der auch mal bei der buddhistischen,hinduistischen, taoistischen und islamischen Konkurrenz produzieren lässt, wenn es dem Geschäft dient. Religionspluralismus wird nicht mehr als Problem, sondern als Chance begriffen, denn je mehr Lehren man gelten lässt, desto größer ist die potenzielle Kundschaft.
    Statt zu fragen, was Gott braucht, damit er wieder in der Welt handeln kann, fragen die Berater, was der Mensch braucht, damit er wieder in die Kirche kommt. Statt zu fragen, was Gott will, fragen die Berater, was der Kunde will. Welche neuen Theologien, Gottesdienstformen, Liturgien, Medien, Events locken den modernen Sinnkonsumenten in die Showrooms der Kirchen? Mit neuen
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