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Die Bibel

Die Bibel

Titel: Die Bibel
Autoren: Christian Nürnberger
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Sex und frommen Mummenschanz.
    Das Letzte, was von diesem eigentlich Christlichen noch übrig ist, ist der Zölibat. Weil es wirklich das allerletzte Unterscheidungsmerkmal ist, hält Rom so verzweifelt fest an ihm. Der neue Papst teilt mit dem alten die Überzeugung: Wenn die Kirche dieses Zeichen auch noch aufgibt, sind alle Unterschiede zwischen Kirche und Welt eingeebnet. Dann hat sich die Kirche endgültig selbst aufgegeben.
    Aufbrüche und Protestbewegungen gegen die Verweltlichung der Kirche hat es im Verlauf der Kirchengeschichte immer wieder gegeben. Sie führten der Kirche immer wieder frisches Glaubenskapital zu. Daraus wuchs die Kraft für 1500   Jahre. Aber auch diese Aufbrüche und das gesamte Mönchtum verschlissen sich. Danach musste Luther kommen. Geteilt konnte die Kirche weitere fünfhundert Jahre existieren.
    Sie konnte existieren. Gestalten kann sie schon lange nicht mehr. Die letzte große Chance, gestaltend in die Welt einzugreifen, hätte die Kirche in der ersten Hälfte des letzten Jahrhundertsgehabt. Sie hätte die Nazis möglicherweise verhindern, zumindest von Anfang an bekämpfen können. Sie hätte, als die Nazis, auch dank der Untätigkeit der Kirche, die Macht erobert hatten, mindestens opponieren können. Sie hätte, nachdem sie sogar aufs Opponieren verzichtete, den Fehler noch immer wieder gutmachen und mit dem Gehorsam Abrahams und den christlichen Märtyrern den Kampf auf Leben und Tod gegen das Naziregime wagen können.
    Das sagt sich leicht von einem, der damals noch gar nicht gelebt hat und vielleicht, wenn er schon gelebt hätte, selber ein Nazi gewesen wäre. Das Argument bleibt trotzdem richtig: Opfer und Märtyrer wären vermutlich gar nicht nötig gewesen, wenn die Kirche schon vor Hitler ihre eigene Botschaft ernst genommen und von Anfang an ihre Gegnerschaft zu Nationalismus und Faschismus gezeigt hätte.
    Aber große Teile der Amtskirche und ihrer Mitglieder, besonders der evangelischen, haben nicht nur stillgehalten, sondern den teuflischen Wahnsinn mitgemacht. Viele haben geschwiegen und weggesehen. Einige haben leise widersprochen, wenige laut. Nur ganz wenige haben den Widerstand gewagt. Damals, zwischen 1918 und 1945, wurden in Deutschland die letzten noch vorhandenen Reste kirchlicher Glaubwürdigkeit verspielt. Ein radikaler Neubeginn nach dem Krieg wäre nötig gewesen. Er wurde nicht gewagt.
    Seitdem verdunstet das Christentum in ganz Europa, und ein Blick aus dem Fenster genügt, um zu sehen: Die Juden haben Recht. Da ist nichts mehr, was die Wahrheit des Glaubens der Kirche erweisen könnte.

Volk Gottes oder New Church?
    Am Beginn des 21.   Jahrhunderts scheint das Projekt der Moderne gescheitert. Die Hoffnung, Wahrheit und Orientierung durch Vernunft und Wissenschaft zu finden, ist zerstoben. Die Hoffnung auf das Heil durch Kommunismus und Sozialismus endete im Unheil. Auch der Nationalismus endete im Unheil. Und die Verbindung beider Irrtümer, der Nationalsozialismus, führte in die Hölle.
    Demokratische Sozialisten, Gewerkschafter, Sozialdemokraten und auch Politiker christlicher Parteien wollten, die Zwangsbeglückung vermeidend, durch eine Politik der kleinen Schritte stetig voranschreiten, hin zu den großen Zielen einer humanen Menschheit: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Gerechtigkeit, Frieden und Wohlstand für alle. Es ist noch immer der vernünftigste unter allen gangbaren Wegen, aber auch dieses Projekt der Moderne ist stecken geblieben.
    Kurzzeitig verlagerten sich die Heilserwartungen in den absurden Glauben an Markt und Technik. Aber die von den Propheten der New Economy ausgelöste Massenhysterie hatte eine noch kürzere Halbwertszeit als die der marxistischen Propheten. Und U S-Präsident George W.   Bush lernt, dass sein Programm, andere Völker mit Bomben und Soldaten von den Vorzügen westlicher Demokratie zu überzeugen, nicht zu funktionieren scheint.
    Ein Irrtum war und ist auch der Versuch vieler politisch engagierter Christen, Jesu Bergpredigt zur Richtschnur staatlichen Handelns zu machen. Dafür war die Bergpredigt nie gedacht, dafür taugt sie auch nicht. Sie ist eine Handlungsanleitung für den Aufbau von Gemeinde und Kirche, nicht für den Aufbau von Staaten und Regierungen. Regierungen können nur Gesetze machen. Den Menschen können sie nicht ändern. Die neue Gesellschaft kann nur im Raum der Kirche entstehen und nicht durch Parlamentsbeschlüsse herbeigeführt werden.
    So scheint zu Beginn des 21.   Jahrhunderts
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