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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute
Autoren: Lisa J. Smith
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haben. Es war, als hätte das Feuer, das große, reinigende Feuer, alle dunklen Gedanken aus ihr herausgebrannt. Als hätte es den Teil von ihr verbrannt, der auf Julian reagiert hatte, der sich nach seiner Wildheit, nach Gefahr gesehnt hatte. Als hätte es diesen Teil wie ein Opfer genommen. Jetzt da Jenny das Feuer überwunden hatte, fühlte sie sich gereinigt – erneuert. Wie ein Phönix aus der Asche.
    Aber die Stärke, die sie aus ihrem Kampf gegen Julian gewonnen hatte, war immer noch in ihr – das hatte sich nicht verändert. Seit sie durch das Feuer gekommen war, war sie sogar noch stärker. Und aufgrund dieser Stärke konnte sie Tom noch mehr lieben. Sie waren einander ebenbürtig. Sie konnten Seite an Seite stehen und keiner würde dem anderen überlegen sein.
    Sie wusste jetzt, dass sie ihm bis in alle Ewigkeit vertrauen konnte. Sie hoffte nur, dass er das Gleiche von ihr wusste – oder dass sie es ihm würde beweisen können. Sie freute sich schon darauf, die nächsten Jahrzehnte damit zu verbringen.

    Toms Griff um ihre Hand veränderte sich. Er hatte sie so festgehalten, dass es beinahe schmerzte; jetzt drehte er ihre Hand um und zog sich zurück, um sie anzusehen.
    Jenny nahm die andere Hand von seiner Schulter.
    »Er ist weg«, sagte Tom staunend. »Der Ring.«
    »Natürlich«, erwiderte Jenny und zwickte ihn ins Kinn. Es gab nichts mehr, was sie noch überraschen konnte. Alles würde gut werden. »Er ist weg – weil wir gewonnen haben. Ich bin frei. Kennst du jemanden, der eine feste Freundin will, geringer Wartungsaufwand, guter Sinn für Humor?«
    »Oh Gott, Jenny.« Seine Arme schlangen sich um sie, als wolle er sie zerquetschen. »Nein, schätze, du wirst eine Kleinanzeige aufgeben müssen«, murmelte er in ihr Haar. »Oh, Thorny, ich liebe dich.«
    »Das musst du wohl, schließlich hast du mich Thorny genannt«, sagte Jenny und blinzelte die Tränen weg. »Ich liebe dich auch, Tommy. Für immer und ewig.«
    Mitten in ihrer Glückseligkeit stockte sie.
    »Wir müssen noch die anderen holen – oh mein Gott!« Ihr Blick war auf die Fotografie an der Wand gefallen.
    Sie stand in Flammen.
    »Du bleibst hier!« Tom war sofort auf den Beinen und riss sich die Jacke vom Körper. Er streckte die Hand nach dem metallenen Türknauf in dem Bild aus.
    »Ich komme mit!«, rief Jenny. Sie packte seine Hand, als er am Knauf zog. »Ohne mich gehst du nirgendwomehr hin …«

    Die Dunkelheit verschluckte sie, sog sie in sich hinein – trug sie ins Feuer zurück.
    Doch diesmal war es nicht mehr so schlimm. Jenny senkte den Kopf, klammerte sich an Toms Hand und zwang sich erneut, durch die Flammen zu stapfen. In einer Minute wird es vorbei sein, sagte sie sich. In einer Minute vorbei, in einer Minute vorbei …
    Und dann war es vorbei. Kühle Luft umfing sie. Dee, Zach, Audrey und Michael standen in einer Reihe, starrten sie an und versuchten, sie aufzufangen, als sie hereinstolperten.
    »Siehst du?«, stieß Jenny an Dee gewandt hervor, die ihr am nächsten stand. »Alles nur in eurer Einbildung.«
    »Oh Gott, ihr lebt!« Dees Umarmung schmerzte ebenso wie vorher Toms.
    »Keine sehr originelle Feststellung«, sagte Tom trocken. »Macht euch auf Folgendes gefasst: Es ist heiß, und es tut weh, aber es tötet euch nicht. Ihr zählt ungefähr bis zehn, dann seid ihr durch. Okay?«
    Nur zehn?, dachte Jenny und sackte in Dees Armen ein wenig zusammen. »Es fühlt sich an wie hundert«, gestand sie Dees Schulter.
    »Denkt immerzu: ›Kühles, nasses Gras‹«, fuhr Tom fort. »Wie die Feuerläufer, die über glühende Kohlen rennen. Denkt immer daran, geht immer weiter und ihr werdet es schaffen.«
    Dee nickte. »Lasst es uns angehen!«
    Aber Michaels Augen waren vor Angst weit aufgerissen
und Audrey wich einen Schritt zurück. Zach blieb sehr still und sah Jenny an. Dann stieß er den Atem aus.
    »Okay«, sagte er schließlich. »Es ist nur eine Illusion. Irrealität, wir kommen.«
    »Beeilt euch, schnell «, trieb Tom die anderen an. »Wir müssen hier raus, bevor dieses verdammte Foto völlig verbrennt. Wer weiß, was dann passiert.« Er packte Michael am Sweatshirt, dann nahm er mit festem Griff seine Hand. Die andere Hand streckte er Dee hin.
    Jenny schnappte sich Audrey.
    »Nein!«, schrie Audrey. »Ich will nicht …«
    »Hier entlang!«, rief Tom Michael zu. »Lauf! Direkt geradeaus!« Er versetzte Michael einen Stoß, der ihn vorwärtsstolpern ließ. Dee griff nach Audreys Hand, um sie hinter sich
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