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Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Titel: Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2
Autoren: Veronica Roth
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hierzubleiben.«
    » Die Kleider sind völlig in Ordnung«, sage ich. » Vielen Dank.«
    » Ich habe gehört, dass du angeschossen wurdest. Brauchst du meine Hilfe bei deinen Haaren? Oder bei den Schuhen?«
    Ich will gerade dankend ablehnen, aber ich brauche tatsächlich Hilfe.
    » Ja, vielen Dank.«
    Ich setze mich auf einen Stuhl vor dem Spiegel; sie stellt sich hinter mich. Pflichtbewusst wie sie ist, konzentriert sie sich nur auf das, was sie gerade tut, ohne einen Blick auf ihr eigenes Spiegelbild zu werfen. Sie sieht nicht auf, nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde, während sie mit dem Kamm durch meine Haare fährt. Und sie fragt mich nicht nach meiner Schulter oder danach, wie ich angeschossen wurde oder was geschehen ist, als ich den Unterschlupf der Altruan verlassen habe, um die Simulation zu stoppen. Selbst wenn ich Susan mit einem Röntgenblick durchleuchten könnte, wäre sie auch im innersten Kern noch durch und durch eine Altruan.
    » Hast du Robert schon gesehen?«, frage ich. Ihr Bruder Robert hat sich für die Amite entschieden, während ich zu den Ferox gegangen bin, also muss er hier irgendwo auf dem Gelände sein. Ich frage mich, ob ihr Wiedersehen auch so verlaufen ist wie das von Caleb und mir.
    » Gestern Abend, aber nur kurz«, antwortet sie. » Ich habe ihn mit seiner Fraktion trauern lassen, so wie ich zusammen mit meiner getrauert habe. Aber es ist trotzdem schön, ihn wiederzusehen.«
    In ihrer Stimme liegt eine Entschiedenheit, die mir sagt, dass das Thema erledigt ist.
    » Es ist eine Schande, dass es gerade jetzt passiert ist«, sagt Susan. » Unsere Anführer waren drauf und dran, etwas Wunderbares zu tun.«
    » Tatsächlich? Was denn?«
    Susan errötet. » Das kann ich nicht genau sagen. Ich weiß nur, dass etwas geplant war. Ich wollte nicht neugierig sein; mir sind nur ein paar Dinge aufgefallen.«
    » Ich würde dir nie vorwerfen, neugierig zu sein, selbst wenn es so wäre.«
    Sie nickt und kämmt weiter. Ich frage mich, was die Anführer der Altruan– zu denen auch mein Vater gehört hat– geplant haben.
    Und ich wundere mich, dass Susan wie selbstverständlich davon ausgeht, dass diese Pläne wunderbar gewesen waren, ganz egal, worum es dabei ging. Ich wünschte, ich könnte je wieder so an die Menschen glauben.
    Wenn ich es denn überhaupt je gekonnt habe.
    » Die Ferox tragen die Haare offen, stimmt’s?« fragt sie.
    » Manchmal«, antworte ich. » Kannst du einen Zopf flechten?«
    Mit ihren flinken Fingern bindet sie meine Haarsträhnen zu einem Zopf, der mich am Rücken kitzelt. Ich starre konzentriert auf mein Spiegelbild, bis sie fertig ist. Dann bedanke ich mich bei ihr und sie geht mit einem leisen Lächeln und schließt die Tür hinter sich.
    Ich starre weiter in den Spiegel, ohne mich zu sehen. Noch immer spüre ich ihre Finger, die über meinen Nacken streichen, ganz genauso wie die Finger meiner Mutter an jenem letzten Morgen, den ich mit ihr zusammen verbracht habe. Meine Augen füllen sich mit Tränen, und ich wiege mich auf meinem Stuhl hin und her und versuche, diese Erinnerung zu vertreiben. Ich habe Angst, dass ich nicht mehr aufhören kann zu weinen, wenn ich erst einmal angefangen habe.
    Auf der Kommode liegt Nähzeug, unter anderem Garn in zwei Farben, rot und gelb, und eine Schere.
    Ich fühle mich ganz ruhig, als ich den Zopf wieder löse und mein Haar kämme. Ich teile meine Haare in der Mitte und achte darauf, dass sie auf beiden Seiten glatt herunterhängen. Dann schneide ich meine Haare auf Kinnlänge ab.
    Wie kann ich noch so aussehen wie früher, wo sie doch gestorben ist und jetzt alles anders ist? Das geht einfach nicht.
    Ich versuche, die Haare so gerade wie möglich abzuschneiden und orientiere mich dabei an meinem Kinn. Das Schwierigste sind die Haare hinten, die ich nicht richtig sehen, sondern nur fühlen kann. Blonde Haarlocken fallen im Halbkreis um mich herum zu Boden.
    Ich verlasse das Zimmer, ohne noch einmal einen Blick in den Spiegel zu werfen.
    Als Tobias und Caleb mich später holen kommen, starren sie mich an, als wäre ich eine Fremde.
    » Du hast dir die Haare abgeschnitten«, stellt Caleb mit hochgezogenen Augenbrauen fest. Mitten in all dem Schrecken die Tatsachen festzustellen und sich an sie zu klammern, ist eine typische Eigenschaft der Ken. Auf der Seite, auf der er geschlafen hat, stehen ihm noch die Haare zu Berge und seine Augen sind blutunterlaufen.
    » Ja«, sage ich. » Es ist… viel zu warm für lange
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