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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute
Autoren: Lisa J. Smith
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Feuer, das sich in Toms Augen widerspiegelte. »Eins, zwei …« Sie nickten einander zu. »Drei!« Sie stürzten sich in die Flammen, ohne die panischen Rufe hinter ihnen zu beachten.
    »Kühles, nasses Gras! Kühles, nasses Gras!«, rief Tom, und dann war das Feuer überall um sie herum.

Jennys Haut verbrannte.
    Es fühlte sich an, als würde sie in Streifen gehäutet. Sengend, spröde, schwarz, bis die Haut aufplatzte. Verkohlte. Röstete wie Kastanien. Ihr Haar fing Feuer und brannte wie eine Fackel auf ihrem Kopf.
    Es war einfach gewesen zu sagen: »Geh durch das Feuer, es ist nur ein Modell, es ist nicht echt.« Aber nachdem sie drin war, verstand sie, was Dee gemeint hatte, als sie sagte, es fühle sich echt an. Hätte sie vorher etwas von dieser Hitze gespürt, hätte sie den Vorschlag niemals gewagt.
    Der erste Kontakt mit den Flammen war das Schrecklichste, was Jenny jemals zugestoßen war. Es war qualvoll – und sie geriet in Panik. Sie verlor vollkommen den Kopf. Sie hatte sich geirrt, es war doch keine Illusion, und sie befand sich mitten in einem Feuer. Sie stand in Flammen. Sie musste rennen – rennen  –, um davon wegzukommen. Aber sie wusste nicht, in welche Richtung sie rennen sollte. Die tosenden, knisternden, tötenden Flammen waren überall um sie herum und verbrannten sie wie eine Wachspuppe, die in einen Brennofen geworfen worden war, rösteten sie bei lebendigem Leibe.

    Ich sterbe, dachte sie in wilder Verzweiflung. Ich sterbe …
    Da hörte sie einen schwachen Ruf neben sich: »Kühles-nasses-Gras! Kühles-nasses-Gras!«
    Und sie fühlte Toms Hand in ihrer. Tom zog sie weiter, zerrte sie mit sich.
    Ich muss es schaffen – für Tom, dachte sie. Wenn ich zusammenbreche, wird er mich nicht verlassen. Er wird ebenfalls sterben. Wir müssen weitergehen …
    Sie riss sich zusammen und stapfte verzweifelt durch die Flammen in die Richtung, in die Tom sie führte. Sie betete nur, dass es die richtige Richtung war.
    »Natürlich hatte auch sie schreckliche Angst, aber ihre Liebe zu dem Jungen war stärker als ihre Angst …«
    »Kühles, nasses Gras!«, rief Tom.
    Dann umfing Jenny ein kühler Strom. Sie fiel kopf über, landete auf etwas Hartem – und rollte zusammen mit Tom über den Boden.
    Sie waren durch.
    Sie lag auf dem Boden von Zachs Garage. Der Beton fühlte sich kalt wie Eis an und sie presste eine Wange darauf. Sie streckte ihren ganzen Körper darauf aus und sog die ersehnte Kälte in sich hinein. Sie hätte sie am liebsten geküsst.
    Stattdessen stützte sie sich auf einen Ellbogen auf. Das Garagenlicht brannte und sie konnte Tom sehen. Es ging ihm gut, er öffnete gerade die Augen, und seine Brust hob und senkte sich. Sie küsste ihn.

    »Wir haben es geschafft«, flüsterte er, starrte die Decke an und dann sie. Seine Stimme war voller Ehrfurcht. »Wir haben es geschafft. Wir leben tatsächlich noch.«
    »Ich weiß! Ich weiß!« Sie umarmte und küsste ihn immer wieder. »Wir leben! Wir leben!« Unbändiger Jubel erfüllte sie. Sie war sich nie darüber bewusst gewesen, wie gut dieses Gefühl war, einfach nur am Leben zu sein – bis sie gedacht hatte, sie würde sterben.
    Tom schüttelte den Kopf. »Aber ich meine – es ist unmöglich. Niemand kann ein solches Feuer überleben.«
    »Tom …« Sie brach ab und starrte ihn an. »Aber Tom – es war eine Illusion. Du wusstest das doch – nicht wahr?«
    »Ähm …« Er schaute sich ziellos um, dann blies er die Wangen auf und sah für einen Moment aus wie Michael. »Eigentlich nicht.«
    »Du hast mir nicht geglaubt ?«
    »Nun …«
    »Warum bist du dann mit mir gekommen?«
    Er sah sie an, seine Augen waren grün, golden und braun wie Herbstblätter, die in einem Teich kreiselten. »Ich wollte es einfach«, sagte er schlicht. »Was auch immer geschehen würde, ich wollte bei dir sein.«
    Jenny starrte ihn an. Wie vom Donner gerührt. Dann flüsterte sie: »Oh, Tom!«
    Und dann war sie in seinen Armen und schluchzte atemlos seinen Namen. Nur seinen Namen, wieder und wieder. Sie glaubte, ihr Herz würde zerspringen.

    Ich hätte ihn verlieren können. Ich hätte ihn für immer verlieren können. All seinen Mut und seine Güte – all seine Liebe zu mir. Ich hätte ihn verlieren können … Ich hätte mich selbst in Julians Dunkelheit verlieren können.
    Nie wieder, dachte sie wild entschlossen, während sie sich an Tom klammerte, damit sie nichts mehr trennen konnte. Schatten werden nie wieder Macht über mich
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