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Die Beutefrau

Die Beutefrau

Titel: Die Beutefrau
Autoren: Martina Kempff
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bereit, das Bett mit ihm zu teilen.
    Der angelsächsische Mönch Alkuin, jener Gelehrte, den Karl vor drei Jahren zum Leiter seiner Hofschule ernannt hatte, stand der Wahl des Königs von Anfang an mit Skepsis gegenüber: »Eine Ränkeschmiedin«, hatte er Karl gewarnt, »eine Schönheit, gewiß, aber jene, welche Dämonen anzieht und sich in die Belange der Männer einmischt. Hildegards Kindern wird sie keine gute Mutter sein.« Damit hatte er recht gehabt.
    Am meisten störte Karl, daß sich Fastrada schlichtweg weigerte, ihn mit den Kindern zu seinen Pfalzen zu begleiten, auch wenn er sie vor jeder Abreise wie ein kleiner Junge darum anflehte. Karl wollte nicht den Fehler seines eigenen Vaters wiederholen. Der häufig abwesende Pippin III. hatte sich mit seinem Sohn erst dann beschäftigt, als dieser alt genug gewesen war, um mit ihm in den Krieg zu ziehen. Ein Vater, der zu oft fern der Familie weilt, kann in seinen Kindern keine Liebe erwecken. Karl aber wollte von seinen Kindern geliebt werden. Nicht nur, weil er ihnen von ganzem Herzen zugetan war, sondern auch, um für spätere Jahre Vorsorge zu tragen: Seine Knaben sollten niemals – wie andere Söhne aus der Geschichte – das Lebensende ihres Vaters herbeiwünschen oder gar herbeirufen, damit sie endlich selbst an die Macht gelangen konnten. Und seine Söhne durften auch nicht zu sehr dem Einfluß einer Frau ausgesetzt werden. Er hatte schließlich am eigenen Leib erfahren, wie verhängnisvoll die Folgen sein konnten. Nie hätte er zulassen dürfen, daß seine Mutter Bertrada nach dem Tod seines Vaters die Macht an sich gerissen, die Politik des Landes bestimmt, ihn gegängelt und sogar mit diesem Gerippe Desiderata verheiratet hatte! Er hatte lange gebraucht, sich der Willenslenkung seiner Mutter zu entziehen.
    Seine Söhne sollten immer um ihn sein und von ihm lernen. Seine Töchter natürlich auch. Gerade die! Mädchen wurden schnell erwachsen, und er mußte sich ausreichenden Überblick über ihren Umgang verschaffen, um sicherzugehen, daß sie nicht aus dem Familienkreis ausscherten und sich möglicherweise mit jemandem verbanden, der ihm nicht gewogen war. Die eigene Familiengeschichte belegte schließlich, welche Gefahren von den Ehemännern verheirateter Töchter ausgingen! Karl war keinesfalls gewillt, irgendeinen fränkischen Adligen durch Einheirat ins Königshaus mit Macht auszustatten. Er hatte zwar vor vier Jahren seine Lieblingstochter, die heute zehnjährige Rotrud, dem vier Jahre älteren Kaiser Konstantin von Byzanz versprochen, beabsichtigte aber keinesfalls, diese Verlobung jemals in eine Ehe münden zu lassen. Was dessen Mutter Irene und ihn selbst betraf, würde er sich damit später beschäftigen, wenn die leidige Sachsenfrage ein für allemal gelöst war. Und bis dahin konnte er nun sichergehen, daß ihn kein anderer Anwerber um Rotruds Hand belästigte. Karl wollte Rotrud, wie alle seine Kinder, immer bei sich haben.
    Doch Fastrada lehnte ohne Begründung oder Entschuldigung einfach ab, mit der Kinderschar zu reisen. Und er sah sich außerstande, sie umzustimmen. Deswegen war er überaus beglückt, als sie von sich aus zusagte, ihn mit ihrer grade erst geborenen Tochter Theodrada auf die Eresburg zu begleiten, den ersten fränkischen Hofsitz auf sächsischem Boden. Karl, der den Wehrbau der Sachsen in Schutt und Asche gelegt und auf den Trümmern eine neue Veste hatte errichten lassen, wollte so lange dort verweilen, bis er sich alle Sachsenstämme Untertan gemacht hatte.
    Wem es schließlich gelungen war, sich die Langobarden zu unterwerfen und deren Krone aufzusetzen, der konnte doch nicht auf Dauer von einer wilden und nicht gerade einheitlichen Heidenschar in Schach gehalten werden! Irgendwo in diesen undurchdringlichen Wäldern und weiten Sümpfen hielt sich sein größter Widersacher Widukind auf – soviel hatten seine Späher in Erfahrung bringen können. Reiche Belohnung versprach Karl demjenigen, der ihm den Sachsenfürsten auslieferte – lebend, versteht sich. Karl hatte in seiner Jugend genug über den heidnischen Glauben erfahren, um zu wissen, daß ein toter Widukind mehr Macht über seine Anhänger gewinnen könnte als ein gefangener und zur Taufe gezwungener. Bereits jetzt waren Legenden über Widukind in Umlauf, die ihn in die Nähe der Götter rückten.
    Mit solchen Geschichten kannte sich Karl aus, da er einer ähnlichen Legende die Bekehrung vieler Heiden zu danken hatte. Sie hatten nämlich in seiner
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