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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff
Autoren: Christopher Moore
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Himmelarsch, ich schreibe über einen Sechsjährigen. Wie erhaben kann er wohl sein? Es war ja nicht so, als wäre Josua herumgelaufen und hätte tagtäglich kundgetan, dass er Gottes Sohn ist. Er war ein ziemlich normaler Junge, größtenteils. Er konnte diesen Trick mit den Eidechsen, und einmal fanden wir eine tote Feldlerche, die er wieder zum Leben erweckte, und dann kam diese Zeit, als wir acht waren und er den gebrochenen Schädel seines Bruders Judas heilte, nachdem unser Spiel »Steinigt die Ehebrecherin« etwas aus dem Ruder gelaufen war. (Judas hatte es nie drauf, eine Ehebrecherin zu spielen. Er stand nur da, starr wie Lots Frau. Das kann man nicht machen. Eine Ehebrecherin muss verschlagen und gehetzt wirken.) Die Wunder, die Josua tat, waren still und leise, wie Wunder es für gewöhnlich sind, wenn man sich erst daran gewöhnt. Schwierigkeiten aber gab es eher durch die Wunder, die um ihn herum geschahen, ohne dass er es wollte. Brot und Schlangen fallen einem da ein.
    Es war ein paar Tage vor dem Passahfest, doch viele der in Nazareth ansässigen Familien pilgerten in jenem Jahr nicht nach Jerusalem. Es hatte im Winter kaum geregnet, und somit würde es ein schweres Jahr werden. Viele Bauern konnten es sich nicht erlauben, lange ihren Feldern fern zu bleiben, um in die heilige Stadt und wieder zurück zu reisen. Unsere Väter - Josuas und meiner - arbeiteten beide in Sephoris, und die Römer wollten ihnen über das eigentliche Fest hinaus keine freien Tage gewähren. Meine Mutter hatte Brot gebacken, als ich vom Spielen auf dem Platz nach Hause kam.
    Sie hielt ein gutes Dutzend der flachen, ungesäuerten Brote im Arm und sah aus, als wollte sie diese jeden Augenblick auf den Boden werfen. »Biff, wo ist dein Freund Josua?« Meine kleinen Brüder grinsten hinter ihrem Rock hervor.
    »Zu Hause, schätze ich. Wir waren bis eben zusammen.«
    »Was habt ihr Bengel angestellt?«
    »Nichts.« Ich versuchte mich zu erinnern, ob ich etwas getan hatte, was sie derart erzürnen konnte, aber mir fiel nichts ein. Es kam selten genug vor, dass ich keinen Ärger machte. Soweit ich wusste, waren meine beiden Brüder unversehrt.
    »Was habt ihr getan, dass so etwas möglich ist?« Sie hielt mir das flache Brot hin, und darauf - im knusprig braunem Relief der goldenen Kruste - war das Antlitz meines Freundes Josua zu erkennen. Sie hob ein anderes Brot an, und auch darauf war mein Freund Josh abgebildet. Götzenbilder - schwere Sünde.
    Josh lächelte. Mutter missbilligte jegliches Lächeln. »Nun? Muss ich zu Josua nach Hause gehen und seine arme geisteskranke Mutter fragen?«
    »Ich war es. Ich habe Josuas Gesicht auf das Brot gemalt.« Ich hoffte nur, sie würde mich nicht fragen, wie ich das angestellt hatte.
    »Dein Vater wird dich züchtigen, wenn er heute Abend nach Hause kommt. Jetzt geh, verschwinde von hier.«
    Ich konnte meine kleine Brüder kichern hören, als ich zur Tür hinausschlich, doch draußen wurde die Lage nur noch schlimmer. Frauen kamen von ihren Backsteinen gelaufen, allesamt mit Brot in Händen, und jede murmelte so etwas in der Art von: »He, da ist ein Kind auf meinem Brot.«
    Ich lief zu Josua nach Hause und stürmte hinein, ohne anzuklopfen. Josua und seine Brüder saßen am Tisch und aßen. Maria stillte Josuas kleine Schwester Miriam.
    »Du steckst echt in der Klemme«, flüsterte ich Josh mit so viel Wind ins Ohr, dass ich ihm beinahe das Trommelfell rausgepustet hätte.
    Josua hob das Fladenbrot an, das er eben aß, und grinste genau wie das Gesicht, das darauf abgebildet war. »Es ist ein Wunder.«
    »Und schmeckt gut«, sagte Jakobus. Dann biss er seinem Bruder eine Ecke aus dem Kopf.
    »Es ist überall, in der ganzen Stadt, Josua. Nicht nur bei euch zu Hause. Alles Brot trägt dein Gesicht.«
    »Er ist wahrlich Gottes Sohn«, sagte Maria mit glückseligem Lächeln.
    »O Gott, nicht schon wieder, Mutter«, sagte Jakobus.
    »Ja, o Gott, Mama«, sagte Judas.
    »Das ganze Passahfest trägt seine Fratze. Wir müssen etwas unternehmen.« Sie schienen den Ernst der Lage nicht zu begreifen. Ich hatte jetzt schon Ärger, und meine Mutter ahnte noch nicht mal irgendetwas Übernatürliches. »Wir müssen dir die Haare schneiden.«
    »Was?«
    »Wir dürfen ihm das Haar nicht schneiden«, sagte Maria. Schon immer hatte sie Josua sein Haar lang tragen lassen, wie ein Essener, und gesagt, er sei ein Nasiräer wie Samson. Es war nur ein Grund mehr, warum die Leute sie für verrückt hielten. Wir
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