Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bibel Verstehen

Die Bibel Verstehen

Titel: Die Bibel Verstehen
Autoren: Anselm Gruen
Vom Netzwerk:
consolatio, bedeutet: mit dem Einsamen sein. Jedes Wort der Heiligen Schrift will Hoffnung schenken, damit wir voll Zuversicht und innerer Freiheit in dieser Welt leben, vertrauensvoll Ausschau haltend nach dem, der unsere Hoffnung allein zu erfüllen vermag.
    In der Bibel findet sich viel Poesie. Es sind wunderbare Erzählungen, Gedichte, Lieder, Mythen und Märchen, die die biblischen Schriftsteller berichten. Es sind unübertroffene Dichtungen, die da überliefert sind. In ihrer Einfachheit bringen sie das Leben des Menschen in seiner Beziehung zu Gott zum Ausdruck. Doch die Bibel ist noch mehr als Menschenwort. Sie ist Gotteswort. Das Wort Gottes fällt allerdings nicht vom Himmel. Es wird durch Menschen aufgeschrieben, die ihre Erfahrungen mit Gott ins Wort bringen. Doch in diesem menschlichen Wort – das glauben Christen – spricht Gott selbst. Da zeigt er authentisch, wie es um den Menschen steht, wer der Mensch und wer Gott ist, wie Gott am Menschen handelt.
    Gott hat zu uns gesprochen. Wir haben sein Wort im Alten und im Neuen Testament. Es sind heilige Schriften, die heilsam sind für unser Leben. Aber ich erlebe immer wieder Menschen, die Angst haben, die Bibel zu lesen. Sie stoßen in ihr ständig auf die Stellen, in denen von Hölle und Verdammung die Rede ist. Anstatt sich zu fragen, was diese Stellen wirklich bedeuten, sind sie so fixiert auf ihre Angst, dass sie meinen, sie würden auf jeden Fall verdammt. Andere lesen die Schrift mit einer Brille, durch die sie in jedem Wort einen Vorwurf an sich selbst sehen.
    Wenn wir mit der falschen Brille die Bibel lesen, wird uns das Studium der Schrift nicht weiterhelfen auf unserem Weg. Im Gegenteil, wir werden die Bibel dazu missbrauchen, unsere unaufgearbeiteten Probleme in die Bibel hineinzuprojizieren. Wir werden dann ständig die Bibel zitieren. Aber wir werden damit nicht den Geist Jesu wiedergeben, sondern den eigenen Ungeist, den wir mit Bibelzitaten rechtfertigen.
     
    Das Wort Gottes ist der Gegner deines Willens, bis es der Urheber deines Heiles wird. Solange du dein eigener Feind bist, ist auch das Wort Gottes dein Feind. Sei dein eigener Freund, dann ist auch das Wort Gottes mit dir im Einklang.
    AUGUSTINUS
     
    Der heilige Augustinus hat uns mit diesen Worten schon vor über 1600 Jahren gezeigt, mit welcher Brille wir die Bibel lesen sollen. Wenn mich ein Wort der Bibel ärgert, dann zeigt es immer, dass ich hier eine falsche Sicht von mir und von Gott habe. Der Ärger ist aber auch eine Herausforderung, an meiner Sichtweise zu arbeiten und mir von der Bibel ein anderes Selbstverständnis schenken zu lassen.
    In Gesprächen höre ich immer wieder, dass sich Menschen mit der Bibel schwer tun. Sie versuchen, sie zu lesen. Aber sie verstehen die Bibel nicht. Es ist für sie eine fremde Welt. Sie brauchen eine Anleitung, wie sie mit der Bibel umgehen sollen. Es kann ihnen helfen, wenn jemand ihnen inhaltliche Anregungen gibt und die Texte auf seine Weise deutet. Aber der Bibelleser soll nicht einfach nachbeten, was andere Ausleger ihm vorsagen. Er soll sich selbst mit den Texten auseinandersetzen. Dabei geht es darum, den Text mit dem eigenen Leben in Verbindung zu bringen
     
    Was sagt der Text zu mir in meiner konkreten Situation?
    Finde ich eine Antwort auf meine Fragen, die mich gerade bewegen?
     
    Jesus provoziert uns gerade in vielen Gleichnissen immer wieder. Er provoziert uns, damit wir genauer hinschauen, worum es wirklich geht in unserem Leben und ob unser Bild von Gott nicht zu eng gefasst ist. Wenn ich mich über Worte Jesu ärgere, kann ich mich fragen, welche Lebensmuster da in mir auftauchen oder an welche Kränkungen aus meiner Kindheit mich diese Worte erinnern oder welche dämonischen Gottesbilder in mir da berührt werden. Dann ist der Ärger ein Anlass, an meinem Selbstbild und Gottesbild zu arbeiten. Das Wort Gottes zu verstehen heißt: sich selbst neu verstehen. Und es heißt: sein eigener Freund werden. Wenn ich mit mir freundlich umgehe, dann ist auch das Wort Gottes mein Freund. Und umgekehrt: Das Wort Gottes will mich dazu einladen, gut mit mir umzugehen, mir selbst zum Freund zu werden. Dann komme ich in Einklang mit dem Wort Gottes, mit mir selbst und mit Gott.
    Gegenüber «fundamentalistischen» Lesern, die die Bibel als Waffe benutzen, gibt es auch «liberale» Leser und Leserinnen, die die Stellen der Bibel, die ihnen nicht passen, am liebsten streichen möchten. Sie stellen sich letztlich über die Bibel. Und sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher